Alle Rache Will Ewigkeit
es da einen gewissen Ulf Ingemarsson. Auf den bin ich durch Google-Recherche gekommen. Nachdem ich herausgefunden hatte, dass Jay am Abend von Philips Tod im College gewesen war, wollte ich unbedingt herausfinden, welche Leichen sie sonst noch im Keller hat. Dabei bin ich auf ihn gekommen. Ingemarsson ist ermordet worden. Es ist bei einem Spanienurlaub passiert. Er hatte in den Bergen in der Nähe von Barcelona eine Villa gemietet. Das ist eine sehr abgelegene Ecke dort. Und jetzt kommt es, Charlie! Er hatte ursprünglich die Idee für 24 / 7 . Er war dabei, das ganze Projekt zu entwickeln, und Jay hat es ihm gestohlen. Er war kurz davor, sie auf Schadensersatz zu verklagen. Nach Spanien hatte er sich zurückgezogen, um den Fall in Ruhe vorbereiten zu können. Und dann wurde er erstochen. Man hat ihn erst eine Woche nach seinem Tod gefunden. Laut der spanischen Polizei war es ein gewöhnlicher Wohnungseinbruch, der schrecklich schiefgegangen war. Seine damalige Freundin hatte allerdings einen ganz anderen Verdacht. Sein Laptop und alle seine Arbeitsunterlagen waren verschwunden. Was hätte ein Einbrecher mit diesen Sachen anfangen können? Für Jay Stewart allerdings waren sie lebenswichtig.«
Charlie schloss die Augen und seufzte. »Gibt es irgendeinen konkreten Hinweis auf Jay in dieser Sache?«
»Das weiß ich nicht«, antwortete Corinna. »Aber es ist doch merkwürdig, wie hier wieder alles zusammenpasst. Jedes Mal, wenn sich jemand zwischen Jay und ihr jeweiliges Ziel stellt, kommt diese Person plötzlich um. Das kann doch kein purer Zufall sein.«
Charlie fühlte sich ausgelaugt. Sie hatte nicht mehr die Kraft, sich weiter mit Corinna herumzustreiten. »Vielleicht ist an der Sache ja was dran«, entgegnete sie resigniert. »Aber ich bin keine Polizistin und du auch nicht. Lass die Finger von dieser Sache, Corinna. Sonst wächst sie dir über den Kopf, und du rastest aus.«
Corinna reagierte mit einem heftigen Kopfschütteln. »Das kann ich nicht, Charlie. Das Leben meiner Tochter könnte gefährdet sein. Wenn du mir nicht helfen willst, wenn die Polizei mir nicht helfen kann, dann muss ich die Angelegenheit eben selbst in die Hand nehmen. Ich habe keine Angst vor den Konsequenzen. Lieber verbringe ich den Rest meines Lebens im Gefängnis, wenn ich nur weiß, dass Magda in Sicherheit ist.«
Charlie hatte geglaubt, Corinna zu kennen, doch heute entdeckte sie eine völlig neue Seite an ihr. Sie besaß einen brillanten Intellekt und philosophische Gedankentiefe, doch kaum ging es um ihre Kinder, setzte ihr mütterlicher Urinstinkt ein. Charlie hatte keine Zweifel, dass es Corinna durchaus ernst damit war. Sie würde Jay töten, um Magda zu schützen. Und sie wusste genau, wo sie bei Charlie den Hebel ansetzen musste, denn sie kannte ihr Bedürfnis, etwas zu tun, mit dem sie ihre folgenreiche Entscheidung ausgleichen konnte. Obwohl Charlie nichts falsch gemacht hatte, waren durch ihr Handeln Menschen zu Tode gekommen. Jetzt gab Corinna ihr die Chance, ein Leben zu retten. Eines, das es vielleicht nicht verdiente, gerettet zu werden. Ihr Verstand sagte ihr, dass sie sich nicht würde freikaufen können, indem sie hier aktiv wurde. Doch auf der Gefühlsebene empfand sie etwas anderes.
»Wenn es nicht anders geht, werde ich sie töten«, sagte Corinna offen heraus.
So viel zum Thema freie Wahl. Wenn sie Jay nicht als Mörderin zur Strecke bringen oder ihre Unschuld beweisen konnte, dann würde Corinna ihr tatsächlich nach dem Leben trachten. Leider war sich Charlie fast sicher, dass sie keines dieser Ziele erreichen konnte. Aber wenn sie zum Schein einwilligte, sich um die Sache zu kümmern, hätte sie vielleicht die Möglichkeit, Corinna diesen Wahnsinn auszureden. »Gut, ich verstehe dich ja, trotzdem kann ich das nicht zulassen«, antwortete sie ruhig. Nervös und frustriert fuhr sie sich durchs Haar. »Aber ich werde dir helfen.«
Obwohl noch eine Andeutung von Misstrauen auf ihrem Gesicht lag, erlaubte Corinna sich ein Lächeln. »Ich wusste, dass ich auf dich zählen kann, Charlie.« Mit ungewohnter Herzlichkeit tätschelte sie ihr die Hand. Bevor Charlie darauf reagieren konnte, hörte sie, dass jemand an der Haustüre war.
Schritte und Frauenstimmen waren zu vernehmen. »Mum, wo bist du?«
»Hi, Mum, wir sind da.«
Corinna erhob sich. »Ich danke dir, Charlie. Wir reden ein andermal weiter.« Dann drehte sie sich um zur Treppe hin. »Wir sind hier unten, Schätzchen.«
Meine Güte, das wird ja ein
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