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Alle Tage: Roman (German Edition)

Alle Tage: Roman (German Edition)

Titel: Alle Tage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terézia Mora
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der nächste käme, sagte er, Schwarzfahrern gebe er keine Auskunft. Türen zu. Fotzedeinerhurenmutter, verdammtes Arschloch, ich brech’ dir die Zähne raus und stopf sie dir in den Rachen wie einer beschissenen Gans! brüllte Kosma und trat nach dem Bus, zum Glück war der schon davon gefahren. Übrig blieb der leere Weg, die Hitze und der Fußmarsch. Ob sie nun hier herumstehen oder gehen. Umkehren, ohne das Meer gesehen zu haben, kommt nicht in Frage. Sie traten ein wenig den Ball, dann trugen sie ihn. Erst redeten sie noch durcheinander, wer was denkt, wo das Meer sein könnte. Später gingen sie fast aufeinander los, weil einer den Ball hinaus in die Wüste geschossen hatte und man ihn wiederholen musste, und plötzlich hatte keiner mehr die Kraft dazu. Und das Scheißmeer, wo ist es jetzt? Später sagten sie nichts mehr, schauten nur noch nach unten, zum flauen Löwenzahn unter ihren Füßen, folgten den staubigen Fersen des Vordermannes, das verbraucht am wenigsten Energie.
    Es war schon Nachmittag, als sie das Meer endlich fanden. Stillwasser. Bis weit hinaus nur brauner Schlamm, Gestank, angespülter Müll, zitternder gelber Schaum. Warme Pfützen mit scharfen Kanten auf dem Grund. Sie patschten eine Weile in all dem herum, spielten Tiefflug, brummten und brüllten, was das Zeug hält, um die Enttäuschung zu verbergen. Schlammig von oben bis unten und durstig saßen sie im Sand und schauten dorthin, wo das Wasser sein sollte. Später kam es wieder und mit ihm andere Leute: Familien mit blonden Töchtern in rosa Badeanzügen. Sie hatten zu essen und zu trinken dabei, schauten immer herüber zu den Zigeunerjungen, die da sitzen und die ganze Zeit herschauen. Einer ist tatsächlich mutig genug, herüberzukommen und nach Wasser zu fragen. Stumm reichte ihm die Frau die halb leere Flasche. Natürlich kamen dann auch die anderen, nacheinander tranken sie, jeder ein bisschen länger als der Vorgänger, weil er der Meinung war, der Vorgänger habe zu lange getrunken. Als die Runde einmal herum war, wollten sie wieder von vorne anfangen, aber die Frau sagte, das reicht, und nahm ihnen die schlammbeschmierte Flasche weg. Sie war sowieso schon fast leer. Noch nicht einmal bedankt haben sie sich, einfach davon, brüllten und rannten, mancher in Unterhosen, mancher in voller Montur, ins ankommende Wasser, und zum Schluss wurde dann doch alles so, wie sie es sich vorgestellt hatten.

    Zurück war’s überhaupt nicht schwierig, zum Glück ein anderer Busfahrer, aber auch der schaute wie ein Mörder durch den Rückspiegel zum hinteren Fünfersitz, wo sie saßen, mit den Knien zitterten, das Maul aufrissen. Danko, als Einziger, war still, johlte nicht, zitterte nicht mit den Knien. Saß am Fenster und schaute hinaus, solange noch was zu sehen war. Was ist so schlimm daran, ans Meer zu fahren?
    Was ist so schlimm daran, mal ans Meer zu fahren, dachte Danko im Bus nach Hause, während draußen die Sonne unterging. Was ist schlecht daran, dort sein zu wollen, wo es einem gut geht? Warum haben sie gesagt, wir seien Kollaborateure, weil wir Rom sind, um uns verjagen zu können, warum hasst mein Vater mich dafür, so sehr, dass er mich mit Augen anschauen muss, von denen ich nachts träume, warum muss er mich gegen alle Wände unserer Zimmerküche schleudern, bis die Knochen springen?
    (Washastdugemacht?! Ha?! Was soll das, ha?! Was soll das? Ha??!! Stöße gegen die Schulter: Was, was, was? Ohrfeigen. Was soll das? Was???!!! Stößt ihn im einzigen Zimmer vor sich her. Kleines Aas! Was?! Was ist das für ein Arsch?! Ha?! Mit wem läufst du herum?! Lüg’ nicht, Fotzedeinermutter, … hat euch gesehen! Der Name ist nicht zu verstehen, er muss seinen Kopf schützen plus das Schluchzen. Alles klebt. Die Schläge prasseln auf die erhobenen Unterarme. Washastdugemacht?!, Washastdugemacht?!, Was habt ihr gemacht? Zeig her! Zerrt ihm das Sweatshirt herauf, der Kopf bleibt stecken, egal, schleudert ihn hin und her, um ihn von allen Seiten zu sehen, aber da ist nichts, nur Haut, zerrt an der Hose: Zeig her, du kleiner Stricher! Was habt ihr gemacht, was, was, was …?! Du kannst brüllen wie am Spieß, um dich treten, es nützt nichts, bald bist du nackt, das Sweatshirt um den Hals, die Hosen um die Knöchel, wenn du schwul wirst, kleines Schwein, bring ich dich um. Geht raus, pissen, Danko bleibt liegen, fünf andere, die in der Tür zur Küche stehen, sehen zu. Soviel noch zum Ausklang jenes langen Tages.)
    Dieses Mal, dachte

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