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Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Titel: Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Henschel
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dafür ins Feuer gelegt, daß ich an diesem Tag zum ersten und zum letzten Mal von irgendwem über den Merkantilismus ausgefragt worden war.
    Renate, unsere Studentin, weilte zu Besuch und stellte im Wohnzimmer aus Metall, Makrameegarn und Holzperlen einen Lampenschirm her, während Mama die Eßteller mit dem Abendbrot hereintrug und beiläufig danach fragte, wieviel Geld sie Renate für die geleistete Hausarbeit noch schuldig sei.
    »175 Mark 50«, sagte Renate, ohne von ihrer Knüpfarbeit aufzublicken, und da wäre Mama fast das Tablett runtergefallen.
    »Mann! Du bist ja vielleicht teuer!« rief sie, und dann fing der schönste Streit darüber an, was Renate hier angeblich schon im Frühjahr alles falschgemacht habe. Die Familie tagelang im Stich gelassen und so weiter und die ganze Hausarbeit auf Papa abgewälzt ...
    Das ließ Renate nicht auf sich sitzen. »Da hab ich doch vorgekocht und hinterher auch den ganzen Haushalt wieder in Schuß gebracht!«
    Mama hielt dagegen, daß Renate ja auch alle ihre Fahrstunden bezahlt kriege, und als das Gezänk immer wüstere Formen annahm, ging ich lieber auf mein Zimmer, das Radio abhorchen, wer mehr Stimmen erhalten hatte bei den Präsidentenwahlen, Carter oder Ford, aber das stand auch am nächsten Morgen um halb sieben noch nicht fest, als im ZDF eine Sondersendung für politisch interessierte Frühaufsteher anfing.
    Die ganze Welt schaute auf Washington, während ich armer Wurm zur Schule mußte, mit Schnupfen, um mich zwei Stunden lang mit dem Periodensystem und der Natur von Alkalimetallen herumzuquälen und gleich anschließend eine Mathearbeit in den Sand zu setzen.
    Auch mittags war noch nicht raus, wer die Wahlen gewonnen hatte. »Ich weiß gar nicht, was dich daran so fasziniert«, sagte Papa. »Das spielt doch überhaupt keine Rolle, welcher Lackaffe da im Weißen Haus sitzt. Kümmer dich mal besser um deinen Haarschnitt! Hab ich dir nicht gesagt, daß du zum Friseur gehen sollst?«
    So sah es aus, das graue Alltagsleben: Papiertaschentücher vollrotzen, Bohnensuppe schlürfen, Haare lassen müssen und nicht wissen, wer in den nächsten vier Jahren die Vereinigten Staaten regieren wird.
    Renate war noch schwerer erkältet als ich. Sie hatte inzwischen die letzte Fahrstunde vor der Prüfungswiederholung hinter sich gebracht und durfte es sich trotz Triefnase und dickem Hals auf keinen Fall erlauben, ein zweites Mal durchzurasseln.
    Ich hatte mir angewöhnt, nachmittags in meinem Zimmer Tee zu trinken und dafür das Geschirr mit dem blauen Japanmuster zu nehmen, aber nachdem mir insgesamt drei von den Teetassen, die ich benutzt hatte, beim Eintunken ins heiße Abwaschwasser zersprungen waren, sollte ich meinen Tee aus was anderem saufen, und ich latschte zu Comet, wo mir eine dickwandige Teetasse mit einer außen aufgemalten Jagdszene ins Auge fiel. Herr und Hund, und das Herrchen knallte mit der Flinte ein Rebhuhn oder sowas ab: Zusammen mit der Untertasse kostete der Pott sechs Mark, aber die war der Spaß mir wert.
    Im eigenen Zimmer sitzen, Nachrichten hören und schwarzen Tee aus einer eigenen Tasse trinken, mit Sahne und Kluntjes, friedlich und allein, das war’s. Da konnte es mir piepe sein, ob’s unten wieder rundging zwischen den jähzornigen Blutsverwandten.
    Die Verlierer des Tages hießen Gerald Ford und AC Turin: Jimmy Carter hatte die Präsidentschaftswahlen für sich entschieden, und im Europapokal waren die italienischen Brutalos auf dem Bökelberg über ein torloses Unentschieden nicht hinausgelangt und deshalb ausgeschieden. Drei der Turiner hatten die rote Karte gesehen! Noch einer mehr, und der Schiedsrichter hätte das Spiel abbrechen müssen.
    Auch die anderen deutschen Mannschaften waren weitergekommen. Wie wohl die Fußballfans in Ländern mit weniger guten Vereinen ihr Schicksal ertrugen? Die Luxemburger zum Beispiel, die Iren oder die Zyprioten: Denen mußte doch die Galle überlaufen, wenn sie ihre Stoppelhopser immer nur verlieren sahen?
    Am nächsten Morgen waren meine Handschuhe verschollen, und ich kam mit Eisklumpenpfoten zum Unterricht an. Der Mann mit der Todeskralle. Wie sollte ich denn so wohl ’ne Physikarbeit schreiben?
    Der Januar mit Frost und Reif
    macht leider nur die Finger steif ...
    Und dabei war’s erst Anfang November, also noch nicht einmal Mitte Herbst, sondern gerade mal erstes Drittel.
    In der sechsten Stunde waren meine Finger zwar besser durchblutet, aber dafür konnte ich mir auch nichts kaufen, als der

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