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Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Titel: Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Henschel
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amputieren, es dann aber doch gelassen und alles einigermaßen vernäht, auch den lädierten Mittelfinger und den Daumen. Weil Papa nur örtlich betäubt worden war, hatte er sich das Schlachtfest im OP-Saal vom Anfang bis zum Ende um halb zwei Uhr morgens mit ansehen können. »Und wenn sie mir den Zeigefinger abgesäbelt hätten, dann würd’ ich mir den in Spiritus eingelegt auf den Nachttisch stellen, in ’nem Gurkenglas!«
    Davon wäre Mama sicherlich begeistert gewesen.
    Ein paar Tage werde er hier noch liegen müssen, sagte Papa, und von ihm aus dürften wir jetzt auch in Bonn anrufen und Mama informieren.
    Gut. Aber wie lautete Renates neue Nummer? Ich rief die Auskunft an, und da meldete sich eine emsländische Ansagerin: »Biete wahrten Sie, bies ain Auhskuhnftsplaatz frai wiard ...« Als ich die Nummer endlich rausbekommen hatte, nahm in Bonn kein Schwein ab. Weiß der Deibel, was die alle trieben, statt ans Telefon zu gehen.
    »O Gott!« rief Mama, als sie abends aufkreuzte und von Papas Unfall erfuhr, und sie ließ ihre Handtasche fallen und schlug sich beide Hände vor den Mund. »Macht mich nicht schwach! Wieso erfahr ich das erst jetzt? Hättet ihr nicht mal anrufen können?«
    Hatten wir ja versucht, aber das Telefon stand in Bonn bei Renates Vermietern, und die waren wohl nicht zuhause gewesen.
    Mama brauste sofort zum Krankenhaus, um sich persönlich ein Bild von Papas Gesundheitszustand zu machen. Ihre brennende Sorge um Papas Befinden hatte den schönen Nebeneffekt, daß ich mir im Zweiten ungestört ein freizügiges Musical über die Boheme der Berliner Tanztheatermenschen zu Beginn der dreißiger Jahre ankucken konnte, mit Liza Minnelli in der Hauptrolle und Fritz Wepper in einer Nebenrolle. Das war der Schauspieler, der sonst in deutschen Krimiserien den Assistenten Klein spielte.
    Bye-bye, mein lieber Herr,
    Farewell, mein lieber Herr,
    It was a fine affair,
    But now it’s over ...
    Liza Minnelli hatte Sex-Appeal, mit ihrem Schmollmund, ihrem Muttermal und ihrem Silberblick. Da kamen Tanja Gralfs und Anneliese Junkers nicht mit.
    Auf dem Weg zum Ludmillenstift sei ihr ein Mopedfahrer ins Heck geknallt, sagte Mama, in der Herzogstraße, vor der Ampel Ecke Poststraße. Dieser Mopedjüngling habe wohl den Bremsweg unterschätzt, aber zum Glück sei weiter nichts passiert, nur daß jetzt wieder ein Papierkrieg mit der Versicherung anfange. »Sonst wüßte ich ja auch gar nicht mehr, was ich mit meiner vielen freien Zeit anfangen sollte, als Ehefrau eines schwerverletzten Heimwerkers und Mutter von vier Kindern!«
    Sicherheitshalber hatte Mama sich von dem Fidi Namen, Adresse und Versicherungsnummer geben lassen, und sie genehmigte sich ein Glas Sherry nach all den unvorhergesehenen Schrecken.
    Die Physikarbeit kriegte ich mit ’ner 4 minus wieder, und dann mußte ich noch Klavier üben. »Inventio IV« in F-Dur. Die Tonart ging ja noch, aber am Schuß hagelte es ätzend viele b’s und Kreuze, und einmal sollte man mit der linken Hand fünf Takte lang einen Triller spielen. Sah ich vielleicht aus wie Maurizio Pollini?
    Papa hätte in ein Mehrbettzimmer mit schönerer Aussicht umziehen können, wollte aber lieber in dem Einzelzimmer liegenbleiben.
    Für Deutsch mußten wir einen Kriminalroman lesen, der in der Schweiz spielte und mich an einen Witz erinnerte, den Renate mir mal erzählt hatte, über einen Schweizer, der sich ein Bein gebrochen hatte, weil er auf einer Schnecke ausgerutscht war: »Die ist mir von hinten unt’r den Fuß geprescht!«
    In dem Krimi ermittelten ein »Kommissär« und ein Hilfspolizist namens Tschanz gegen einen Halunken, dem sie nichts anhängen konnten, und die meiste Zeit ging mit Landschaftsbeschreibungen rum.
    Sie fuhren gegen Ligerz hinunter, hinein in ein Land, das sich ihnen in einer ungeheuren Tiefe öffnete. Weit ausgebreitet lagen die Elemente da: Stein, Erde, Wasser. Sie selbst fuhren im Schatten, aber die Sonne, hinter den Tessenberg gesunken, beschien noch den See, die Insel, die Hügel, die Vorgebirge, die Gletscher am Horizont und die übereinandergetürmten Wolkenungetüme, dahinschwimmend in den blauen Meeren des Himmels ...
    Gähnhähnlefähn. Das einzige Spannende war, daß man den Mörder nicht kannte, bis zuletzt herauskam, daß Tschanz die Tat begangen hatte.
    Hermann hatte mit dem Buch noch gar nicht angefangen, und er hielt sich die Ohren zu und rannte weg, als ich ihm verraten wollte, wie der Mörder hieß.
    »Tschanz war’s!« schrie ich

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