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angepaßt worden ist. Für ihn ist der Merkur das Paradies. Laß es ihn genießen.«
»Genießen?« fragte Anthony entgeistert. »Aber er ist ein Robot.«
»Ich meine nicht den Robot. Ich spreche von seinem Gehirn, das hier lebt.«
Der Merkur-Computer, in Glas eingeschlossen und gewissenhaft geschaltet, lebte und atmete.
»Es ist Randall, der endlich ins Paradies eingegangen ist«, sagte William. »Er hat die Welt gefunden, für die er autistisch aus dieser geflohen ist. Er hat jetzt eine Welt, in die sein Körper paßt.«
»Er scheint ruhiger zu werden«, sagte Anthony.
»Natürlich«, sagte William. »Aufgrund seiner Freude wird er nun um so gewissenhafter arbeiten.«
»Dann haben wir es also geschafft, du und ich«, sagte Anthony und lächelte. »Sollen wir jetzt zu den anderen gehen und uns bewundern lassen?«
»Miteinander?« fragte William.
Anthony hakte sich bei William ein. »Ja, miteinander, Bruder.«
Lichtverse
Die letzte Person auf Erden, in der jemand eine Mörderin vermutet hätte, war Mrs. Avis Lardner. Als Witwe des bekannten Industriellen und Konzerngründers, widmete sie sich ganz ihren philantropischen Neigungen, sammelte Kunstwerke, brillierte als Gastgeberin und war, darin stimmten alle überein, eine künstlerisch hochbegabte Frau. Vor allem aber war sie der sanfteste und freundlichste Mensch, den man sich denken konnte.
Ihr Ehemann, William J. Lardner, starb, wie wir alle wissen, an den Spätfolgen radioaktiver Strahlung aus einem seiner Kernkraftwerke, nachdem er bei einer Reaktorpanne demonstrativ auf dem Kraftwerksgelände geblieben war, um zu beweisen, daß es sich lediglich um einen harmlosen Betriebsunfall handele.
Mrs. Lardner hatte die Leitung der Konzerngeschäfte in tüchtige Hände übergeben und das ererbte Vermögen klug verwaltet. Sie war eine sehr reiche Frau.
Ihre prachtvolle Villa von den Ausmaßen eines kleinen Schlosses stellte ein wahrhaftiges Museum von Kunstwerken aus einem Dutzend verschiedener Kulturen dar. Besonders berühmt war ihre Sammlung juwelenbesetzter Kunstgegenstände. All ihre Schätze – Bilder, Plastiken, Antiken, Schmuckstücke und klassisches Kunstgewerbe aus vieler Herren Länder – waren fachkundig geordnet und jedermann zur Besichtigung zugänglich. Die Gegenstände waren nicht versichert, und es gab keine der üblichen Schutzvorrichtungen. Solche konventionellen Lösungen waren nicht vonnöten, denn Mrs. Lardner verfügte über einen großen Stab von Dienstrobotern, die jedes Objekt im Haus mit unermüdlicher Aufmerksamkeit, untadeliger Ehrlichkeit und unübertrefflicher Zuverlässigkeit bewachten.
Jedermann wußte von der Existenz dieser Roboter, und nie hatte es auch nur einen versuchten Diebstahl gegeben.
Und dann waren da natürlich ihre Lichtskulpturen. Wie Mrs. Lardner ihr eigenes Talent für die Kunst entdeckt hatte, vermochte kein Gast ihrer vielen glänzenden Empfänge und Abendgesellschaften zu erraten. Doch wann immer ihr Haus für Gäste geöffnet wurde, schimmerte eine neue Lichtsymphonie durch die Räume; dreidimensionale Kurven und Formen in schmelzenden Farben, manche weich und irisierend, manche mit reinen, beinahe beängstigenden, kristallinen Effekten, die jeden Anwesenden verblüfften und nie verfehlten, Mrs. Lardners bläulichweißem Haar und ihrem hübschen Gesicht zu schmeicheln.
Die Lichtskulpturen machten sie so berühmt, daß viele Gäste nur dieser einzigartigen Illusionen wegen kamen, die sich in ihren Formen und Effekten niemals wiederholten und ständig neue experimentelle Wege des künstlerischen Ausdrucks erfanden. Viele Leute, die sich Lichtkonsolen leisten konnten, versuchten, ähnliches zu schaffen, aber niemand konnte sich mit Mrs. Lardners Genius messen, nicht einmal jene, die sich für berufene Künstler hielten.
Sie selbst war von bezaubernder Bescheidenheit, wenn sie darauf angesprochen wurde. »Nein, nein«, pflegte sie abzuwehren, wenn jemand überschwenglich wurde, »ich würde es ganz gewiß nicht Lichtpoesie nennen. Das ist zuviel der Ehre. Im höchsten Falle würde ich ›Lichtverse‹ sagen.« Und alle lächelten über ihre sanften Scherze.
Obgleich sie häufig darum gebeten wurde, wollte sie Lichtskulpturen zu keinem anderen Anlaß als ihren eigenen Festlichkeiten schaffen. »Das wäre Kommerzialisierung«, sagte sie.
Sie hatte jedoch nichts dagegen, wenn von ihren Skulpturen komplizierte Hologramme hergestellt wurden, damit ihre Kunst vor Vergänglichkeit bewahrt und in Museen und
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