Alle Rache Will Ewigkeit
nämlich gar nicht auf Philips Computer. Weder auf seinem Arbeitsrechner im Büro noch auf seinem PC zu Hause, und auch auf seinem Laptop war er nicht. Er befand sich auf einer externen Festplatte mit einem Sicherheits-Back-up, die er hier in Magdas altem Zimmer liegengelassen hatte. Am Tag vor der Hochzeit hat er hier übernachtet, und da soll er die Festplatte in Magdas Unterwäscheschublade versteckt haben, damit sie nicht in falsche Hände geriete.« Corinnas Stimme triefte geradezu vor Sarkasmus. »Magda hat sie praktischerweise genau in dem Moment gefunden, als die Polizei schon zu zweifeln begann, ob man überhaupt einen Täter finden würde.«
Charlie war verwirrt. »Und was hat das jetzt mit Jay zu tun?«
»Der Brief enthielt detaillierte Angaben. Er taucht nirgendwo sonst in Philips Unterlagen auf. Die Informationen aus dem Brief hingegen schon. Im Gespräch mit einem sehr hilfsbereiten Polizeibeamten habe ich herausgefunden, dass es durchaus denkbar wäre, dass der Brief von einem Dritten verfasst worden ist. Von jemandem, der sich mit Buchhaltung und Computersystemen auskennt und Zugang zu den Bürodatenbanken hatte, wo Barker und Sanderson ihre Spuren hinterlassen hatten. Magda kann das beim besten Willen nicht gewesen sein, aber für eine Jay Stewart, die auf allerhöchstem Level im Online-Business tätig ist, wäre das bestimmt eine Kleinigkeit gewesen. Oder etwa nicht?«
»Sicher, Jay Stewart hätte das gekonnt, genau wie jeder andere auch, der sich mit Computern und Buchhaltung auskennt«, entgegnete Charlie. »Außerdem wurden die Straftaten ja tatsächlich begangen. Es ist ja nicht so, als wären sie erfunden. Die Beweismittel wurden der Polizei nur zugänglich gemacht, als klar war, dass man dort von selbst nicht draufkommen würde.«
»Durchaus. Doch Magda ist ein kleiner Fehler unterlaufen. Am Wochenende vor der Gerichtsverhandlung kam sie zum Mittagessen. Wir sprachen natürlich über den Fall, und Patrick äußerte, was für ein glücklicher Zufall es doch gewesen sei, dass Magda diese Festplatte gefunden habe, die letztendlich der Polizei den entscheidenden Anhaltspunkt gab.
Da rutschte Magda heraus, eigentlich sei Jay darauf gekommen, dass es bestimmt irgendwo einen Back-up geben müsse, und Magda solle doch danach suchen.«
»Und warum war das ein Fehler?«
»Weil der Zeitpunkt, an dem die Festplatte gefunden worden war, um einige Wochen vor dem Zeitpunkt lag, an dem Magda angeblich Jay wiedergetroffen hatte.« In Corinnas hartem Blick war kein Quentchen von Wahnsinn zu erkennen.
»Das ist komisch, heißt aber noch lange nicht, dass es ein Komplott war, um Paul Barker und Joanna Sanderson ans Messer zu liefern. Ich gehe davon aus, dass die Polizei die Daten auf der externen Festplatte genauestens untersucht hat, um herauszufinden, wann die Sachen geschrieben und wann sie abgespeichert wurden.«
Corinna machte eine wegwerfende Geste. »Mit solchen Sachen kenne ich mich nicht aus. Aber ich habe schon oft von Datenmanipulationen gelesen. Jays halbes Leben besteht aus dem Internetbusiness. Wenn irgendjemand Leute kennt, die digitale Informationen auf höchstem Niveau manipulieren können, dann ist das Jay.«
»Auch das ist noch lange kein Beweis, Corinna. Wir haben keinen Anhaltspunkt, um von einem Justizirrtum sprechen zu können. Selbst wenn ich Jay hinterherspionieren und zu der Überzeugung gelangen würde, dass sie fähig wäre, so etwas zu tun, dann hätten wir immer noch keine Beweise.«
Corinna verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich zurück. »Ich hatte befürchtet, dass du das sagen wirst. Und sosehr ich es mir auch wünsche, mir ist durchaus klar, dass wir Jay im Moment nicht für Philips Tod zur Rechenschaft ziehen können. Trotzdem muss man ihr Einhalt gebieten. Es geht hier um meine Tochter. Auch wenn Jay jetzt völlig versessen auf sie ist, was, wenn sich das mal ändert? Was ist, wenn sie Magdas irgendwann überdrüssig wird und Magda nicht loslassen will? Oder wenn Magda wieder klar im Kopf wird und sie verlassen will? Kannst du dir vorstellen, wie sich das für mich anfühlt? Meine Tochter geht mit einer Mörderin ins Bett!«
»Nein, das kann ich mir nicht vorstellen. Aber ich kann mir sehr wohl vorstellen, dass du dich vor lauter Sorge um dein Kind in Hirngespinsten verlierst.«
»Das sind keine Hirngespinste!« Corinna wurde zum ersten Mal laut. »Der Weg dieser Frau ist gesäumt von Leichen. Magda glaubt, dass ich Jay damals aus diesem Haus
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