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Alle Tränen dieser Erde

Alle Tränen dieser Erde

Titel: Alle Tränen dieser Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss
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von der Sonne, das meiste anorganische Material im System – er enthält auch fast das ganze Leben. Schwärmendes, überfließendes Leben… Keine Amöbe kleiner als Long Island… Dagegen wird die Erde zu einem Felsvorsprung an einem fernen Ufer. Man muß sich erst daran gewöhnen!«
    »Die weiße Welt wird sich anpassen, wie wir uns mit dem Darwinismus abgefunden haben. Wir passen uns immer an.«
    »Und wen kümmert die schwarze Welt…«
    Dudinzew lachte.
    »Was ist mit dem Mann Ihrer Schwester, über den Sie sich dauernd beklagen? Ihn kümmert es!«
    »O ja, ihn schon. Jerry möchte die andere Hälfte des Globus ganz ausgelöscht sehen.«
    »Na, da ist er bestimmt nicht der einzige.«
    Den Kopf noch immer voll verwirrender, leuchtender Gestik, ging Ezard nach vorn, um zu duschen.
     
     
    II. Luna. Kurz vor der tiefen Mitternacht in Rainbow Bay City. Unter der Hauptkuppel stehend, oben in einem der Beobachtungstürme. Das Universum da vor uns, ganz nah vor den Scheiben; Sterne wie flammendes Fett, verzerrt von der Wölbung der Kuppel, die Erde der vereiste Schnipsel eines Fingernagels. Chef-Traumtechniker Wace und ich in stockender Unterhaltung, um die Zeit zu vertreiben, bis wir zurückkehren in den Dienst, dorthin, drüben in Plato, in das, was meine Tochter Ri ›das große, alte, schwarze Ding‹ nennt.
    »Spezialisierung – das ist eine wunderbare Sache, Jerry!« sagte Wace. »Hier sind wir, ein Stück des Wegs zum Jupiter, und ich weiß nicht einmal, wo am Himmel ich ihn suchen soll! Die Außenwelt ist nie mein Gebiet gewesen.«
    Er war ein gepflegter kleiner Mann, Mitte Dreißig und schon greisenhaft. Sein Gebiet war der unendliche komplexe Seinszustand des Schlafens. Ich hatte einen großen Teil meines Interesses für Psychologie von Johnnie Wace. Wie er hätte ich nicht stehen können, wo ich war, wenn das Unternehmen KUFL nicht gewesen wäre, bei dem wir beide beschäftigt waren. Und das große alte, schwarze Ding wäre nicht unpassenderweise auf dem Mond errichtet worden, hätten die schwer zu fassenden Zustände zwischen Wachen und Schlafen, die wir untersuchten, nicht am leichtesten in der geringen Schwerkraft von Luna erzielt werden können.
    Ich gab die Suche nach dem Jupiter auf. Ich wußte so wenig wie Wace, wo er war. Außerdem ließ leichte Kondensation Tropfen von den Aluminiumstäben über uns fallen; die Zugluft in der Kuppel trieb sie schräg auf uns herunter. Meine Anspannung nahm wieder zu, als der Dienstbeginn näherrückte – eine Anspannung, die wir nicht mit Alkohol bekämpfen durften. Bald würde ich zwischen Leben und Tod angeschaltet sein, um meine Psyche von KUFL aufsaugen zu lassen. Als wir uns abwandten, schaute ich hinaus auf eine Nebenkuppel, unter der im fruchtbaren Boden des Mondes Kakteen wuchsen, nur leicht geschützt vor der äußeren Rauheit.
    »So machen wir immer weiter, Johnnie«, sagte ich und deutete auf die Kakteen. »Wir schieben die Grenzen der Erfahrung immer weiter hinaus – jetzt hat die Trans-Jupiter-Expedition entdeckt, daß es dort Leben gibt. Woher nimmt der Westen seine Dynamik, während der Rest der Welt – die Dritte Welt – nur dahockt?«
    Wace sah mich merkwürdig an.
    »Ich weiß, mein altes Steckenpferd! Sagen Sie mir, Johnny, Sie sind ein kluger Mann, wie kommt es, daß in einem Zeitalter des Fortschritts die halbe Erdkugel nicht vorankommen will?«
    »Jerry, ich stehe zu den Schwarzen nicht so wie Sie. Sie sind ein so entscheidender Bestandteil von KUFL, weil Ihre Grundsymbole in Verwirrung sind.«
    Er bemerkte, daß mich die Äußerung ärgerte. Trotzdem sah ich die Wahrheit so, wie ich sie vertrat. Westciv, die den Großteil der nördlichen Halbkugel und außer Australien sonst wenig umfaßte, war ein großes, bewaffnetes Lager, das lange Grenzen mit der stagnierenden Schwarzen oder Dritten Welt bewachte und ab und zu schnelle Vorstöße nach Südamerika oder Afrika unternahm, um drohende Machtzusammenballungen zu verhindern. Die ganze Zeit über versuchten wir voranzukommen, während der Rest der übervölkerten Welt uns behinderte.
    »Sie kennen meine Ansichten, Johnnie – sie mögen unpopulär sein, aber ich habe nie versucht, sie zu verheimlichen«, sagte ich und machte ein finsteres Gesicht. »Ich würde mit der nutzlosen Dritten Welt reinen Tisch machen und von vorne anfangen, wenn es nach mir ging. Was haben wir zu verlieren? Da bringe ich meine Symbole doch nicht durcheinander, oder?«
    »Einmal Soldat, immer Soldat…« Mehr

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