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Alle Tage: Roman (German Edition)

Alle Tage: Roman (German Edition)

Titel: Alle Tage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terézia Mora
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Konstantin Tóti wahrnahm.

Fragen
    Na, wohin Jungs?
    Nirgendwohin.
    Nirgendwohin? Ist denn das möglich? Ist man nicht immer irgendwohin unterwegs? Kann höchstens sein, dass man nicht weiß, wo das Irgendwo ist. Nicht wahr?
    Zwei Männer, im Alter unserer Väter, lehnten jeden Nachmittag am Kiosk am Hauptplatz, nahe am Rathaus, mit Blick zur Pestsäule, dem Feuerturm und der ersten Pizzeria der Stadt. Sie tranken Tee mit Wein aus Plastikbechern, rührten mit Plastikstäbchen darin, bei jedem Wetter. Seit wann sie die beiden, Ilia und Abel, schon beobachteten, weiß man nicht, sie ihrerseits bemerkten sie bei strömendem Regen. Als sie aus dem Schultor traten, donnerte es bereits. Später rannten die anderen immer schneller an ihnen vorbei, standen platt gedrückt an den Häuserwänden, sammelten sich in Toreinfahrten, nur die beiden hier gingen weiter, als wäre nichts. Die Markise, unter der die Männer standen, war durchlöchert, es tropfte durch, auf den Ärmel des einen, aber er rührte sich kaum, zog nur den Ellbogen ein wenig beiseite und den Plastikbecher. So sahen sie sich, durch den Regen: zwei Zivilfahnder, zwei Gymnasiasten im Vorbeigehen.
    Das ist so ein Moment, plötzlich wird man sichtbar. Ab da standen die Männer jedes Mal, wenn sie am Hauptplatz vorbeikamen, also fast jeden Tag, am Kiosk und sahen sie an. Einmal hatte der eine die Hand verbunden, er fettete sich gerade die Lippen, hielt den Fettstift vorsichtig in der verbundenen Hand, sah mit hängenden Unterlidern zu ihnen herüber, der Verband war schmutzig, seine Lippen glänzten. Am nächsten Tag standen nur die Becher da, keine Männer. Sie bemerkten es beide, sagten aber nichts. Sie sprachen überhaupt nie über die Männer. War man einmal auf dem Hauptplatz, gab es nur noch einen Weg: unter dem Feuerturm durch einen übel riechenden dunklen Gang hinaus auf den Stadtring. Luft anhalten, durchtauchen.
    Die Männer standen auf der anderen Seite, unter dem an die Stadtmauer genagelten menschgroßen Eisenschlüssel.
    Na, wohin, Jungs?
    Nirgendwohin.
    Nirgendwohin? Ist denn das möglich? Ist man nicht immer irgendwohin unterwegs?
    Pause. Sie blinzelten. Es war hell.
    Kann höchstens sein, dass man nicht weiß, wo das Irgendwo ist.
    Pause.
    Nicht wahr?
    Pause.
    Doch, sagte schließlich Ilia. Das ist wahr.
    Und wollte weitergehen, aber der Mann mit den hängenden Lidern, der verbundenen Hand und den gefetteten Lippen stand im Weg. Der andere stand hinter ihm und sagte nie etwas.
    So ging es ab da jedes Mal. Wohin Jungs?
    Manchmal antworteten sie etwas, manchmal nicht. Die Männer kontrollierten jedes Mal die Ausweise. Jetzt schau dir an, wie schmutzig diese Ausweise schon sind, zerfleddert, wie ein alter Salat, das sind mir vielleicht einpaar Patrioten - - -

    Als Abel Nema, Jahre später, andere Stadt, mitten in der Nacht aus dem Sprachlabor nach Hause kam, wäre er von einem unsichtbaren Mann auf der stockfinsteren Piazza fast erschossen worden. Kein anderer hätte, aber er hat das Vorhandensein von Metall im Raum gehört, von Haut und Metall, von danach Greifen . Zum Glück gab es Eka, die »der Mitbewohner« flüsterte. Er erwähnte es später nicht. Er sagte so gut wie nichts.
    NameadressegeburtsdatumundortpapierewasmachensiestudentwasstudierenrensiesprachenwoherkennstdudenSchwarzenVachtangwassolldasheissenduweisstnichtwerdasistwillstduunsfürdummverkaufen?
    Tut mir Leid, sagte Abel. Ich verstehe nicht.
    Sein Kompagnon nebenan, Konstantintótigeschichtedesaltertums, redete umso mehr. Echauffierte sich. Friedlich schlief ich, dann sind Sie gekommen und haben mich mitgenommen und jetzt wollen Sie von mir wissen: Wieso? Ich bitte mir das aus! Ich bin ein unbescholtener Bürger! In Wahrheit hatte er die Hosen längst voll. Es dauerte nicht lange, und er fing mit dem üblichen Gejammere an, armer Student etcetera, seine Unterlippe zitterte feucht.
    Eka versuchte, ihre Gastgeber zu entlasten. Nur zwei nette Jungs, die mich und mein Kind aufgenommen haben. Aber dann kam wieder alles ins Stocken, weil sie weiter behauptete, Maria zu sein, eine ganz offensichtliche Lüge, wieso sollte sie dann in der anderen Sache etc. Nachdem man mehrmals hintereinander an diesem Punkt angelangt und ein Tag vorbei gegangen war, fragte man Abel und Konstantin, ob sie, offenbar tatsächlich nur zwei blauäugige Idioten, einen Leumund benennen könnten.

    Als ihn der Anruf erreichte, saß Tibor B. gerade im Kreis vertrauter Freunde, oder nein, im Arbeitszimmer nebenan,

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