Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alle Tage: Roman (German Edition)

Alle Tage: Roman (German Edition)

Titel: Alle Tage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terézia Mora
Vom Netzwerk:
benehmen.
    Tibor hörte auf zu brüllen. Er verlegte sich darauf, in schnellem Tempo im Warteraum auf und ab zu laufen.
    Hör auf mit dem Scheiß und setz dich!
    Er warf einen Blick in die Richtung. Irgend ein fetter Prolet. Er lief weiter.
    Setz’ dich, hab ich gesagt! Du machst mich ganz kirre!
    Aber das Hutzelmännchen wollte nicht hören, und der Fette spürte deutlich, dass er verzweifeln würde, wenn das so weiter ginge, die einzige Lösung wird sein, den Zwerg aus seinem Anzug zu schubsen. Er stemmte gerade die Hände auf die Knie, um sich vom Sitz hoch zu drücken, da wurde der Herr Professor aufgerufen, und (beinahe) alle waren gerettet.
    Da keiner der einflussreichen Personen, die die andere Nervensäge (Konstantin) als Fürsprecher genannt hatte, auffindbar war, fragte man Professor B., ob er diesen auch kenne. Tibor schüttelte ungeduldig den Kopf. Lassen Sie jetzt meinen Studenten raus oder nicht?!

    Alles in Ordnung?
    Ja, sagte Abel.
    Weiter redeten sie kein Wort.
    Fühlte sich Tibor eben noch vom Engagement für den ausländischen Studenten beseelt, war nun, da alles vorbei war, und sie im Auto saßen, auch das verflogen. Eigentlich weiß ich gar nichts über ihn. Tibor fuhr, so nah es ging, an die Bastille heran und ließ ihn aussteigen.
    Danke, sagte Abel.
    Keine Ursache, sagte Tibor und fuhr davon.

    In die Wohnung war das Zirpen zurückgekehrt und der blaue Lichtstreifen unter der Tür des Blonden Pal. Wenn er da war, musste er die Eingangstür gehört haben, aber er rührte sich nicht. Als wäre nicht das Oberste zuunterst gekehrt worden, und zwar jeder einzelne Gegenstand, einschließlich der Lebensmittel, auch seiner, als wären im gemeinsamen Raum nicht die Kanten der Auslegware hochgeklappt worden, als türmten sich nicht die Einzelteile des Sofas bis zur Decke, dazwischen die beiden letzten, zerfetzten Weihnachtspakete.
    Er hat gesagt, er würde uns verraten, sagte Konstantin später zu jemandem, und er hat es auch getan.
    War er nicht über die Feiertage weggefahren? fragte Konstantins spätere Gesprächspartnerin. Er war doch gar nicht da.
    Konstantin: Sie haben jetzt alles. Meine Fingerabdrücke, meinen Namen. Sie wissen, dass es mich gibt und dass ich hier bin. Und ich muss immer noch mit ihm zusammen wohnen. Stell dir das vor.
    Was Abel anbelangt: Er ging in sein Zimmer, sammelte seine verstreuten Habseligkeiten ein, verließ die Bastille und kam nicht mehr wieder.

III. ANARCHIA KINGANIA
Folklore

Im Wald
    An ein Taxi war nicht zu denken, er ging zu Fuß. In den zwanzig Minuten, die das Packen gedauert hatte, hatten sich Straßenbild und Wetter vollständig verändert. Nebel stand in den Straßen, es war kaum etwas zu sehen, dafür alles zu hören, und als wäre alles gleich nah, ein mörderischer Verkehr: Autos, Busse, Züge, Straßenbahnen – Gibt es hier überhaupt Schienen? –, und sogar etwas, das wie eine Schiffssirene klang. Darüber, dazwischen: das Pfeifen der Raketen, die Salven der Knaller, als würde eine Schlacht ausgetragen, die Geister fürchteten sich sehr. Von den Menschen weiß man’s nicht, sie liefen kreuz und quer, seltsam gekleidet, fröhlich oder nicht, sie tauchten immer plötzlicher vor ihm auf, rempelten ihn an, blieben an seinem Rucksack hängen, wenn er alle paar Ecken stehen blieb, um Straßenschilder und Stadtplan zu vergleichen.
    Später waren die Straßen so gut wie leer und so leise, dass man, er, seine Schritte hören konnte, plus die der vereinzelten anderen. Es waren wenige, sie versuchten, seinen Echos aus dem Weg zu gehen, nah an den Wänden. Ärmel und Taschen nahmen weiße Streifen mit.
    Später tastete er sich durch ein Treppenhaus, hier war es wieder stockfinster, kalt und still, und irgendwo darin, spürbar, das Gegenteil: Lärm, Hitze, Helligkeit. Die Betonwände unter seinen Fingern, als würden sie vibrieren.
    Die Stufen zu zählen, hatte er vergessen, dachte, es müsste noch eine Etage mehr geben, als plötzlich knapp vor ihm eine Tür aufschwang, zing , Eisen auf Beton. Ein Unbekannter kam heraus, ging von rechts nach links und verschwand hinter einer kleineren Tür gegenüber. Die erste Tür blieb offen stehen.

    Den Rauch konnte man schneiden, Sichtverhältnisse ähnlich wie draußen, nur dass es hier warm war. Es schienen sehr viele da zu sein, Bauch an Bauch, ein dunstiger Wald aus Körpern. Abel stand zögernd vor dem Türspalt, ist da überhaupt noch Platz, oder wäre er der letzte Tropfen in einem übervollen Becken, und es

Weitere Kostenlose Bücher