Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
Nudeln.
Beim Abendbrot machten wir eine Wurstscheibenschlacht am Eßtisch. Die Brote schmierten wir mit den Fingern, und ich feuerte meine Cowboypistole ab. Aus deutschen Landen frisch auf den Tisch! Wir hatten die Jalousie runtergelassen, damit uns keiner sehen konnte, und dann gingen wir alle drei im Ehebett schlafen.
Als nächstes kochte Renate Gulasch mit Kartoffelbrei, aber das schmeckte nicht wie sonst, und der Kaba abends hatte Haut drauf. Ich war ganz froh, als Mama und Papa wiederkamen, obwohl Mama erstmal schimpfte, weil überall im Haus Licht an war. »Was ist denn das hier für ’ne Festbeleuchtung?«
Mama war gereizt, weil sie sich für das Klassentreffen ein neues Kleid bei C&A gekauft hatte, und dann waren drei andere Frauen mit genau dem gleichen Kleid gekommen.
Um wie Huckleberry Finn auszusehen, zerrissen Uwe und ich uns im Wald die Anoraks. Lieber als Postbote wollte ich jetzt Globetrotter oder Kopfgeldjäger werden oder ein Floß haben, und weil ich meinen Anorak mutwillig ruiniert hatte, kriegte ich Hausarrest.
Papa saß am Eßtisch und bosselte an dem Modell von dem Haus, in das wir umziehen sollten. Das Dach und die zwei oberen Etagen lagen lose auf, und man konnte alles sehen, die Kinderzimmer, das Wohnzimmer, das Arbeitszimmer, die Küche und die Klos und die Garage. Die Fenster waren aus Plastik und die Treppenstufen aus Pappe.
Mit einer Kulimine bohrte ich hinter Papas Rücken in der Steckdose, bis ich einen Schlag im Arm und im Bauch kriegte und vor Schreck umfiel.
»Prost Mahlzeit«, sagte Papa. Jetzt hätte ich einen gewischt gekriegt. Das werde mir hoffentlich eine Lehre sein.
An Silvester durften Volker und ich mit Streichhölzern die Lunten der Tischraketen anzünden. Die Raketen jaulten, und dann kamen unten graue Würste raus. Aus Knallbonbons, die man an beiden Enden ziehen mußte, flogen beim Knall kleine Glücksschweinchen und Schornsteinfeger aus Plastik in die Bude.
Dann durfte auch der Tannenbaum geplündert werden. Am leckersten waren die Schokoladenkringel.
Draußen war alles matschig, und es regnete Bindfäden. Im Treppenhaus war Schimmel an der Decke, den Mama mit dem Handfeger wegbürsten mußte.
Das Buch mit Künstler Mäxchen gehörte Wiebke. Mäxchen war ein Bär mit Mütze, der malen konnte und mit einem Elefanten befreundet war, der Ziehharmonika spielte. Der Elefant hieß Jimmy.
Mein Wildwestfort hatte Palisaden, einen Turm mit Auskuck und ein Holzhaus. Wenn ich damit spielen wollte, zog ich meine Cowboyweste mit dem Sheriffstern an.
Als die Schule wieder anfing, holte Ingo Trinklein mich morgens ab, zusammen mit Rainer Waletzky und Hermann Kalb. Am Himmel funkelten die Sterne. Gott der Herr hat sie gezählet.
Hermann Kalb hinkte, weil sein eines Bein zu kurz war. Beim Fangen auf dem Schulhof machte er nicht mit, aber er hatte einmal bei einem Kämpfchen Paul Dickel untergebuttert.
Frau Kahlfuß las uns das Märchen von dem bösen Wolf vor, der sechs Geißlein gefressen hatte und schnarchte, und von der Geißenmutter, die dem Wolf den Bauch aufschnitt. Schnipp schnapp, schnipp schnapp, schneidet die Schere. Schon hat der Wolf ein Loch im Bauch. Heraus kommen alle sechs Geißlein! Lauft, Kinder! Schnell! Schnell! Steine herbei! Steine für den Bauch! Stich, stich, stich, das Loch ist wieder zu. Der Wolf wacht wieder auf. Er brummt: Ach, och, uch, auch, was rumpelt mir im Bauch?
Buschbrände löschen und auf der Wamerustation helfen, wenn die Leoparden krank waren, das war auch ein guter Beruf.
Weil der Löwe Clarence in der Serie schielte, sagte ich zu Wiebke, daß wir zusammen Daktari spielen könnten, mit ihr als Clarence, und sie heulte los, obwohl ich das nur als Witz gemeint hatte.
Mama erwischte mich mit einem Nimm 2 im Mund, das ich von Volkers Geburtstagstisch genommen hatte.
Wir hätten doch eine Abmachung, sagte Mama. Ich hätte versprochen, nie wieder was zu stehlen. Das Nimm 2 mußte ich in den Küchenmülleimer spucken, und dann kriegte ich Zimmerarrest.
Vom Fenster aus sah ich Uwe, Heinz und Kurt im Wäldchen spielen. Tom Sawyer wäre durchs Fenster geklettert und mit Huckleberry Finn auf eine Insel abgehauen, aber bis zum Rhein war es zu weit. Der hatte auch keine Insel, jedenfalls keine, die ich kannte, und wenn eine dagewesen wäre, hätte ich nicht gewußt, wie ich hinkommen soll.
An einer Stelle war die Tischplattenleiste kaputt, da konnte man die Leiste bis zur Tischecke rausziehen. Ich knickte ein Stück von der Leiste ab,
Weitere Kostenlose Bücher