Alle Rache Will Ewigkeit
Babysitterdienste zu leisten. Und sie war unbeschreiblich froh, dass Magda andere Aussichten vor sich hatte.
»Aber dann kam Philip«, fuhr Corinna fort. »Ich mochte ihn. Er hatte etwas, das man bei jungen Männern nicht oft findet. Er war menschlich. Er war nicht penetrant oder aggressiv. Man sah, dass er ehrgeizig war, aber nicht skrupellos. Wir glaubten, dass er gut für unser Mädchen sorgen würde. An jenem Morgen hatte ich das Gefühl, dass sich alles zum Guten gewendet hatte. Magda heiratete einen guten Mann, und die Hochzeit fand hier an meinem eigenen College statt.«
Charlie fand Corinnas melodramatischen Monolog nur schwer zu ertragen. »Aber bei Einbruch der Dunkelheit war all das in die Binsen gegangen«, sagte sie trocken.
Corinna zuckte bei Charlies Ausdrucksweise zusammen. »Es war eine Tragödie«, sagte sie und wandte sich wieder dem Raum zu. »Du wirst mich nicht überzeugen können, dass, wäre Philip nicht umgekommen, Magda jetzt keine glückliche Ehe führen würde. Wir hätten nichts von diesem lesbischen Humbug erlebt, und schon gar nicht müssten wir uns Sorgen machen, dass unsere Tochter mit einer Mörderin zusammenlebt.«
»Wie bitte … ›lesbischer Humbug‹? Versuchst du absichtlich, beleidigend zu sein?« Charlie schüttelte den Kopf und griff nach dem Glas, das Corinna für sie gebracht hatte. Sie goss sich Wein ein und nahm einen großen Schluck. Diesmal ließ sie ihrem Ärger freien Lauf. »Deine Tochter ist lesbisch, Corinna. Es ist keine pubertäre Phase. Wäre Philip am Leben geblieben, dann wäre die Ehe kaputtgegangen, sobald Magda es nicht mehr geschafft hätte, sich weiter ihrer wahren Natur zu widersetzen. Entweder das, oder sie hätte um der Achtbarkeit willen und um dich und Henry nicht aufzuregen, ein nur halb gelebtes Leben ertragen müssen. Wie auch immer es gelaufen wäre, sie wäre verdammt unglücklich gewesen. Verschone mich also mit der Märchenromanze. Magda ist eine Lesbe. Das musst du akzeptieren.«
»Das kannst du gar nicht so genau wissen«, entgegnete Corinna. »Ich habe im Lauf der Zeit von einigen Fällen gehört, in denen Frauen nach jahrelangen lesbischen Affären zu ihren Männern zurückgekehrt sind. Wie nennt man die noch mal? Has-bians oder Was-bians?«
»Gehirnamputiert«, sagte Charlie ätzend. Als sie Corinnas Gesichtsausdruck sah, fügte sie müde hinzu: »Das war ein Scherz, Corinna. Ich finde das alles etwas schwer zu ertragen. Seit über zehn Jahren habe ich keine solche Unterhaltung mehr erlebt. Es ist ein bisschen bizarr, mit jemandem zu sprechen, gegen den die
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tolerant klingt. Besonders da du ja diejenige bist, die mich um Gefälligkeiten gebeten hat.«
»Es ist schwierig, die Prinzipien eines ganzen Lebens aufzugeben«, hielt Corinna dagegen.
»Für eine Frau sind es Prinzipien, für eine andere ist es Engstirnigkeit, Corinna. Selbst wenn es dir gelingt, Magda den Armen Jays zu entreißen, wird sie keine wundersame vollständige Bekehrung zur Heterosexualität erleben.« Charlie lächelte boshaft. »Ich glaube, sie hat endlich entdeckt, was Spaß macht.«
»Ich würde mir gern eine Meinung dazu bilden, wenn es so weit ist«, sagte Corinna, ging zu ihrem Stuhl zurück und füllte noch einmal ihr Glas auf. »Also. War Philips Ermordung genauso eine Einbahnstraße wie die anderen Fälle?«
Noch eine Lüge.
»Was Jay angeht, ja. Ich kann dir nicht sagen, wer ihr ein Alibi gibt, aber ich habe mit der Person gesprochen, die an jenem Abend bei ihr war, und bin überzeugt, dass sie zu dem Zeitpunkt, als Philip umgebracht wurde, in einem ganz anderen Teil des Colleges war.«
»Warum kannst du mir nicht sagen, mit wem sie zusammen war?«
»Weil ich versprochen habe, die Identität dieser Person nicht preiszugeben. Ich könnte dich anlügen und sagen, es sei ein Geschäftstermin gewesen und hätte mit Betriebsgeheimnissen zu tun. Aber das werde ich nicht tun. Die Person, mit der Jay zusammen war, hat gute Gründe dafür, dass sie ihr Treffen geheim halten will, und ich habe zugesagt, das zu respektieren.«
Corinna verzog verächtlich die Lippen. »Irgendeine verheiratete Frau, zweifelsohne.«
»Warum interessiert dich das? Glaub mir, Jays Alibi für Philips Ermordung ist unumstößlich. Ich will ganz offen mit dir sein, Corinna. Als wir letzte Woche darüber sprachen, hat mich deine Sichtweise überzeugt. Ich war mir fast sicher, dass Jay wirklich eine Mörderin ist. Aber ich musste akzeptieren, dass wir uns beide getäuscht
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