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Alle Tage: Roman (German Edition)

Alle Tage: Roman (German Edition)

Titel: Alle Tage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terézia Mora
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stehen sie in einem viel zu grellen Licht. Kleine Fähnchen auf Schnüren blinken metallen. Der Junge, plötzlich ganz aufgeregt, hängt einpaar Finger in die Maschen des Zauns ein, schaut gierig, was es drüben zu sehen gibt. Der Typ ist weitergegangen, jetzt bleibt er stehen, wartet.
    Hast du ein Auto?
    Nein.
    Was?
    Nein.
    Wir hatten einen …
    Aha.
    Wenn ich mal Geld hab, kauf ich mir den da.
    Der Typ kommt nicht näher, um sich den da anzuschauen. Der Junge lässt den Zaun los, schließt wieder auf.
    Dann fahr’ ich damit herum.
    M-hm.
    Warst du schon mal am Meer?
    M-hm.
    Was?
    Ja.
    Das ist das Größte, sagt der Junge. Ich kauf’ mir ein Haus dort. Auf einem Felsen.
    Hm.
    Pause. Wieder ist ein Thema gestorben. Langsam wird der Typ ungeduldig, ginge gern schneller, aber der Junge ist jetzt woanders, schlendert verträumt, schaut sich jedes Schaufenster an. Das will ich haben und das auch. Der Typ jetzt immer drei Schritte voraus.
    He! ruft der Junge. Nicht da lang!
    Er ist ohne ihn abgebogen. Natürlich falsch. Der Junge kommt gelaufen, lacht. Du weißt ja gar nichts! Weißt nichts, hast nichts, bist nichts, was? Da ist es, da vorne, die Bäume, siehst du?
    Danko lacht. Was hat ihn so glücklich gemacht? Sie stehen in der Nähe einer Laterne, das schwarze Profil des Jungen glänzt auf. Die Lippen eines Nubiers. Die Härchen unter der Nase. Abel streckt ihm eine weiße Hand hin.
    Danke, sagt er. Für die Begleitung.
    Die Faust des Jungen hat sich in der Hosentasche verkeilt, sie öffnen, die Lösung fällt ihm nicht ein, ist sich auch nicht sicher, ob das überhaupt richtig wäre, er zuckt nur kurz, dann bleibt er so stehen, wie er war. Fühlt die Finger, seine eigenen, warm und klebrig. Wie sie riechen, weiß er auch. Murmelt etwas. Der Typ hat es bestimmt nicht verstanden, aber er nickt, zieht mit freundlichem Gesichtsausdruck die Hand wieder ein, geht zwei Schritte rückwärts, bevor er sich umdreht. Danach schaut er sich nicht mehr um.
    Danko dreht sich um, zackig auf den Fersen, weiß selber nicht wieso, muss jetzt einfach rennen. Rennt.

Nacht
    Der Junge Danko war nicht der Einzige, der irritiert war an diesem Tag. Wobei in der letzten Stunde, seitdem sie zusammen gingen, die Müdigkeit und der Unwille mit einem Mal verflogen waren, er (jeder von ihnen) hätte bis zum nächsten Morgen so gehen können. Was merkwürdig ist. Denn, was will man eigentlich voneinander. Man versteht kaum, was der andere sagt. Dazu das ganze Umfeld. Abstoßend. Einerseits. Andererseits ist er schön.
    Als Abel nach Hause kam und das Tor öffnete, war es, als erwartete er dahinter etwas. Aber dahinter war nichts, einfach das Dunkel. Er machte Licht, ging durch die Einfahrt, öffnete die Tür zum Hof, erwartete wieder etwas und wieder war nichts, nur der Wurstgeruch und die dunklen Körper der Mülltonnen. Er schloss die Tür zum Büro auf, dunkel, dann Licht, er warf den Mantel mitsamt Buch von sich. Später, bevor er wieder ging, zerrte er das Buch aus der Tasche, warf es irgendwohin, in ein Regal. Dazwischen saß er eine halbe Stunde unter der Dusche, es war kalt und es roch nach der nahen Kloschüssel. Später, in einer roten Nische mit dem dritten Glas in der Hand, wurde es besser. Er vergaß den Jungen oder tat so.

    Als er dann Tage, die er zum größten Teil in der Klapsmühle verbracht hatte, später wieder nach Hause kam, fand er ihn auf seiner Schwelle. Erst bemerkte er ihn gar nicht, vor dem Eingang war es stockdunkel, er kramte nach seinem Schlüssel, und wo ist überhaupt das Schloss, als er plötzlich gegen etwas Weiches trat. Dieses Gruseln: Gegen einen Batzen Fleisch getreten. Eine (Alkohol)Leiche.
    Ssssss, machte es im Dunkeln.
    Was ist das?
    Endlich fand er mit dem Schlüssel ins Schloss, die Tür ging auf, er tastete die Wand in der Einfahrt ab, fand den Lichtschalter. Der Junge blinzelte im plötzlichen Licht.
    Du bist es. Was machst du hier?
    Ssss, sagte Danko und hielt sich den getretenen Fuß.

    Der Tag hatte angefangen wie immer, sie sind mit dem Ball unterm Arm losgezogen, aber dann gingen sie nicht auf die Bolz, sondern setzten sich in einen Bus und fuhren ans Meer. Der Bus fuhr aber nicht bis zum Meer, er hielt keine Ahnung wo, an einer Landstraße. Ein leerer Pfosten am Rande eines Grabens, die Reste eines weiß gewordenen Plakats drumrum gewickelt, im Graben Steine und Disteln, gegenüber eine Relaisstation. Nicht ein streichholzbreiter Schatten. Endstation, sagte der Fahrer, und als sie fragten, wann

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