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Alle Tränen dieser Erde

Alle Tränen dieser Erde

Titel: Alle Tränen dieser Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss
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Zeit, daß wir den Kurs ändern. Ich zeige es Ihnen. Setzen Sie sich dahin, schalten Sie den Autopiloten ab, und ich dirigiere Sie.«
    »Das kann ich nicht!« Beispiel größten Heldentums nach übereinstimmender Ansicht von Beobachtern.
     
     
    Die Stunden vergingen. Die große Tupolew flog unter ungeschickter Hand unbeirrt weiter.
    Als sie noch eine Tasse Nudelsuppe tranken, sagte Tindale: »Wissen Sie, ich habe mich entschlossen, den Handel mit den Chinesen nicht abzuschließen, den mir Turner angeboten hatte, und zwar schon, bevor die Polizei von Hongkong auftauchte und dazwischenfuhr. Wissen Sie, was den Ausschlag für mich gegeben hat? Vielleicht halten Sie mich für dumm. Ich habe durch seinen Dia-Projektor eine Art unterschwelliger Warnung erhalten. Hinter dem hübschen Rancher-Haus, den pittoresken Bergen, dem trägen alten Fluß und der schönen Landschaft – hinter all dem lag ein Gefängnis, bewacht von einem bösen Geist.«
    Yarborough atmete schwer, zusammengesunken im Ko-Piloten-Sitz.
    »Eines Tages werden Sie einsehen, daß das ganze Leben so ist. Wo Sie auch sein mögen, alter Freund – das Ganze ist ein verdammtes Gefängnis, bewacht von bösen Geistern. Das begreifen Sie, wenn Sie älter werden.«
    »Ich werde nicht älter, Tony.«
    »Und Sie werden einsehen, daß das Gefängnis Ihr eigenes Werk ist. Hinter jeder herrlichen Landschaft, die ich je gesehen habe, lauern die Gitterstäbe eines Gefängnisses, und bevor Sie zu alt werden wie ich, sollten Sie sich fragen, ob Sie mit den anderen eingesperrt sein wollen oder ausgesperrt wie ich – unfähig, irgend etwas zu fühlen, Freude zu empfinden, oder Hoffnung – «
    »Tony! Tony!« Er sprang auf und riß den Kopfhörer herunter.
    Yarboroughs Stimme war erstorben, sein Gesicht nahm einen erstickten Ausdruck an. Er bekämpfte einen stummen Feind, die Hände vor dem Gesicht zu Krallen gekrümmt. Sein Mund öffnete sich; ein leiser, stotternder Laut, fast wie aus einer fremden Sprache, drang heraus.
    »Ihre Pillen, Tony!«
    »Spritze… Jetzt gleich… Leben – Surviva – einzige Chance…«
    Sie hatten fast sechzehn Stunden Flugzeit hinter sich und flogen sechseinhalb Meilen über der Ostsee. Muß Lissabon erreichen, fast schon da, der alte Narr stirbt, alle im Meer, an Land schwimmen unbekannter Mann, chinesischer Agent…
    »Sofort, Gordy – Suviva…«
    Vielleicht nützt eine Injektion, Zeitgewinn für ihn, muß sichere Zuflucht erreichen, brauche Yarborough, Frankfurt, Deutsche Mark knittern lächelnd Garderobe, aber wäre das ungefährlich, gib ihm Surviva, weiß einfach nicht, habe ihm und Kuhnau erzählt, daß ich leitender Forschungschemiker war, nicht bloß Bürobote, kenne mich mit den Dingen einfach nicht aus, Surviva wirkt nur bei Fischen, kann aber wohl nichts schaden…
    Die Situation war äußerst dringend.
    Yarborough gab einen schrecklichen Laut von sich, ein stockendes Klopfen. Es bestand kein Verdacht mehr, daß er vielleicht Theater spielte, um schnell eine Injektion zu bekommen. Tindale lief in Panik zu dem Spind, wo er die Kühlbox abgestellt hatte. Tod dabei jetzt doppelt entsetzlich, ausgesperrt, der ganze Plan kippt, Mensch, ich habe den Dreckskerl doch gefragt, die Adern ausgepumpt… Er ließ das Paket fallen und scharrte danach. Im Koffer befand sich auch eine Spritze. Er füllte sie ungeschickt aus einer der Phiolen und nahm wahr, daß das Flugzeug hinunterstürzte, den Bug nach unten gerichtet. Trau mich nicht hinauszuschauen sechseinhalb Meilen noch, dauert ein paar Minuten, spritz ihm das rein, mit dem Steuer ringen, Kirk Douglas zieh das an dich, was mischt sich der Portugiese ein, ein Tritt in den…
    »Dieser Mann hat einen Herzanfall, Sir«, sagte der portugiesische Arzt. Über die Schulter sah Tindale ganz kurz die Gesichter der entsetzten Passagiere, fühlte, wie ihre Angst ihn ins Mark traf, sah die steile Neigung des Flugzeugs.
    »Haltet euch da raus, ja?«
    »Ich muß Ihnen helfen, Sir! Sie sind wahnsinnig – wir stürzen ab! Onde esta…? Socorro, socorro!«
    Tindale versuchte den Mann wegzuschieben. Sie packten einander… Der Mann schrie um Hilfe. Tindale traf ihn mit der linken Faust. Sie packten einander… Der Mann versuchte seinen Arm zu packen, verfehlte, schlug ihm ins Gesicht. Tindale ließ die Phiole fallen und zeigte es ihm. Yarborough war stiller geworden, das Gesicht verzerrt. Sie packten einander, sie packten einander… Sie stürzten gegen die Armaturen. Er blickte über die Schultern und

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