Alle Rache Will Ewigkeit
tolles Mittagessen!, dachte Charlie.
2
M agda lehnte sich hinüber und öffnete die Beifahrertür für Catherine, die bereits von dem Mäuerchen aufgestanden war, auf dem sie gewartet hatte, und zum Wagen eilte.
Magda drehte die CD von Isobel Campbell und Mark Lanegan leiser, als Catherine einstieg. »Du bist ja ganz blau gefroren«, schimpfte Magda, während sie ihrer Schwester einen Begrüßungskuss auf die eisige Wange drückte.
Catherine zog eine Grimasse. »Du weißt doch, dass mir die Kälte nichts ausmacht.«
Das musste wohl stimmen, wenn man bedachte, dass Catherine sich an diesem kühlen Frühjahrsmorgen für schwarze Leggins, ein leichtes Baumwollkleid und ein Lederjäckchen entschieden hatte. »Du hättest wirklich drinnen warten sollen, Wheelie.« Hier sprach eindeutig die besorgte große Schwester, die daran gewöhnt war, sich um ihre jüngeren Geschwister zu kümmern.
»Ich war aber schon abmarschbereit, und außerdem weißt du ja, wie unmöglich es ist, hier in der Gegend samstagmorgens einen Parkplatz zu finden. Deshalb dachte ich, es wäre einfacher für dich, wenn ich hier warte. Also ehrlich, Magda.« Catherine rollte genervt mit den Augen und fuhr sich mit der Hand durch ihre zerzausten Haare.
Magda, die perfekt gestylte große Schwester, startete den Wagen und bahnte sich den Weg durch das Straßengewirr von Sheperd’s Bush Green. »Ist ja schon gut. Hast du wenigstens gefrühstückt?«
»Natürlich hab ich schon gefrühstückt. Es ist fast elf Uhr. Und übrigens bin ich zweiundzwanzig Jahre alt, liebe Magda. Mein Gott, ich hatte ja gehofft, dass deine Beziehung mit Jay deine Mutterinstinkte aufzehren würde.«
Magda grinste. »Wohl kaum, Jay kann sehr gut für sich selbst sorgen.«
Catherine stöhnte. »Ach ja. Wie konnte ich das nur vergessen. Deine Mutterinstinkte richten sich ja nur auf deine Geschwister. Wenn es um Liebesbeziehungen geht, dann möchtest du diejenige sein, die umsorgt wird. Du klimperst ein bisschen mit den Wimpern, setzt dein bestes Grace-Kelly-Lächeln auf, und schon sind sie Wachs in deinen Händen.«
»Danke, Wheelie! Deine Beschreibung klingt nach einem kompletten Dummchen.«
Catherine kicherte. »Muss das denn unbedingt etwas Schlechtes sein? Wenn ich einen Typen finden könnte, der mir so hinterherläuft wie Philip dir, dann würde ich bestimmt nicht nein sagen.«
Für einen kurzen Moment umklammerten Magdas Hände das Lenkrad etwas fester als nötig. »Wenn du jemals einen Typen findest, der auch nur halb so nett ist wie Philip, dann hast du großes Glück gehabt.«
Catherine drehte sich zu Magda und musterte sie so eingehend, dass diese den Blick einen Moment von der Straße nahm. »Was ist?«, fragte Magda, während sie sich wieder dem Verkehr zuwandte.
»Er hat dir wirklich etwas bedeutet, nicht wahr?«
Magda stöhnte frustriert. »Na klar hat er mir etwas bedeutet. Falls du dich erinnerst: Ich habe ihn geheiratet.«
»Ja, schon, aber …« Catherine biss sich auf die Lippen.
»Es gibt kein ›Aber‹, Wheelie. Ich habe ihn geliebt.« Magda stellte die Musik lauter.
Für ein paar Minuten fuhren sie schweigend dahin, dann konnte Catherine sich nicht länger beherrschen und bohrte weiter. »Ich weiß, dass du wahrscheinlich nicht darüber reden möchtest, aber ich muss dich trotzdem etwas fragen.«
Entnervt stöhnte Magda auf. Die Manie ihrer kleinen Schwester, hartnäckige, niemals enden wollende Fragen zu stellen, war ihr bestens bekannt. »Du hast recht, Wheelie. Was auch immer es ist, ich will wahrscheinlich nicht mit dir darüber reden.«
»Ich habe ja mittlerweile kapiert, dass du Philip geliebt hast. Mir wäre auch nie etwas anderes in den Sinn gekommen, bis du mir von Jay erzählt hast. Jetzt bist du mit ihr zusammen und liebst sie und bist glücklich mit ihr. Genauso war es mit Philip, dachte ich. Jedes für sich ergibt einen Sinn, aber beides zusammen? Ich weiß nicht, was ich davon halten soll.« Catherine kauerte sich mit angezogenen Beinen auf den Sitz und schlang die Arme um die Knie.
Magda versuchte, sich auf das Fahren zu konzentrieren, doch Catherines Worte hallten in ihrem Kopf nach. Wie sollte sie mit ihren Eltern fertig werden, wenn sie es nicht mal Catherine erklären konnte? »Es ist kompliziert«, antwortete sie schließlich.
»Na, das kann ich mir selbst denken. Es geht mir darum, ob du eigentlich schon immer lesbisch warst und es nur verdrängt hast, oder ob es dir einfach nur um Jay geht.«
Magda war frustriert.
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