Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
Gemeinschaftskunde und dazu dann noch Latein, Musik und Tischtennis. Damit wäre ich bei 32 Wochenstunden.
Der Kochkurs war ohne Angabe von Gründen gestrichen worden. Später, als Student, würde ich mich also doch von Milchreis, Spiegeleiern und Spaghetti ernähren müssen.
Einen Tischtenniskurs wollte auch Volker belegen, und zu meiner grenzenlosen Überraschung nahm Papa noch am selben Abend mit einem Zollstock die Maße des oberen Flurs, um zu prüfen, ob der lang und breit genug für eine Tischtennisplatte sei, auf der wir üben könnten.
Die letzte Woche vor den Sommerferien verbrachte Wiebke mit ihrer Klasse in einem Zeltlager in einem Kaff namens Lünne, und es war nur gerecht, daß sich direkt nach Wiebkes Abreise ein Unwetter zusammenbraute. Der Himmel verfinsterte sich, von Griesgrau über Dunkelgrau zu Schwarzgrauviolett, der Wind frischte auf und drehte die helle Unterseite der Blätter der großen Birke im Garten nach oben, und als der Wettergott genug Luft geholt hatte, ging ein wolkenbruchartiger Regenguß nieder, dem man ansah, daß er in der Lage war, auch ganz Lünne unter Wasser zu setzen. So stellte ich mir das jedenfalls mit Wohlbehagen vor. Denn welches arme Schwein durfte sich jetzt eine Woche lang um Wiebkes Hamster kümmern?
Von Michael kam eine Ansichtskarte aus der englischen Stadt Brighton, mit einem Gebäude namens Royal Pavilion vornedrauf.
Hallo! Dem Foto auf der Postkarte hier nach zu urteilen, könnte ich auch in der Türkei sein. Aber sowas finden eben auch die Briten schön. Du müßtest das Ding mal bei Nacht sehen, da wird es nämlich noch grün, blau und lila angestrahlt. Ein Ausbund an Scheußlichkeit. Genauso wie das Essen hier manchmal. Ich hab noch Glück gehabt. Meine Gastgeber kochen recht anständig. Aber wenn ich so die anderen höre ... Der eine kauft sich für abends schon immer Kekse und Salzstangen, damit er das Essen auslassen kann. Die Leute hier essen ja abends warm. Da liegt einem das Zeug dann noch schlimmer im Magen. Brighton selbst ist ganz ordentlich. Vor allem sehr groß. Da gibt’s in einer einzigen Straße mehr Geschäfte als in ganz Koblenz. Aber die Schule mit dem Sprachunterricht ... vier Stunden, dreimal die Woche! Da flippst Du aus. Und zwar vier volle Stunden! Von eins bis fünf. Zum Glück ist um halb vier immer große Pause. Da mach ich mich jedesmal vom Acker. Wie die meisten andern übrigens. Es zwingt uns ja keiner, da hinzugehen. Höchstens die Langeweile. Kommen wir ein paar Mal nicht zum Unterricht, dann wird ein Brief mit entsprechender Mitteilung nach Hause geschickt. Aber ich komme schon vor meinen Eltern wieder nach Hause. Also alles kein Problem.
Tschüß denn, bis bald.
Was der mit seiner Minischrift so alles auf die Rückseite einer Karte kriegte!
Nachdem es noch einmal wahnsinnig geschüttet hatte, zeigte sich am Himmel ein doppelter Regenbogen: ein kräftig leuchtender kleinerer mit einem größeren, obendrüber, der ein bißchen blasser schimmerte.
Wenn man sich das so ansah, konnte man verstehen, weshalb Noah nach der Sintflut einen Regenbogen als göttliches Segenszeichen betrachtet hatte.
Vor den Bundesjugendspielen, die im Hindenburgstadion stattfinden sollten, hätte ich mich gern gedrückt. Mir sei schwindelig und übel, sagte ich morgens zu Mama, doch das nahm sie mir nicht ab.
Der strenge Achselschweißgeruch in der Umkleidekabine gab mir den Rest. Wozu sollte ich hier in einer Turnhose herumrennen und über Hürden hoppeln? Das war meiner unwürdig.
Als das Startsignal zum Einhundertmeterlauf auf der Aschenbahn unmittelbar bevorstand, fiel mir ein, was ich tun könnte, nämlich ganz gemütlich dahintraben und einen Weltminusrekord aufstellen: 100 m in gut anderthalb Minuten ...
Aber würden dann die Lehrer nicht ausrasten?
Na, dann laß sie doch ausrasten, sagte ich mir.
»Auf die Plätze!« schrie der Lehrer, der bei uns am Start stand. »Fertig ... los!«
Meine Konkurrenten sprangen auf und zischten davon wie die gehetzten Hasen. Ich folgte ihnen in einem bequemen Laufschritt.
»Was ist denn mit dir los?« brüllte mir der Pauker hinterher, der das Startsignal gegeben hatte. »Du sollst rennen, du Idiot!«
Ich hörte auch noch einen anderen Pauker meckern: »Willst du uns hier alle für blöd verkaufen?« Aber von der Tribüne, wo ein Haufen Schüler saß, bekam ich Applaus und aufmunternde Zurufe: »Ey, Alter, leg mal ’n langsameren Gang ein!«
Die Ziellinie erreichte ich nach 58 Sekunden als
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