Alle Rache Will Ewigkeit
gesagt hatte, war, dass Charlies Gefühle keine Einbahnstraße seien. Dabei konnte Charlie es nicht belassen. Ihr war klar, dass bald die Zeit kommen würde, da sie zwischen ihrem Leben mit Maria und der Möglichkeit einer Zukunft mit Lisa wählen musste; aber sie wollte sich im Klaren sein, dass sie wirklich eine Wahl hatte. Sie musste sicher sein, dass es das Angebot einer echten Beziehung gab, wenn sie sich für Lisa entschied.
Genauso gut wusste Charlie aber, dass es unaufrichtig wäre, bei Maria nur aus dem einzigen Grund zu bleiben, dass nichts Besseres im Angebot war. Maria verdiente so viel mehr als das. Wenn sie brutal ehrlich mit sich selbst war, musste Charlie zugeben, dass ihre Gefühle für Lisa ihre Beziehung ausgehöhlt hatten. Die Beschäftigung mit Jay Stewart hatte ihr die perfekte Ausrede dafür geliefert, Zeit mit Lisa zu verbringen und ihren Träumen zu frönen. Aber jetzt, da die Ermittlungen sich dem Ende näherten, lief auch ihre Zeit der Unschlüssigkeit aus. Die erste Entscheidung war, ob sie mit Maria zusammenbleiben wollte; die zweite, ob sie eine Beziehung mit Lisa aufbauen sollte.
Manchmal wünschte Charlie, sie wäre den Psychopathen ähnlicher, mit denen sie beruflich zu tun hatte. In mancher Hinsicht musste es eine Erleichterung sein, die eigene Psyche nicht analysieren zu können.
Nur Lisas Wagen stand in der Einfahrt. Charlie ging den Pfad hinauf und riss sich zusammen, nahm die Schultern zurück und drückte das Rückgrat durch. Sie streckte die Hand nach dem Klingelknopf aus, verharrte aber ein paar Sekunden. Es war noch nicht zu spät. Sie konnte noch umkehren und weggehen, zu einem Leben zurückkehren, das wirklich jedem genügen sollte.
Aber Charlie wollte es wissen. Charlie wollte es immer wissen. Und in dieser Angelegenheit bedeutete nicht zu wissen nicht nur unbefriedigte Neugier. Diesmal würde nicht zu wissen zur Qual werden. Es würde in ihrer Phantasie eine eigene Dynamik annehmen. Jedes Mal, wenn sie und Maria sich zankten, würde sie sich fragen, wie anders die Dinge mit Lisa gewesen wären. Unvermeidlich würde diese Vorstellung einen Glanz annehmen, der ihre Beziehung zerstören würde. Die Hoffnung, die nicht erkundet wurde, würde immer eine extrem verlockende Aussicht von wahrem Glück und Erfüllung bleiben. Wie sie’s machte, war es verkehrt.
Charlie drückte auf die Klingel.
Es dauerte eine Weile, bis Lisa an die Tür kam. Charlie war kurz davor aufzugeben, denn sie nahm an, Lisa sei zu Fuß oder mit einem Taxi irgendwo hingefahren. Aber letztendlich ging die Tür auf, und da war sie. Sie trug wieder ein orientalisches Gewand, diesmal in dunklem Pink. Sie schien ärgerlich, aber als sie sah, dass es Charlie war, verschwand das Stirnrunzeln, und sie setzte ein strahlendes Lächeln auf. »Charlie!«, rief sie aus. »Was für eine wunderschöne Überraschung. Aber du hättest anrufen sollen, dann hätte ich meinen nächsten Termin verlegen können.« Sie schaute auf die Uhr. »Wir haben nur zwanzig Minuten für uns. Komm rein, komm rein.«
Charlie war perplex angesichts der überschwenglichen Begrüßung. Gegen den blendenden Glanz von Lisas Charisma hatte sie keine Gegenwehr. »Ich glaube, wir haben noch einiges zu besprechen«, sagte sie und folgte Lisa den Flur entlang zum Wohnzimmer. Eine einzelne Stehlampe schuf im düsteren Nachmittagslicht eine trauliche Atmosphäre. In der Luft lag ein Duft von Gewürzen, Zimt, Muskat und Piment. Charlie hätte sich am liebsten hingelegt und die ganze Welt vergessen.
Lisa machte es sich auf einem der Sofas bequem, die Beine untergeschlagen, so dass sie auf dem cremefarbenen Stoffbezug wie eine eindrucksvolle Blüte aussah. »Komm und setz dich neben mich«, sagte sie und klopfte auf das Sofa. »Zieh doch deinen Mantel aus.«
Charlie gehorchte und ließ sich neben Lisa nieder, aber ohne sie zu berühren. »Ich wollte die Dinge zwischen uns nicht so stehenlassen, wie sie waren«, sagte sie.
»Natürlich nicht«, sagte Lisa. »Es ist wichtig, dass wir anerkennen, wie stark unsere Verbindung ist. Wir können vielleicht nichts daran ändern, aber wir werden immer wissen, dass es diese tiefe Bindung zwischen uns gibt.«
»Ich frage mich, ob das ausreicht«, sagte Charlie. Ihre Kehle war trocken, und sie wünschte sich, sie könnten den theoretischen Teil einfach hinter sich lassen und dem körperlichen Verlangen freien Lauf lassen.
Lisa rutschte ein bisschen näher und lehnte sich an sie. Charlie war sich jeder
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