Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
weben. Dafür hätten sie die mit Dreck und Kletten verfilzte Wolle aber erst waschen und trocknen und hinterher noch langwierig von Hand mit Bürsten reinigen müssen. »Den Gestank von dem Wollfett hab ich jetzt noch in der Nase«, sagte Renate.
Übrigens habe sie sich inzwischen schlaugemacht, wofür das blöde Wort »Maid« stehe, nämlich für Mut, Ausdauer, Intelligenz und Demut. Das sei doch nun wirklich Kiki.
Nächstes Jahr, wenn sie in Birkelbach fertig wäre, wollte sie sich zur Tontechnikerin ausbilden lassen. Mama kannte irgendwen, der bereit war, Renate beim WDR in Köln eine Stelle als Praktikantin zu vermitteln. Danach würde sie die Schule für Rundfunktechnik in Nürnberg besuchen und anschließend ihre Moneten beim WDR verdienen, aber als Papa davon hörte, belferte er: »Tontechnikerin! Du hast ’n anständiges Abitur, und dann studierst du gefälligst auch!«
In der C-Jugend besaß ich nun zwar einen Stammplatz, aber bloß als linker Verteidiger und nicht als Stürmer oder Mittelfeldregisseur. Die Mittellinie überquerte ich nur, wenn das auch der Spieler tat, den ich zu decken hatte. Für den Anfang der Karriere eines Torjägers war das eher untypisch. Wenn es dabei blieb, würde ich später als Torschütze in der Nationalmannschaft äußerstenfalls mit Berti Vogts konkurrieren können. Der hatte in seinen 65 Länderspielen noch kein einziges Tor geschossen.
Andererseits war ich meistens schon froh, wenn ich einen Zweikampf siegreich bestanden und den Ball ins Aus oder nach vorne geholzt hatte. Es machte mich nervös, wenn ich angespielt wurde, um den Angriff aufzubauen, und ich gab den Ball am liebsten schleunigst wieder ab und konzentrierte mich auf meine Hauptaufgabe, die Manndeckung.
Uli Möller fand anscheinend, daß ich das am besten konnte, aber noch war ja nicht aller Tage Abend.
Renate hatte eine Pizza gebacken, belegt mit Käse und Tomaten und derartig scharf gewürzt, daß einem die Schweißperlen nur so runterliefen.
Miau! Mio! Miau! Mio!
zu Hilf! das Kind brennt lichterloh!
Ich rannte in die Küche, um mir Leitungswasser in den lodernden Schlund zu gießen.
»Ich weiß gar nicht, was du hast«, sagte Renate, als ich wiederkam. Sie habe ganz bewußt mit Gewürzen gegeizt, damit hier niemand einen Rappel kriege. »Olaf und ich gönnen uns die fünffache Menge!«
Wenn das wahr war, hatten Renate und Olaf ’ne Meise. Oder Gaumen aus Elefantenleder.
Nach Birkelbach nahm Renate auch ihr altes Schmetterlingsposter mit.
Um 21 Uhr mußte sie am Sonntagabend wieder dort sein.
In dem Film »Toll trieben es die alten Römer« lief ein furioses Wagenrennen, als im Hausflur Papas Gebell erscholl: »Martin! Das Klapprad steht noch draußen!«
So jagte er einen gern hoch, obwohl er selbst nicht dafür berühmt war, daß er zur flotten Truppe gehörte. Mama drängelte ihn schon seit langem, den VW zu reparieren, damit sie nicht mehr alle Einkäufe zu Fuß erledigen mußte, aber irgendwie kam Papa nie dazu, die Sache ernsthaft in Angriff zu nehmen. Zum Glück gab es ganz in der Nähe einen Supermarkt, Comet, schräg gegenüber vom Hindenburgstadion.
Ich trug das Klapprad in die müffelnde Waschküche, und bei dieser Gelegenheit nahm Wiebke mir meinen Sofasitzplatz weg. Als ich sie davon vertreiben wollte, mischte Mama sich ein: »Müßt ihr euch denn immer und immer kabbeln? Jetzt ist Sense! Raus hier! Ab nach oben, alle beide!«
Mit einem kleinen Bruder hätte ich mich unter Garantie besser verstanden als mit Wiebke, der dummen Sau.
Seit wir in Meppen wohnten, lief so viel schief, daß ich ohne die Briefe von Michael Gerlach nicht mehr viel zu lachen gehabt hätte.
Grüezi!
Scheibe, jetzt kann ich den Brief nochmal schreiben. Harald hat Exemplar Nr. 1 nämlich in die Finger bekommen und zerknüttelt. So’n Dreckskerl.
Gestern war ich mit meiner Mutter im Wambachtal. Mann, da sieht’s ja jetzt stark aus! Alles überwuchert, die ganzen Wege, und an jedem Busch oder Baum hängt was Leckeres dran ... dicke Brombeeren, saftige Äpfel und knusprige Nüsse ... schade, daß Du das nicht sehen kannst. So ist das da noch nie gewesen. Selbst der Weg nach Simmern ist zu einem Schleichpfad geworden. Jetzt werde ich da wohl öfter runtergehen und schlemmen. Mjamm, mjamm. Das wird lecker! Und dann werde ich in die noch unerforschten Urwälder hinter Hillscheid vagabundieren und versuchen, neue Wege zu finden. Außerdem will Holger dauernd zum Fernsehturm, weil er den ja noch nie so aus der
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