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Alle Tage: Roman (German Edition)

Alle Tage: Roman (German Edition)

Titel: Alle Tage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terézia Mora
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Wochenende nein, er könne nicht. Dann kommt er am Montag und, als wäre er ein ganz anderer. Das Aussehen und der Geruch. Destille. Parfum oder Alkohol. Bemerkenswert ist: als würde nicht er selbst danach riechen, sondern, als hätte nur seine Kleidung, sein Haar, in geringerem Maße seine Haut diesen Geruch angenommen. Als trüge er ihn wie einen Mantel. Vor zwei Jahren, sie trug ein schmales, schwarzes Kleid mit einem weißen Kragen und einen Strauß weißer Margeriten in der Hand, roch er schon einmal so. Nach Illegalität und Sex.
    Omar, der praktisch das ganze Wochenende im Park verbringen und die Menschen beobachten (= auf sein zufälliges Vorbeikommen warten) wollte, hatte einen Schnupfen und konnte sich somit bezüglich des Geruchs nicht äußern, und das zerknitterte Gesicht, das trübe Rot in den Augen schien ihm nicht aufzufallen. Sie tranken Tee.
    I ogurezi i vodku! rief Omar, was Mercedes nicht verstand. So blieb dieser Wunsch unerfüllt.
    Am Dienstag oder am Mittwoch unterbrach sie abrupt ihre jeweilige Tätigkeit und rief bei der ehemaligen Fakultät ihres Mannes an, derselben, an der auch sie studiert hatte.
    Aber ja, meine Liebe, sagte eine freundliche ältere Sekretärin, die Ellie , natürlich erinnere ich mich. Ob sie in einer Stunde zurückrufen könnte.
    So, meine Liebe, sagte Ellie. Ich habe für Sie nachgeforscht. Geforscht und geforscht, meine Liebe, und mich gewundert, ich kann mich doch deutlich an ihn erinnern, so ein schöner, junger Mann, und dann fiel’s mir ein. Die Gast hörer, meine Liebe, werden in einer anderen Kartei geführt.
    Verstehe, sagte Mercedes.
    Ja, so ist es, meine Liebe, sagte Ellie. Geht’s Ihnen gut?
    Fassen wir zusammen, dachte Mercedes am Donnerstag, während sie so tat, als arbeitete sie. Eins: Erik hatte Recht. Es gibt kein Diplom für Gasthörer. Zwei: All das hätte man schon vor der Eheschließung erfahren können. Ein Telefonanruf. Geben wir, drei, zu: Es war ihr sogar eingefallen. Erkundigungen einziehen, das wäre vernünftig gewesen. Warum also hat sie es damals nicht getan und dafür heute und was folgt daraus? Daraus folgt, dass es offenbar keine Rolle spielt, dass mein Ehemann nie ein ordentlicher Student war, und es spielt auch keine Rolle, dass er das verschwiegen hat, und im Grunde spielt es auch keine Rolle, ob man seine alten Freunde kennt. All das interessiert Mercedes, ehrlich gesagt, nicht die Bohne. Was aber interessiert sie? Was spielt eine Rolle?
    Am Nachmittag desselben Tages fand wie immer der Französisch-Unterricht statt. Wenn sie ihn jetzt, da sie etwas mehr über ihn wusste, ansah, was sah sie? Einen, der so unberührt von jedweden Strapazen und mutmaßlichen Ausschweifungen zu sein schien, als wären seit damals vor vier Jahren, als sie ihn das erste Mal bewusst wahrnahm, auf der Schwelle zu Tibors Sarong, alle Tage spurlos an ihm vorbei gegangen. Ein glattes, weißes Gesicht, nüchtern, unschuldig, sauber, vierundzwanzigjährig. Keiner Fliege etwas zu Leide tun, keinen Wassereimer umstoßen, nicht bis drei zählen können. Dieses Gesicht war noch irritierender als das andere neulich. Ursprünglich hatte sie vor, ihn zu fragen, ob er bleiben wolle. Jetzt ließ sie ihn gehen.

    Kaum war er aus der Tür, klingelte das Telefon.
    Ja, sagte sie. Nein. Mein Mann ist gerade aus dem Haus gegangen. Fünf Minuten. Natürlich. Nein, tut mir Leid. Am Wochenende ist mein Mann nicht in der Stadt. Montagnachmittag ginge. Ja, ich warte. Verstehe. Danke. Natürlich. Kein Problem.
    Sie legte auf. Blass.
    Was ist passiert? fragte Omar.
    Der Unterricht am Montag wird wohl ausfallen müssen, sagte sie.
    Was ist passiert?
    Wir bekommen Besuch.
    Von wem?
    Sie sah auf die Uhr, überlegte, wählte.
    Ruf ’ bitte, so schnell du kannst, zurück, sagte sie zu seinem Anrufbeantworter. Es ist wichtig.
    Sie legte auf. Omar wartete auf seine Antwort.
    Vom Amt, sagte Mercedes. Sie kontrollieren, ob wir eine richtige Familie sind.
    Oh, sagte Omar. Aha.

    Innerhalb der nächsten Stunde sah sie ein Dutzend Mal auf die Uhr. Zu Fuß sind es, zumal bei seinem Tempo, höchstens fünfzehn Minuten. Vorausgesetzt, er ist gleich nach Hause gegangen. Kann man das voraussetzen? Was kann man voraussetzen? Vielleicht kauft er noch ein. Was? Ein Laib Brot, eine Kringel Wurst, eine Tüte Milch, eine Flasche Whisky erscheinen vor Mercedes’ geistigem Auge. Das ist gut, weitere zehn Sekunden Ablenkung. Um Mitternacht rief sie wieder an. Anrufbeantworter.
    War die Nacht zu

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