Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
in Glasgow gegen Eintracht Frankfurt geschossen. Die anderen drei Tore für Real Madrid hatte Alfredo di Stefano beigesteuert. Im Garten von di Stefanos Villa stand ein Fußball aus Marmor auf einem Sockel, mit den eingemeißelten Worten: Dir verdanke ich alles.
Aber auch die Deutschen konnten sich sehen lassen. Helmut Rahn, genannt der Boß, oder Morlock, Posipal, Turek, Liebrich und Schäfer. Max Morlock hatte rund 700 Tore für den 1. FC Nürnberg geschossen! Und dann Fritz Walter oder Uwe Seeler erst als Ehrenspielführer der deutschen Nationalmannschaft. Als Seeler 1965 die Achillessehne gerissen war, hatte man den Knall noch unterm Tribünendach gehört, und bei der WM in Mexiko hatte Seeler ein Tor mit dem Hinterkopf erzielt. Oder Gerd Müller: Der hatte als Sechzehnjähriger für den TSV Nördlingen einmal 197 Tore in einer Saison geschossen, davon 17 in einem einzigen Spiel. Ein Goalgetter mit untrüglichem Torinstinkt.
Die ausländischen Vereine hatten allerdings fast alle elegantere Namen als die deutschen. Arsenal London, Roter Stern Belgrad, Panathinaikos Athen, Slovan Preßburg, Dukla Prag, Tottenham Hotspur oder Olympique Marseille, das hörte sich doch anders an als FC Schweinfurt 05 oder SpVgg Fürth.
Überhaupt die Namen. Matthias Sindelar, Stan Libuda, Josip Skoblar, Sandro Mazzola und Giuseppe Meazza (355 Tore für Inter Mailand und zweimal Weltmeister). Über Luigi Riva hieß es in einem der Bücher, daß er schnelle Autos und die Einsamkeit liebe und jeden Tag zweihundert Liebesbriefe kriege.
Weil Günter Netzer so lange Haare hatte, sollte Alan Ball ihm 1972 beim Viertelfinale in der Europameisterschaft im Wembley-Stadion immer zugerufen haben: »Na komm, deutsches Frollein!« 1971 hatte Gladbach Inter Mailand im Europapokal der Landesmeister mit 7:1 geschlagen, aber das Ergebnis war annulliert worden, weil irgendwer dem Italiener Boninsegna eine Getränkebüchse an den Kopf geworfen hatte, und nach dem Wiederholungsspiel war Gladbach ausgeschieden. Fairplay war was anderes.
Gustav zeigte mir auch sein Autogrammkartenalbum. Billy Mo, Willy Brandt, Herbert Wehner, Helmut Schmidt, Peggy March, Otto von Habsburg, Willy Millowitsch, Bruce Low, Wolfgang Overath, Ernst Mosch, Esther und Abi Ofarim, Vico Torriani, Max Greger, Hans Joachim Kulenkampff, Golda Meir und Hellmut Lange, der Lederstrumpf gespielt hatte. Sogar Johnny Weismüller, Franz Beckenbauer und die Beatles waren da vertreten.
Autogramme sammeln wollte ich jetzt auch. Omas Putzfrau, die ich um ihr Autogramm bat, wunderte sich und fragte dreimal nach, bevor sie den Staubsauger ausstellte und ihren Namen auf das hingelegte Papier schrieb.
Schriftproben konnten auch in Kriminalfällen wichtig sein, wenn Erpresser Briefe geschrieben hatten.
Um sich was leisten zu können, hatte Gustav mal in der Baumschule Meyer gearbeitet, an der man vorbeikam, wenn man nach Jever reinfuhr. Baumschule. Als ob da die Bäume Unterricht kriegten.
In Sesamstraße fand er Oskar, Grobi und das Krümelmonster am besten. Wieso, weshalb, warum? Wer nicht fragt, bleibt dumm.
Den Trick, den Kopf in den Nacken zu legen und so zu tun, als schlucke man ein Messer, das man aber bloß an der anderen Seite vom Hals nach unten schiebt, kannte Oma noch nicht, und als ich ihr den Trick mit dem Brotmesser vormachte, rief sie: »O Junge, tu dir nichts!« Für solche Darbietungen war Oma immer das dankbarste Publikum.
Wenn sie keine Kreislaufprobleme hatte, nahm sie mich zum Einkaufen mit. Beim Schlachter wurde mir Fleischwurst angeboten, die ich aber nicht mochte, weil ich noch immer an die Wurst aus dem Fleischsalat auf der Horchheimer Höhe denken mußte. Die Einkäufe packte Oma in ihren Kartoffelmercedes.
Einmal gingen wir über den Friedhof. In einem Grab lagen Papas Urgroßeltern und Papas Opa. Den Grabstein hatte Papa selbst entworfen. Papas Opa war Sanitätsrat gewesen. Papas Oma hätte da auch im Grab liegen sollen, aber die war auf der Flucht aus Ostpreußen gestorben.
Ich hatte für eine Single gespart, aber Platten konnte man in Jever nur in einem kleinen Elektrogeräteladen kaufen, und wenn man sich die ankucken wollte, wurde man gleich angepupt: »Darf’s was sein, junger Mann?«
Die konnten sich da nicht vorstellen, daß ein Purks wie ich Geld in der Tasche hatte.
Meine Wahl fiel auf eine Single von Tony Christy. Don’t go down to Reno, stay a little bit longer. Auf der B-Seite war der Song Sunday Morning. Ich hörte mir die beiden Seiten auf
Weitere Kostenlose Bücher