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Alle Tränen dieser Erde

Alle Tränen dieser Erde

Titel: Alle Tränen dieser Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss
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Reisetasche. Er lief durch die Küche, kam mit einem Kerosinkanister zurück, goß das Zeug über sein Bett, zog das Feuerzeug heraus.
    »Was machen Sie da, Mann?«
    Ein schiefes Lächeln.
    »Glauben Sie nicht, daß mir das nicht weh tut, alter Freund, aber wir müssen das Beweismaterial vernichten – und es lenkt vielleicht für eine Weile ab.«
    Das Bett brannte munter, als sie zum Aufzug hasteten. Die Ereignisse der nächsten drei Stunden blieben verschwommen. Yarborough führte eindeutig das Kommando, und es zeigte sich, daß er hier viele Leute kannte. Er führte Tindale in ein tristes Büro voller Chinesen; drei davon begleiteten sie zu einem Lagerhaus; von dort aus fuhren sie im Innern eines Möbelwagens in eine unbekannte Gegend der Stadt und stiegen in ein schnelles Auto um, das mit Blechen innen auf primitive Weise kugelsicher gemacht worden war. Sie ließen den bebauten Bereich hinter sich.
    Schließlich kamen sie auf einem Vorgebirge über dem Meer heraus.
    Es konnte, was Tindale anging, ebenso gut wieder Deep Bay sein. Alles war still. Zwei Chinesen mit Karabinern über den Schultern begleiteten sie eine Holztreppe hinab zum schmalen Strand. Sie standen zu viert stumm da. Ein Schiff patrouillierte draußen in der Bucht, mit einem sich gemächlich drehenden Suchscheinwerfer. Plötzlich tauchte in Ufernähe ein kleines Boot auf. Yarborough und Tindale wateten darauf zu und ließen die Wachen am Strand zurück.
    Sie stiegen in ein kleines U-Boot. Die Einmann-Besatzung lag schon ausgestreckt an der Steuerung; sie mußten sich neben ihm niederkauern. Yarborough murmelte ein paar Worte Kantonesisch, und sie setzten sich in Bewegung.
    Zu klein, Unsinn, zu klein, geht unter, ruhig bleiben, Platzangst, die Hitze und der Tod, wieder dieser nach hinten hängende Kopf, ein anderer Tod nicht Walter beim nächstenmal, ich, ach hör auf, das ist Tony Yarborough alles Unsinn du brauchst einfach ein – wir fahren nun doch nach China, er legt mich herein…
    »Tony, Sie bringen mich nach China! Ich schwöre, ich zerschlage die Phiolen, wenn Sie mich übers Ohr hauen!«
    »Nur ruhig, alter Freund! Wir fahren nach China, aber ich habe eine laufende Vereinbarung. Selbst unter politischen Feinden kann man alle möglichen persönlichen Abkommen schließen – ich bin nützlich für die Chinesen. Aber ich liefere Sie ihnen nicht aus, wenn Sie das glauben sollten. Die Leute hier, mit denen ich arbeite, werden von Ihnen nicht einmal gehört haben – Sie sind offenkundig ein streng geheimes Projekt in Peking. Wir kommen schon durch, keine Sorge!«
    Irgendwann verstummte der Motor. In der fast totalen Stille konnte man die Dünung hinter der Rumpfwand hören, ein paar Zentimeter entfernt.
    »Warum hält er, verdammt?«
    »Ruhe!«
    Die Stille schien eine Ewigkeit angedauert zu haben, bis sie weiterfuhren. Yarborough erklärte, daß ein Patrouillenboot über ihnen fuhr. Danach dauerte es nur noch einige Minuten, bis der Motor wieder angestellt wurde und sie das jenseitige Ufer berührten.
    »Lassen Sie die verflixte Kühlbox nicht fallen«, sagte Yarborough, als sie in die Brandung hinauskletterten. Er ließ einen leichten Pfiff ertönen, auf den Antwort kam.
    Tindale schaute sich um. Auf der anderen Seite der Bucht blitzten Lichter auf.
    Hier erhoben sich steile Klippen. Ein Mann in Ölzeug mit einer trüben Laterne tauchte auf, um sie einen gewundenen Pfad hinaufzuführen. Die Kletterei war mühsam; als sie oben waren, wollte ihr Begleiter weiter, aber Yarborough hielt ihn zurück und lehnte sich an Tindale.
    »Ah, das ist schlecht für mein Herz! Ich muß mich aus diesem aktiven Leben zurückziehen. Ich bin nicht mehr, was ich neunzehnvierzig war, das steht fest – jetzt würden sie mich nicht mehr nehmen.«
    »Sie halten sich prima, Tony – gehen wir weiter!«
    Sie folgten ihrem Führer über schwarze Klippen, hielten sich aneinander fest und stolperten. Einmal kamen sie an einer Hütte vorbei, vor der zwei Männer in Uniform standen, aber es wurde kein Wort gewechselt. Sie erreichten einen ausgefahrenen Weg, der nach ungefähr zweihundert Metern in eine Straße mündete. Dort wartete ein Auto mit uniformiertem Fahrer auf sie.
    »Das ist die Straße nach Kanton«, sagte Yarborough beiläufig.
    Millionen Menschen dichtgedrängt, Läden, Verkaufsstände, Dschunken; Kanton, das ist China prähistorisch, gelbbraun, uralt, laut wie ein Gong mit beackertem Staub, allumfassend gefürchtet, hausgemachter Stahl in den

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