Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
fruchtlos. Mittlerweile fing es auch noch an zu regnen. Ich gehe also kurzentschlossen zur Haustür, klingele und frage, ob ich auf den Baum klettern könne. Zuerst macht die Hausherrin große Augen. Da sitze nämlich unser Wellensittich. Großes Hallo: Aber selbstverständlich usw. Ich besteige dann mühsam den Baum und muß achtgeben, daß ich kein Blättchen verbiege. Ziemlich weit oben sitzt grinsend der Wellensittich. Ich strecke meinen Finger aus und keuche: »Komm, na komm!« Das Vieh hüpft von Ast zu Ast und schenkt meinem Finger nicht die geringste Beachtung. Irgendwann steigt es aber doch noch drauf. Ich klemme ihm mit dem Daumen den Fuß ein und klettere wieder abwärts. (Gar nicht so einfach mit nur einer freien Hand.) Auf der Hälfte der Strecke nehme ich das Vögelchen ganz in die Hand, damit es sich nicht noch den Fuß abreißt. Jedenfalls hab ich’s heil wieder heimgebracht. Und wenn’s das nächste Mal abhaut, soll’s entweder von selbst zurückkommen oder wegbleiben. Ich selbst mach überhaupt nichts mehr. Äff.
Holgers Rekorder hat jetzt ebenfalls seinen Geist aufgegeben. Unser Hobbyelektroniker hat auch das fertiggebracht. Wie? War gar nicht so schwer. Er hatte unser Radio und seinen Rekorder so geschickt aneinandergekabelt, daß es wie verrückt piepste. Und weil er mit dem Lautstärkeregler vom Rekorder so elegant die Tonhöhe und mit dem vom Radio die Lautstärke regulieren konnte, hatter ’ne Weile ’rumgepiepst. Als der Rekorder dann zu rauchen anfing und ganz heiß wurde, war’s bereits zu spät. Das Ding gab ab sofort keinen Laut mehr von sich. Immerhin ist das Radio noch heil. Den Rekorder kann man höchstens noch zum Spiegeleierbraten verwenden..
Was gibt’s denn sonst noch zu schreiben? Mein normales Pensum hab ich ja längst erfüllt. Ich hab aber noch keine Lust zu pennen. Oder vielleicht penn ich ja schon längst und träume bloß, daß ich schreibe. Gähn.
Weißt Du, was ich letzten Abend in meinem Sessel vorgefunden hab? (Blöde Frage.) Einen dicken, schwarzen Käfer. Der lag da im Polster und war wahrscheinlich am Gestank verreckt.
Eigentlich müßte ich noch Deutsch machen. Ich verspüre aber nicht den mindesten Drang dazu. Im Grunde kann mir ja auch gar nichts passieren: Ich hab keinen Blauen Brief gekriegt. Und wenn ich nich’ total absacke, müßte ich eine Runde weiterkommen. Aber bei den Schweinen in der Schulverwaltung weiß man ja nie. Die bringen alles fertig. Wenn ich das Abitur nicht schaffe, kann ich mich mit meinem Mittlere-Reife-Zeugnis besser gleich aufhängen.
Mann, ich möchte ja nicht wissen, was ich später wirklich mal werde! Das gibt noch ’ne Überraschung.
Und jetzt könnte ich mit dem Gelaber aufhören. Jetzt. Jetzt. Was is’n das für ’n Wort? Jetzt ... jetzt ... jetzt ... wie ein Urlaut aus dem Irrenhaus hört sich das an! Jetzt ... jetzt. Fast so schlimm wie Kapuze. Kapuze. Kapuze. Ka-pu-ze. Das soll Deutsch sein? Dschungelgermanisch wohl eher. Dschungel? Dschungel. Dschungel, Dschungel, Dschungel ...
Ich hör lieber auf (auf?), sonst schnapp (??) ich noch über. Plötzlich (?) kommt (!) mir (?!) jedes (!?) Wort (??) so (!?!) komisch (?!?) vor (???).
Tschüß?????
In Jugoslawien waren vier deutsche Terroristen verhaftet worden: Rolf Clemens Wagner, Brigitte Mohnhaupt, Sieglinde Hofmann und Peter Jürgen Boock. Obwohl das ganz normale Namen waren, hörten sie sich doch gemeingefährlich an, so wie Baader und Meinhof. Die Fernsehansagerin Hanni Vanhaiden hätte schon wegen ihrem Namen nicht so gut zur RAF gepaßt. Bei Mohnhaupt dachte man an Opiumschmuggel und Waffenhandel und bei Vanhaiden nur an netten Fernsehschnickschnack.
Von Hermann lieh ich mir ein rororo-aktuell-Taschenbuch über die Folterpraktiken in Argentinien aus.
»Picana« (Elektrofolter), Vergewaltigungen, Einführen von ausgehungerten Ratten in die Vagina, Verstümmelungen der Genitalien mit Rasierklingen, Lebendsektion ohne Narkose, Gliederamputationen mit elektrischen Sägen, Verbrennen mit Zigaretten und Lötkolben, Herausreißen von Finger- und Fußnägeln, Abziehen der Gesichtshaut. Diese Folterungen werden im Beisein von Ärzten durchgeführt, die den Folterknechten helfen, die Opfer so lange wie möglich am Leben zu halten, um von ihnen eine Aussage zu erhalten.
Der Fußballspieler Manni Kaltz hatte jedoch erklärt: »Ich fahr da hin, um Fußball zu spielen, nichts sonst. Nein, belasten tut mich das nicht, daß dort gefoltert wird. Ich habe andere Probleme.«
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