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Alle Tage: Roman (German Edition)

Alle Tage: Roman (German Edition)

Titel: Alle Tage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terézia Mora
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zur Suppe. Wenn er gleich mitgegangen wäre, hätte das neben anderen, unbekannt bleibenden Vorteilen auch zur Folge gehabt, dass er diesem Jungen, diesem Danko vielleicht nie mehr begegnet wäre. Ein Teller Suppe, eine gewalttätige Affäre, das sind die Optionen an diesem Punkt.
    Aber Ann fragte nicht, also konnte er nicht antworten. Seine Fußsohlen kribbelten, seit zwei Tagen unterwegs, diesmal wollte er wirklich gleich nach Hause. Unterwegs kaufte er sich in einem Antiquariat ein Buch, steckte es sich in die Manteltasche. Es war ein bisschen zu groß, ragte oben heraus. Nach Hause, darin blättern.
    Bis zur Nervenheilanstalt lief auch alles, wie es sollte. Doch schon eine Ecke weiter stimmte es plötzlich nicht mehr. Das soll mir mal einer erklären. Was er auch in der Folge tat, es wurde nicht besser. Er geriet immer weiter in den Abend und in einen Bezirk hinein, in dem er sonst nie unterwegs war. Nicht, dass ich mich erinnere.
    Die alte Eleganz ist hin, ebenso die Schnelligkeit, seit mittlerweile zwei Tagen auf den Beinen, und es wird schon wieder Abend. Er stolperte ungeschickt durch Radioklänge, Bohrmaschinenlärm, Hunde-, Benzin- und Essensgerüche, und – Die Müdigkeit? – alles schien ihm feindselig. Menschen, die starren oder einen ignorieren. Die zwei Männer dort in der Tür.
    Er bog noch einpaar Mal falsch ab, schließlich blieb er an einer kleinen, grauen, nach Urin riechenden Kreuzung stehen und rührte sich nicht.

    He! sagte Danko. Was machst du hier?

Eines langen Tages Abend. Danko
    Sie waren schon seit drei Tagen nicht mehr in der Schule gewesen, jetzt lohnt es sich für den Rest der Woche auch nicht mehr – Was soll ich da, ich verstehe den ganzen Vormittag kein Wort –, aber es gibt immer welche, deren Job es ist, sich wichtig zu machen. Als er am Abend nach Hause kam, waren ein Mann und eine Frau da und machten gerade den Alten fertig, wieso er seinen Sohn nicht in die Schule schicke.
    Was soll ich machen? fragte der Alte weinerlich und rang die Hände. Was soll ich nur mit dir machen? Hä? Sobald Danko zur Tür hereinkam, packte er ihn am Ohr und schüttelte ihn wie an einem Henkel: Was soll ich nur mit dir machen?
    Schon gut, sagten die Frau und der Mann, er solle ihn loslassen, aber er ließ ihn nicht los, rüttelte an ihm: Was, was, was soll ich machen?
    Später gingen die beiden, und der Alte ließ von ihm ab, verpasste ihm nur noch eine Ohrfeige, quasi im Vorbeigehen. Eigentlich interessierte ihn das Ganze nicht. Das Ohr brannte, als wäre es doppelt so groß, Danko legte sich drauf, den Kopf ins Kissen, damit’s die Nacht über wieder schrumpft.
    Am nächsten Morgen traf sich die Bande wie gehabt im Park. Zwei Männer tunkten einen dritten Kopf voran in den Springbrunnen, in dem seit Wochen das alte Wasser stand. Der Mann hatte Weizenhaar, das sich in winzigen, harten Locken um seinen Kopf kringelte, und gab sich als Shampootester aus. Sprach die Frauen im Park an, ob er ihnen die Haare waschen dürfe. In einer Ledertasche hatte er in zwei Plastikflaschen vier Liter lauwarmes Wasser und zwei Shampoosorten dabei, angeblich eine Eigenentwicklung seines Salons. Das eine nannte er Citron. Zuerst müssen wir die Haare kämmen, um zu sehen, ob die Rötung gleichmäßig ist. Nur bei gleichmäßiger Rötung kann der Test erfolgreich durchgeführt werden. Er ging mit den Frauen in die Büsche, kämmte sie, wusch ihnen die Haare. Vorwärts oder rückwärts. Meist vorwärts, damit kein Wasser in den Kragen läuft. Er befleckte ihre Kleidung nicht. Anschließend frottierte er ihnen lange die Haare und kämmte sie, bis sie trocken waren, um die Kundin in den Zustand zu versetzen, in dem sie vorgefunden wurde. Vorgefunden ist gut, sagten die Frauen und kicherten. Er machte ihnen Komplimente wegen ihrer Haare und ihrer Intelligenz. Er sei sich sicher, sie hätten eine großartige Zukunft vor sich. Meinen Sie? fragten die Frauen mittleren Alters. Die jungen Frauen nickten selbstverständlich.
    Jetzt tauchte er Arm in Arm mit zwei muskulösen jungen Männern auf. Sie waren links und rechts in ihn eingehängt, hatten es sehr eilig, sein Engelshaar wippte. Später hielten sie seinen Kopf lange im grünen Wasser. Falls er dort unten Münzen sehe, solle er sie mit den Zähnen aufheben, sagten die jungen Männer. Dann machen wir fifty-fifty. Sie holten die Shampooflaschen aus seiner Tasche, kippten ihren Inhalt ins Wasser. Es roch den ganzen Tag nach Zitrone. Das Becken sah aus wie ein großer

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