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Alle Rache Will Ewigkeit

Alle Rache Will Ewigkeit

Titel: Alle Rache Will Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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geringsten Verdachtsmomente gegeben, dass da etwas nicht mit rechten Dingen zugegangen wäre; da hat die Sache natürlich bei der Kripo keinen Eindruck hinterlassen.«
    »Nein, nein. Das meinte ich doch gar nicht.«
    »Was denn dann?«
    »Hätte nicht die Polizei Zugriff auf den Obduktionsbericht?«
    »Ich glaube schon. Aber wie hilft mir das weiter? Ich bin nicht bei der Polizei.«
    »Mein Gott, Charlie.« Man konnte förmlich hören, wie Maria die Augen verdrehte. »Du
bist
vielleicht nicht selbst bei der Polizei, aber du kennst doch genug Leute dort.«
    Charlie gab ein kurzes, bellendes Lachen von sich. »Na ja, die meisten Polizisten werden es im Moment wohl vorziehen, mich nicht zu kennen.«
    »Ich denke jetzt nicht an die Leute, mit denen du zusammengearbeitet hast. Was ist mit Nick? Der betet dich doch förmlich an. Du weißt das. Er hat dir eine Karte geschickt, als du suspendiert wurdest. Erinnerst du dich?«
    Charlie stöhnte. »Du hast recht. Warum habe ich bloß nicht an Nick gedacht? Natürlich. Na ja, wahrscheinlich habe ich ihn instinktiv ausgeklammert, weil er ein ambitionierter junger Polizist ist, der sich gewiss nicht seine Karriere versauen wird, nur weil ich den Don Quixote geben will.«
    »Wie willst du das wissen, wenn du nicht mal fragst? Ruf ihn an. Er wohnt doch quasi um die Ecke. Du könntest ihn zum Essen einladen und dann fragen.«
    »Um die Ecke«, murmelte Charlie. »Er ist in London.«
    »Sag ich doch. Praktisch um die Ecke. Oder du könntest den Zug nehmen. Das ist immer noch besser, als mit eingezogenem Schwanz nach Hause zu kommen«, sagte Maria. »Was hast du denn zu verlieren? Wenn er nein sagt, dann bist du auch nicht schlechter dran als jetzt.«
    Charlie wusste, dass Maria recht hatte. »In Ordnung«, seufzte sie. »Ich rufe ihn an. Wie war denn dein Morgen?«, schob sie hastig hinterher, denn sie erinnerte sich daran, dass auch Maria ein Berufsleben hatte.
    Maria lachte leise. »Nichts, von dem ich dir ausführlich berichten müsste. Aber ich lege jetzt auf, um mich auf meinen ersten Nachmittagstermin vorzubereiten. Ich muss zwei Titanschrauben in den Kiefer eines Fußballers reinhauen. So wie seine Zähne aussehen, hat er seine gesamte Kindheit damit verbracht, Bonbons zu lutschen. Ich liebe dich. Meld dich später bei mir, ja?«
    »Mach ich.« Charlie legte genau rechtzeitig auf, dass ihr nicht entging, wie sich Lisas Haustür öffnete. Sie erkannte den Mann, der, mit einer Laptoptasche unter dem Arm, heraustrat. Es war Tom, der Arbeitskollege, der da gewesen war, als sie vergangenen Samstag Lisa besucht hatte. Lisa folgte ihm auf die Türschwelle. Sie trug ein orientalisch anmutendes Ensemble, bestehend aus einem weiten, kragenlosen Hemd und Haremshosen, die an den Fußgelenken enger wurden, beides in lebhaftem Türkis. Sie war barfuß, schien die Kälte aber nicht zu bemerken. Tom drehte sich um und schlang ihr seinen freien Arm um die Schulter. Lisa legte ihre Hände auf seine Brust und schmiegte sich an ihn.
    Der Kuss, der nun folgte, ging weit über das hinaus, was Charlie zwischen Arbeitskollegen erwartet hätte. Na gut, er kam nicht an das heran, was sich hinter der gleichen Tür zwischen Lisa und ihr getan hatte, aber es wirkte nicht, als sei es für die beiden überraschend gekommen. Eher sah es nach einer Angewohnheit aus, wie ein Ausschnitt aus einem größeren Zusammenhang.
    Charlie wurde von einer plötzlichen Welle der Übelkeit geschüttelt. Das Letzte, was sie jetzt wollte, war, dabei erwischt zu werden, wie sie in Sichtweite von Lisas Haus aus ihrem Auto kotzte. Sie fühlte sich ohne diese zusätzliche Demütigung schon elend genug. Eine Stimme in ihrem Inneren flüsterte: »Da bist du noch mal glimpflich davongekommen.« Das Problem war nur, dass Charlie das nicht recht glauben konnte.
    Diese Sache war noch nicht vorüber.

14
    D etective Sergeant Nick Nicolaides tauschte die Gitarre Marke National gegen seine Martin D 16 und prüfte, ob sie korrekt gestimmt war. Seit mehr als zwei Wochen war dies sein erster freier Tag, der nicht letztendlich doch für die Arbeit draufging, und er war entschlossen, den Gitarrenpart für den neuen Song festzuhalten, der seit Tagen in seinem Kopf herumschwirrte.
    Er wusste, dass seine Kollegen ihn mit Misstrauen betrachteten, weil er sich nicht für Fußball, Angeln, Boxen, Gewichtheben oder irgendwelche anderen Freizeitbeschäftigungen interessierte, die einen als echten Mann auswiesen. Es war ja in Ordnung, wenn man Musik

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