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Alle Rache Will Ewigkeit

Alle Rache Will Ewigkeit

Titel: Alle Rache Will Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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ausgestoßen – ohne Vorwarnung, ohne Erklärung, ohne bewusstes Fehlverhalten von meiner Seite.
    Wie in Trance griff ich nach meinem Fahrrad und taumelte zur Ausfahrt hinaus. Am Hoftor angekommen, blickte ich nochmals zurück. Patrick war an einem der Fenster im Erdgeschoss zu sehen. Er starrte mich mit ausdrucksloser Miene an. Als sich unsere Blicke begegneten, hob er eine Hand. Er hatte die Situation erfasst, denn es war ganz klar eine Abschiedsgeste.
    Später war mir von dem Rückweg zum College nichts mehr in Erinnerung, außer dass ich vor Tränen fast blind war. Es gab nur eine mögliche Erklärung für Corinnas Verhalten. Sie hatte die Gerüchte über mich gehört, und obwohl sie mich mochte, waren ihre Vorurteile stärker. Oder aber sie hatte Henry davon erzählt, und der bestand darauf, dass mir das Haus verboten wurde, damit ich seine Kinder nicht belästigte.
    Wäre so eine Geschichte der Unternehmerin und Erfolgsautorin Jay Macallan Stewart widerfahren, wäre es zu einem Wutanfall gekommen. Aber damals fehlte mir noch das Selbstbewusstsein dazu. Ich hatte mir die Ideen der homosexuellen Emanzipation damals noch nicht so richtig zu eigen gemacht, und ein Teil von mir glaubte fast, dass ich eine solche Behandlung verdiente. Von Schuldgefühlen gequält, brachte ich sogar Verständnis für Corinnas Verhalten auf.
    Der Todesstoß folgte dann wenige Tage später, wieder durch eine Nachricht in meinem Fach. Vor Aufregung zitternd öffnete ich den College-Umschlag mit der vertrauten Handschrift. Inständig hoffte ich auf ein paar versöhnende Worte. »Liebe Jay«, wagte sie immer noch zu beginnen, »du hattest mich darum gebeten, im nächsten Semester als persönliche Tutorin für deine Moralphilosophiearbeit zu fungieren. Leider wurde mir jetzt klar, dass ich mir zu viel Arbeit aufgeladen habe und die Zeit nicht erübrigen kann. Deshalb habe ich vereinbart, dass Dr. Bliss von St. Hilda’s sich um dich kümmert. Sie wird sich bei dir melden, um einen Gesprächstermin zu vereinbaren. Beste Grüße, Corinna Newsam«.
    Wie betäubt stand ich in der Portiersloge und versuchte verzweifelt, die Fassung zu bewahren. Corinnas Ablehnung schmerzte wie eine Wunde tief im Inneren. Ich stand den Kommilitoninnen im Weg, die an ihre Postfächer wollten. Aber ich nahm niemanden wahr. Nur Patrick sah ich vor meinem geistigen Auge am Fenster stehen; sein trauriges kleines Gesicht war ein blasses Abbild meines eigenen Kummers.

4
    A ls Magda bemerkte, dass ihre Mutter nicht allein in der Küche war, reagierte sie verärgert. Den ganzen Morgen über hatte sie sich Mut zugesprochen und sich mental auf die erwartete Konfrontation vorbereitet. Catherines Schilderungen ihres Studentenalltags hatte sie kaum folgen können. Und jetzt sollte sie sich weiter gedulden. Während sie den Gast ihrer Mutter noch strafend musterte, dämmerte ihr auf einmal, dass sie diese Frau kannte. Auch als ihre Mutter sie zur Begrüßung umarmte, ruhte ihr Blick auf der Frau, die sich vom Küchentisch erhob.
    »Ich bin so froh, dich zu sehen, Schätzchen«, rief Corinna, während sie Magda so fest an sich presste, dass sie fast erstickte. »Du hast eine schlimme Woche hinter dir.«
    Magda tätschelte ihrer Mutter den Rücken und wich dann zurück, damit ihre Schwester an ihre Stelle treten konnte. Artig begrüßte sie dann auch die Frau am Tisch. Essensgäste waren in diesem Hause keine Seltenheit. Neugierig musterte sie dabei die Person, die ihr so seltsam vertraut vorkam. Schwarzes Haar, leicht graumeliert, recht üppige Rundungen, die sich hinter einer schön geschnittenen blauen Bluse verbargen, und darüber ein freundliches Gesicht, allerdings momentan mit einer schalkhaften Miene. Die Augen waren es schließlich, die etwas in ihr anrührten. Sie waren ruhig, aufmerksam und von einem faszinierenden Hellblau, nach außen hin etwas dunkler werdend. »Wie bei einem Husky«, dachte Magda.
    Entspannt lehnte die Frau mit der Hüfte am Tisch und fühlte sich ganz offenbar heimisch hier. Sie nickte Magda und Catherine grüßend zu. »Ihr könnt euch nicht an mich erinnern. Habe ich recht?«
    Catherine löste sich von ihrer Mutter, runzelte die Stirn und musterte die Frau eingehend. Im Gegensatz zu ihrer Schwester schien sie nie ein Gesicht zu vergessen.
    »Sie sind eine der Aufpasserinnen, nicht wahr? Ich weiß nicht genau, welche.«
    »Aufpasserinnen?«, fragte die Frau amüsiert.
    »So haben wir unsere Babysitter genannt«, erklärte Magda. »Mums

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