Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alle Tage: Roman (German Edition)

Alle Tage: Roman (German Edition)

Titel: Alle Tage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terézia Mora
Vom Netzwerk:
durchwachen übertrieben? Faktisch war nicht viel Zeit vergangen, noch war nichts akut , aber mir ist, als erkannte ich ein Gefühl wieder. Das war schon einmal so, vor fast elf Jahren, als sie über eine Mauer und durch ein Fenster geklettert war, um sich in ein Bett zu legen, das nach Pot und Schweiß roch, seinem Schweiß, und als ob noch nach jemand anderem, einer dritten Person, ein zusätzlicher Schmerz, aber der zählte kaum mehr. Omar schlief tief.
    Abel meldete sich weder am Freitag noch am Samstag. Als hätt’ ich’s geahnt. Nein, kommen Sie nicht am Sonntag, kommen Sie am Montag. Zum Unterricht ist er bisher immer erschienen. Abgesehen natürlich von dem einen Mal, als er ohne jeden Kommentar für Monate verschwunden blieb. Sie hinterließ ihm weitere Nachrichten. Komm bitte sofort nach Hause, wir bekommen Besuch !
    Bei den relevanten Stellen anrufen, Krankenhäuser, Polizei? Oder gar nichts tun. Bei der Kontrolle irgend eine Geschichte erfinden. Und ab da für immer. Der Ehemann, den es in Wahrheit gar nicht gibt. Vorlage für eine romantische Komödie. Die Schein-Ehe.
    Vielleicht doch lieber vorher bei ihm vorbeifahren. In der Sackgasse an der Bahn vor seiner Tür stehen, klingeln. Omar drehte interessiert den Kopf: Wände, Himmel, selten gesehenes, feines Wolkengekröse. Wie ein blühender Baum. Oder Schimmel. Danach roch es auch ein wenig: Schimmel. Nebst anderer schmuddeliger Gerüche. So riecht es also dort, wo mein Mann wohnt. Dazu die taumelnden Geräusche der näheren und ferneren Umgebung, verstärkt und verschluckt in der Sackgasse: Kneipen, Waggons, Straßen, der Wind. Sonst: nichts. Die Wechselsprechanlage – Sieht sie überhaupt so aus, als würde sie funktionieren? – stumm.
    Mercedes drückte den Knopf mit der Aufschrift FLOER – (vermutlich) der Vormieter, immerhin soviel hatte er verraten – klingelte eine Synkope: Mer-ceee-des, als hätten sie das je so abgesprochen, als gäbe es ein Familienklingelzeichen. Als sie das dachte, Familienklingelzeichen, und dann, dass er einen Schlüssel von ihr hatte, sie aber keinen von ihm, wurde sie das erste Mal wütend. Wegen all dem . So kann man doch mit Menschen nicht umgehen. So kann man doch … Was?
    Der Nachbar, wiederholte Omar neben ihr. Versuch’s beim Nachbarn.
    Der einzige andere Personenname auf den Schildern. In den unteren Etagen sonst scheinbar nur Firmen. Schein firmen. Der Nachbar heißt Rose. Rose und Floer. Ist das noch normal? Sie sah sich um, sah sich alles noch einmal an: normal? Ja? Nein? Kneif mich.
    Jetzt kommt jemand. Vom ehemaligen Firmengelände am geschlossenen Ende der Sackgasse wankten zwei Gestalten auf sie zu. Ein Mann, eine Frau, in kaum vorhandener futuristischer Bekleidung, glitzernd, grell geschminkt, tasteten sich blind durch den hellen Sonntagmittag. Wortwörtlich: die Hände vor sich in die Luft gestreckt, taumelten sie auf die Autoreihe zu. Die Frau und den Jungen auf dem Gehsteig bemerkten sie gar nicht. Stolperten kichernd auf ein Auto zu, fielen hinein, fuhren weg. Ein bekannter Geruch blieb zurück. Mercedes sah in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Jetzt ist sie ganz nah dran.
    Hingehen, an die Eisentür klopfen, Thanos gegenüberstehen, eingelassen werden, um diese Zeit ist der Laden fast leer, es wird gefegt, nur hier und da einzelne Gestalten, die aus was für Gründen auch immer beschlossen haben, das ganze Wochenende hier zu verbringen, bis es Montag wird und Ruhetag.
    Nichts davon. Auch nicht beim Nachbarn klingeln. Von seinem Balkon aus kann man auf Abels Balkon, und von dort aus durch die Glastür ins Innere der Wohnung blicken. Für den Fall, dass er seit Tagen daliegt.
    Komm, sagte Mercedes zu Omar. Er wird sich schon melden.

Unter Kontrolle
    Bei manchen ist es jahreszeitlich bedingt, bei anderen situativ, und bei manchen weiß man’s nicht. Manchmal können sie einfach nicht nach Hause gehen. Dann bleiben sie eben tagelang, unsere Logisgäste, als hätte ich (Thanos) nicht einigen von ihnen Wohnungen vermietet. Selten einmal hat die Klapsmühle zwischen Freitag ab eins und Montagmorgen um neun geschlossen. Man schläft, trinkt, arbeitet, hat Sex in Schichten. Als der Wirt und seine Mitarbeiter schließt man die Augen, wo und wann man eben kann, für eine Stunde, eine halbe, im Lager, im Büro. Die Gnade endet am Montagmorgen um neun, wenn die Letzten vor die Tür gesetzt werden. Sie blinzeln im immer zu hellen Licht. Thanos selbst ist zu müde, um nach Hause zu gehen, er fällt

Weitere Kostenlose Bücher