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Alle Singen Im Chor

Alle Singen Im Chor

Titel: Alle Singen Im Chor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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ihm wichtig. Von seinen Frauengeschichten abgesehen, führte er ein normales, ruhiges Leben. Es ist mir unbegreiflich, wieso ihn jemand umgebracht haben sollte.»
    Die Falten in Heikki Peltonens gebräuntem Gesicht waren tiefer geworden. Offensichtlich versuchte er sich um jeden Preis einzureden, dass der Tod seines Sohnes ein Unfall gewesen war. Das war leichter zu ertragen, es gab dann keine schmerzlichen Fragen und Antworten wie bei einem Mord.
    «Hatte Jukka außer den Chormitgliedern noch andere Freunde?»
    «Richtige Freunde wohl ziemlich wenig. Kollegen und Segelbekanntschaften natürlich. Ich bin über sein Leben nicht so genau im Bild. Vielleicht weiß Antti Sarkela mehr.»
    «Wann haben Sie Jukka zuletzt gesehen? Wirkte er da irgendwie verändert?»
    «Er hat uns am Dienstagabend angerufen und sich vergewissert, ob die Villa frei ist. Gesehen haben wir uns länger nicht, denn meine Frau und ich haben die letzten drei Wochen vor der schwedischen Küste gesegelt und sind erst am Montag zurückgekommen.»
    Peltonen überlegte einen Moment. Mit seiner konzentrierten Miene sah er ganz genauso aus wie Jukka, der auch die Angewohnheit gehabt hatte, die Stirn zu runzeln.
    «Ich weiß nicht, ob es irgendeine Bedeutung hat, aber vor ein paar Monaten hat Jukka mich gefragt, welche juristischen Möglichkeiten es gibt, einen Gläubiger zur Verantwortung zu ziehen, wenn kein rechtsgültiger Schuldschein vorliegt. Als ich nach Einzelheiten fragte, wich er mir aus. Um eine größere Summe wird es sich wohl nicht handeln, etwa zehntausend Finnmark, denke ich. Jedenfalls hatte ich den Eindruck, dass jemand Jukka Geld schuldete und sich weigerte zu zahlen.»
    «Danke. Das kann ein wichtiger Hinweis sein. Zum Schluss noch eine reine Routinefrage: Wo haben Sie in der Nacht von Samstag auf Sonntag vor Anker gelegen? Wir müssen nun einmal alles überprüfen …» Ich war auf wütenden Protest gefasst, aber er schien sich endlich in sein Schicksal ergeben zu haben.
    «Ich verstehe. Wir waren in einem kleinen Bootshafen westlich von Barösund, und am Morgen haben wir in einem Café in der Nähe gefrühstückt. Jarl und Brita Sundström, ein befreundetes Ehepaar, waren mit an Bord, bei ihnen können Sie unser … hm … Alibi überprüfen. Ich kann Ihnen die Telefonnummer geben.»
    Ich nahm mir vor, auf jeden Fall dort nachzufragen. Zu überprüfen gab es genug, obwohl ich bisher kaum Resultate hatte. Routine, Gespräche, Abwägen verschiedener Möglichkeiten. Im Prinzip fand ich diese Gedankenarbeit erfrischend, nur war das Faktenmaterial allzu mager. Auch mit Maisa Peltonen musste ich sprechen, sobald sie sich ein wenig gefangen hatte.
    Ich wählte noch einmal die Vorwahl für Deutschland, und diesmal hatte ich Glück. Eine Frau Schön meldete sich, und ich brauchte eine volle Sekunde, um zu begreifen, dass es Jaana war.
    «Hier ist Maria, Maria Kallio aus Finnland. Hallo, Jaana. Wie geht’s?»
    «Maria! Wie schön, deine Stimme zu hören, nach so langer Zeit! Willst du uns besuchen kommen? Ich bin jetzt im Mutterschaftsurlaub, ich hab vor drei Monaten ein Baby gekriegt, Michael. Stell dir vor, ein Kind, ich! Manchmal weiß ich gar nicht, wie ich mit ihm umgehen soll.»
    «Also, das wüsste ich auch nicht. Leider hab ich keine Reise zu euch geplant, ich ruf dienstlich an. Ich bin wieder bei der Polizei, frag nicht, warum, das ist eine lange Geschichte. Jedenfalls geht es um Folgendes: Jukka, dein Exfreund Jukka Peltonen, ist tot, wahrscheinlich ermordet.»
    Erst bei Jaanas erschrockenem Ausruf und ihrem Schluchzen dämmerte mir, dass ich ihr die Nachricht auch etwas weniger abrupt hätte beibringen können. Allmählich beruhigte sie sich, und ich konnte ihr den Fall in groben Linien schildern.
    «Ich weiß ehrlich nicht, warum ihn jemand umbringen sollte. Du erinnerst dich doch, wie Jukka war, immer hinter den Frauen her. Deshalb hab ich ja mit ihm Schluss gemacht. Anstrengend war er, das schon. Jukka konnte so verdammt arrogant sein; wenn man ihm Untreue oder Verantwortungslosigkeit vorwarf, lachte er einem ins Gesicht und sagte, er lebt, wie er lebt. Als ob für ihn andere Regeln galten als für mich. Wehe, wenn ich mal zu eng mit einem anderen tanzte oder so. Manchmal kam es mir vor, als ob ihm die Gefühle anderer Menschen völlig egal waren. Andererseits war er einfach wundervoll, er konnte wahnsinnig charmant sein, wenn er wollte. Aber er spielte gern mit dem Feuer, er hat sich zum Beispiel irgendwo mit mir verabredet und

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