Alle Rache Will Ewigkeit
nur von der aktuellen Geschichte sprechen. Corinna, wieso um alles in der Welt sollte Jay Philip umbringen wollen? Wo ist da die Verbindung?«
Charlie hatte durchaus bemerkt, dass Corinna von ihren Äußerungen enttäuscht war, aber jetzt schien ihr, dass Corinna sich gar nicht beeindrucken ließ. Zu ihrer eigenen Überraschung ärgerte es sie, als Corinna sagte: »Ja, kannst du dir das nicht selbst zusammenreimen? Du hast doch auch das Zeitungsfoto ins Spiel gebracht.«
Charlie fühlte sich angegriffen. »Du meinst, wegen Magda? Du willst allen Ernstes behaupten, Jay hätte Philip getötet, weil sie scharf auf Magda war? Corinna, ist dir eigentlich klar, wie bescheuert das klingt? Dein mütterlicher Beschützerinstinkt in Ehren, aber das ist einfach nur verrückt.«
»Wie auch immer das klingen mag, Charlie: Die beiden sind jetzt zusammen. Jay ist die Liebhaberin meiner Tochter, meiner wunderbaren, intelligenten Tochter. Magda hat sich zwar noch nicht getraut, mir das klipp und klar zu sagen, aber ich kenne meine Tochter und weiß, was los ist. Ich habe keine Ahnung, wie und wo die beiden sich wiedergetroffen haben, aber ich bin sicher, dass Magdas Version der Geschichte eine Lüge ist. Ein paar Monate nach Philips Tod hätten sie sich zufällig im Haus eines Kollegen getroffen. Aber ich glaube, dass sie schon viel früher zusammengekommen sind.«
Charlie runzelte die Stirn. »Aber warum sollte Magda Philip heiraten, wenn sie bereits insgeheim ein Verhältnis mit Jay hatte?«
Corinna reagierte mit einem frustrierten Schulterzucken. »Ich glaube nicht, dass sie damals schon ein Liebespaar waren. Dazu ist Magda viel zu ehrlich und zu anständig. Egal wie sehr sie sich vielleicht zu Jay hingezogen fühlte, sie hätte Philip niemals betrogen. Jay ist keine Idiotin. Ihr muss klar gewesen sein, dass der einzige Weg zu Magda über Philips Leiche führte.«
»Das ist eine ganz schön gewagte Spekulation. Während der Hochzeit den Bräutigam zu töten, um die Braut in die Arme schließen zu können? In meinem Job würde man da von Größenwahn sprechen.«
Corinna schenkte Kaffee nach und rührte wieder angespannt in ihrer Tasse. »Jetzt denk mal nach, Charlie. Du bist ja Psychiaterin. Du weißt doch am besten, wie verletzbar Menschen sind, die plötzlich jemanden aus ihrem engsten Umfeld verloren haben. Das war Jays große Chance. Du müsstest dich eigentlich noch daran erinnern, dass es ihr Spaß macht, Menschen zu manipulieren.«
»So gut kenne ich sie auch wieder nicht. Ich war schon im Hauptstudium, als sie zu studieren begann. Studentisch gesehen ist das eine riesige Kluft. Aber mal ganz abgesehen davon, Corinna: Von ›Ich stehe auf sie‹ zu ›Ich würde für sie töten‹ ist es ein ganz schön großer Schritt.«
»Der mag weniger groß sein, wenn man bereits Erfahrung im Töten hat.«
Charlie hob einhaltgebietend die Hand. »Langsam! Darauf kommen wir später zurück. Nur einmal gesetzt den Fall, dass Jay es auf Magda abgesehen hatte und bereit war, alles zu tun, um sie zu angeln, so ist alles Weitere doch reine Spekulation. Nimm’s mir nicht übel, Corinna. Da ist die Phantasie mit dir durchgegangen. Du musst doch irgendetwas vorbringen können, das einem Beweis gleichkommt. Sonst hast du kein Recht, solche Beschuldigungen auszusprechen.«
»Denkst du, das weiß ich nicht? Ich habe durchaus einige weitere Anhaltspunkte. Die Hochzeitsfeier war an diesem Tag nicht die einzige Veranstaltung im College. Es fand auch ein Wochenendseminar über die Gründung von Internetfirmen statt. Rate mal, wer als Gastrednerin geladen war?«
»Jay?«
»Richtig! Als Philip ermordet wurde, war sie also vor Ort.«
»Wenn du so willst, waren auch viele andere Leute vor Ort. Und zwei davon hatten sogar ein konkretes Motiv und kein zusammengesponnenes, wie du es hier auf den Tisch bringst.«
Corinna verzog abfällig die Lippen. »Wenn wir schon vom Tatmotiv sprechen … weißt du eigentlich, wie die Polizei an die Beweise gegen Barker und Sanderson gekommen ist?«
»Nach allem, was ich gelesen habe, wurde auf Philips Rechner ein Brief gefunden, der an das Betrugsdezernat sowie an die Finanzbehörde adressiert war. Darin beschuldigte er die beiden, vertrauliche Informationen missbraucht zu haben, um verbotene Insidergeschäfte zu tätigen und sich so die Taschen zu füllen. So war es doch, oder?«
Corinna bedachte Charlie mit einem selbstgefälligen, wissenden Lächeln. »Das stimmt nur teilweise. Der Brief befand sich
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