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Alle Singen Im Chor

Alle Singen Im Chor

Titel: Alle Singen Im Chor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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diesen drei Ereignissen? Sirkku war ja in der Nacht eine Weile wach gewesen, sie hätte es sicher gehört, wenn ein Boot angelegt hätte oder jemand im Auto vorgefahren wäre. Am Steg waren bisher keinerlei Spuren von fremden Besuchern entdeckt worden. Die teuren Faseruntersuchungen waren völlig umsonst gewesen. Aber jetzt musste ich die Möglichkeit, dass der Mörder ein Außenstehender war, doch wieder ins Auge fassen.
    Es sei denn … Schließlich hatte ich schon bei einigen meiner Verdächtigen hinter der ehrbaren Fassade überraschende Dinge ausgegraben. Wenn Jukka in Drogenhandel und Zuhälterei verwickelt war, warum nicht auch einer der anderen?
    Ich steckte mitten in diesen Grübeleien, als Tapsa Helminen anklopfte. In der Hand hielt er einen Umschlag mit dem Tonband, das gerade aus dem Labor gekommen war. Wir hörten uns gemeinsam die Nachrichten nacheinander an, zuerst die für Jukka bestimmte: «ÄM hier. Sonntagabend. Ich hau morgen ab. Ruf sofort an.» Auf Tapsas Band sprach zweifellos dieselbe Stimme: «ÄM hier. Ich hab am Donnerstag wieder das Auto voll Ware. Lass mich wissen, wo.» Die Intonation am Anfang stimmte genau überein, obwohl das Telefon und das Aufnahmegerät die Stimme veränderten.
    «Glaubst du, das ÄM bedeutet so was wie M für Mörder?», fragte Tapsa aufgeregt.
    «Eigentlich nicht, aber ich bin sicher, dass der Kerl uns einiges erzählen könnte. Auf jeden Fall will ich, dass Jukkas Auto nochmal unter die Lupe genommen wird, es ist nach dem Mord nur oberflächlich untersucht worden. Jetzt will ich alle nur denkbaren Proben.» Ich berichtete Tapsa, dass Koivu gerade die verhaftete Estin befragte und dass Jukka möglicherweise das Bindeglied zwischen den Beteiligten war.
    «Versuch mal aus deinen Rauschgifthändlern rauszuholen, was Jukka mit der Sache zu tun hat. Hier ist ein Foto von ihm. Und setz ihnen meinetwegen Daumenschrauben an, um rauszufinden, wer dieser ÄM ist. Das wäre bestimmt für uns beide nützlich.»
    Plötzlich wurde mir bewusst, dass ich Tapsa Befehle erteilte, obwohl ich dazu gar nicht befugt war. Auch er schien ein wenig verblüfft zu sein. Ich hatte irgendwann einmal seine Frau kennen gelernt, die nicht so aussah, als ob sie ihren Mann herumkommandierte – allenfalls zum Wäscheabnehmen auf den Trockenboden. Aber Tapsa kannte mich lange genug, um zu wissen, dass er besser keine Prestigefrage daraus machte.
    Wir vereinbarten, uns am Abend zu einer weiteren Lagebesprechung zu treffen. Ich ordnete an, Jukkas Auto noch einmal supergründlich zu untersuchen, dachte mir einen fadenscheinigen Vorwand für Heikki Peltonen aus und widmete mich dann wieder den Unterlagen, die gestern liegen geblieben waren. Das Wochenende war erstaunlich ruhig gewesen, außer der Vergewaltigung und dem Selbstmord hatte ich nur ein paar Körperverletzungen zu bearbeiten, Routinesachen. Ich steckte noch mittendrin, als das Telefon klingelte. Mein ehrwürdiger nächster Vorgesetzter Kalevi Kinnunen, der zwei Türen weiter saß, zitierte mich zu sich.
    Kinnunen war offensichtlich schon den zweiten Tag nüchtern. Trotzdem zitterten seine Hände noch, und seine Augen ähnelten halbreifen Erdbeeren. Die Äderchen, die sein aufgedunsenes Gesicht durchzogen, hatten die Farbe von Roter Bete. Der aufdringliche Duft seines Rasierwassers, Marke Boss, überdeckte seinen üblichen Geruch, die Ausdünstungen seines jahrelang mit Wodka vergifteten Organismus.
    Ich berichtete ihm, was ich in der vergangenen Woche getan hatte. Für den Fall Peltonen zeigte er genauso wenig Interesse wie für alle anderen Fälle, nur bei dem Wort Wodka schien er kurz aufzuhorchen. Ich überlegte, wie man sich als Vorgesetzter wohl fühlt, wenn die Untergebenen allein viel besser zurechtkommen.
    Später kaufte ich im Laden an der Ecke Roggenbrot und Kohlsalat, setzte mich auf eine Bank in die Sonne und aß. Am Kiosk holte ich mir noch ein Riesenschokoeis, an dem ich gerade genüsslich leckte, als mir Mirja über den Weg lief. Wir grüßten uns verlegen. Mirja würde mir nie verzeihen, dass ich etwas über sie wusste, was ich eigentlich gar nicht wissen wollte. Bei ihrem Anblick fiel mir wieder ein, was ich Tuulia hatte fragen wollen.
    «Gut, dass ich dich treffe», sagte ich mit gespielter Munterkeit. «Erinnerst du dich zufällig, ob Jukka in Vuosaari irgendwelche Anrufe bekommen hat? Oder ob er selbst telefoniert hat?»
    Womöglich hatte der mysteriöse Drogenhändler ein Treffen vereinbart, und Jukka war an dem Abend

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