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Alle Tage: Roman (German Edition)

Alle Tage: Roman (German Edition)

Titel: Alle Tage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terézia Mora
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Danko, als der Bus die Stadtgrenze passierte, wird er mich endgültig umbringen. Er hat schon einen umgebracht. Er liegt unter dem Beton im Schweinestall. Der Stall ist im anderen Land geblieben. Aber ich weiß es. Es geht um Leben und Tod.
    Der Bus fuhr direkt zum Busbahnhof, derselbe Busbahnhof nur ein anderer Perron, aber keiner sagte was, wer das versaut hat. Sie waren, wie selten, zufrieden und leer, selbst Kosma. Vom Busbahnhof liefen sie zur Bolz zurück, weil das der Ausgangspunkt war, und man kehrt eben zurück zum Ausgangspunkt, um zu wissen, was man jetzt machen soll. Die Bolz war dunkel und leer, sie standen ein wenig herum, einer ließ den Ball einpaar Mal aufklatschen, man konnte es gut hören, obwohl es rundherum schon laut war wie am Samstag abend: Kneipen, Verkehr. Und ab hier wird es simpel: Alle gingen nach Hause, bis auf Danko.
    Er lief einfach immer weiter, schlenderte, guckte sich alles an, den Samstagabend. Kneipen an Kneipen, Tische dicht, verhakelte Stuhlbeine, die Gehsteige voll bis knapp an die parkenden Autos, es blieb nur ein schmaler Pfad, stehen konnte man nicht, nur gehen, Absatzklappern vorn und hinten. Hände in den Taschen, er schaute sich die Leute an, die Männer und die Frauen. Die schauten zurück, der Zigeunerjunge da, ob das ein Taschendieb ist. Hinter einer Scheibe flambierte einer was, Fleisch oder was Süßes. Verzeihung, sagte ein Mann, packte ihn an den Schultern und stellte ihn praktisch beiseite. Steh hier nicht im Weg herum. Nebenan fingen zwei junge Russinnen in Tracht zu singen an, das gefiel ihm ziemlich, sie sangen schön, Kalinka, das kannte er von irgendwoher. Ein Kellner klopfte die Salzkruste von einem Fisch. Ein Salzklumpen rollte Danko genau vor die Füße. Er klaubte ihn vom Gehsteig, nahm ihn in den Mund. Der Geschmack von Salz und Schmutz. Ich bin glücklich. Ich bin glücklich und ich weiß nicht, wie spät es ist. Wenn ihm das einfiel: Ich weiß nicht, wie spät es ist, musste er weitergehen, bis er es wieder vergaß. Er lief herum – wie langsam doch die Zeit vergeht, wenn man nichts will, als sie verbringen –, bis es ihm fad wurde und er wieder an der Bolz stand. Die Obdachlosen nebenan betteten sich zur Nacht. Man könnte auf einer Bank schlafen oder im Gras, im Gras lag ich schon öfter. Aber irgendwie gefiel ihm das alles nicht, langsam fing alles an, ihm nicht zu gefallen, das Brennen in der Speiseröhre, und was jetzt tun, wohin gehen. Er trank Wasser aus dem Trinkbrunnen, die Obdachlosen und ihre Hunde sahen ihm zu. Er schaute zurück, ich mag keine Hunde, ich mag keine Penner, wischte sich den Mund, schüttelte das Wasser vom Handrücken, ging zielstrebig. Denen zeigen, dass er weiß, wohin.
    Irgendwann stand er dann vor der Fleischerei und da er nicht wusste, wo er klingeln sollte, setzte er sich vor die Tür in die Ecke, wo sich der Schmutz sammelt und die Taubenfedern, schaute in die Sterne, hörte sich an, was zu hören war. Irgendwann schlief er ein.

    Was machst du hier? fragte der Typ, aber er wartete auf keine Antwort. Als wär’s egal, als wüsste er schon alles. Ging vor ihm her ins Büro.
    Hast du Durst? Willst du was trinken?
    Danko hat tatsächlich Durst, etwas Hunger auch. Hast du Cola?
    Leider nein. Wasser aus dem Hahn. Danko trinkt unter der Deckenlampe stehend, die Kalkflecken des Glases blitzen auf. Der Typ steht vor ihm, schaut ihm interessiert zu. Fertig? Nimmt ihm das Glas ab, stellt es hin.
    Ich kann nicht nach Hause, sagt der Junge. Kann ich hier pennen?
    Schaut sich jetzt erst richtig um: ein Tisch, ein Stuhl, ein Sessel. Eine Kaffeemaschine, eine braun gewordene Kanne. Vielleicht klebt ein Teebeutel an der Innenseite. Sonst nichts. So lebst du? Wieso dachte Danko, der Typ wäre reich? Kein Fernseher, keine Anlage, nicht einmal ein Bild. Ein Laptop auf dem Tisch, immerhin.
    Egal wo. Auf dem Boden.
    Du kannst das Bett haben, sagt der Typ. Darf ich?
    Danko steht genau vor dem Sessel, macht jetzt einen Schritt zur Seite. Das ist also das Bett. Ein schmales Bett für einen Überraschungsgast. Leider nur eine Bettwäsche, benutzt, egal, was anderes gibt es nicht. (Und du?)
    Der Junge bleibt, wo er ist, unter der Lampe. Sein Nacken der hellste Punkt im Raum. Abel setzt sich an den Computer.
    Was machst du?
    Arbeiten.
    Er schreibt etwas.
    Schreibst du?
    Ja.
    Was? Krimis?
    Nein. Eine wissenschaftliche Arbeit.
    Hm.
    Danko schaut sich den Sessel an. Als Sessel ist er groß und bequem. Er setzt sich vorsichtig an den Rand.
    Was

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