Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Titel: Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Henschel
Vom Netzwerk:
nicht »Fahrradnarbe« hätte heißen müssen. An meinem eigenen Fahrrad existierte vermutlich auch irgendwo eine »Nabe«, aber wie die aussah, wo sie sich befand und welchem Zweck sie diente, das war mir ein Rätsel.
    An die Serie Pinocchio hatte ich diesesmal genau zur rechten Zeit gedacht, und ich freute mich, bis ich merkte, daß der Rekorder beim Aufnehmen Bandsalat produzierte: Mehr als ein halber Meter des Kassettenbands hatte sich bereits in den Innereien des Rekorders verfangen, und es war ein mächtige Friemelei, das zerknitterte Band da wieder herauszupulen.
    »Aus meinem historischen Bewußtsein ist Deutschland nicht zu tilgen«, verkündete der Schriftsteller Martin Walser im Stern . »Wir müssen die Wunde namens Deutschland offenhalten.«
    Wieso Wunde? Und wieso offenhalten? Hätte man diese Wunde nicht lieber verheilen lassen sollen? Und war es denn nicht höchst erfreulich, daß die Alliierten Deutschland nach dem Sieg über die Nazis in zwei Hälften gehauen hatten? Und hatte dieser Walser nicht früher für die DKP Reklame gemacht?
    Um seine Pfründe zu sichern, hatte nun auch der nicaraguanische Diktator Somoza das Kriegsrecht verhängt. Überall brach die Revolution aus, nur in Meppen nicht.
    In Musik spielte der Behrendt auf dem Flügel das Stück »Der fröhliche Landmann«. Da sehe man, rief er, den schmutzbedeckten Bauern doch förmlich vor sich, wie er frohgemut und tatendurstig seinen Holzpflug über die Scholle wuchte. Etwas ganz anderes sei die Frage, für welche Garderobe man sich aus feierlicheren Anlässen entscheide. Er habe kürzlich in Osnabrück einen Kirchenchor singen gehört, und die Sänger hätten allesamt ihre Alltagsklamotten angehabt. Das sei ein Zeichen der Respektlosigkeit, sowohl vor dem Publikum als auch vor dem aufgeführten musikalischen Kunstwerk.
    Und dann Bio. Ich sagte es keinem, aber ich wußte, was niedermolekulare und hochmolekulare Stoffklassen, die Aminosäuren, die Peptide, die Primärstruktur der Eiweiße, die Mitochondrien und die Chromoplasten mich konnten: Die konnten mich alle mal.
    Du sollst dir kein Bildnis machen, sagte die Bibel, doch die elektronenmikroskopischen Aufnahmen von Zellkernen waren offenbar erlaubt. Die gehörten sogar zum Schulstoff, selbst im erzkatholischen Meppen, obwohl das menschliche Auge vom lieben Gott nachweislich nicht dazu geschaffen worden war, dem Schöpfer durch das Schlüsselloch seiner Schlafzimmertür zu linsen und einen Blick auf das biochemische Geturtel zwischen Tripeptiden und Hämoglobinmolekülen zu werfen. Es reichte völlig, wenn das Mediziner machten. Oder Lebensmittelchemiker, von mir aus, um die Genießbarkeit des endoplasmatischen Reticulums ergrauter Leckerschmeckerzellen zu überprüfen.
    In der Pause erzählte mir Hermann, daß sein unmusikalischer großer Bruder den Behrendt einst durchs Falschsingen fast um den Verstand gebracht habe. Und als er selbst, also Hermann, dann aufs Gymnasium gekommen sei, habe er gerade den dunkelgrünen Pullover von seinem Bruder geerbt, und der Behrendt habe sich die Hände vors Gesicht geschlagen und gestöhnt: »O nein! Da ist wieder einer mit dem grünen Pullover!«
    Singen konnte Hermann ungefähr so gut wie eine mit rostigem Draht strangulierte Wasserratte.
    Das Wetter sei herrlich, schrieb Renate uns aus Frankreich, und am Strand, wo sie jeden Tag mit Olaf faulenze, gebe es ein Restaurant, in dem man ganz billig riesige Muschelportionen bekomme. Auch der Fisch sei dort sehr lecker.
    Studentenleben!
    In London war die Terroristin Astrid Proll verhaftet worden. Wenn ich die gewesen wäre, hätte ich mir ja gesagt, daß Astrid Lindgren wahrscheinlich mehr für die Menschheit getan hätte als ich.
    Bei meiner systematischen Lektüre der Weltliteratur war ich bei den »Upanischaden« angekommen: Das waren heilige, zwischen 700 und 200 vor Christus in Sanskrit verfaßte Schriften aus Indien, wobei man sich vergegenwärtigen mußte, daß die Verfasser natürlich noch gar keine Ahnung gehabt hatten von Christus.
    Da zog ein Zwölfjähriger aus, um die Veden zu studieren, und hatte nach zwei Dutzend Jahren der Unterweisung in die Geheimnisse des Seins noch so gut wie nichts kapiert von der zeitlosen Weltenseele, der Fülle der Gottheit und der Tatsache, daß der Mensch aus sechzehn Teilen bestehe. Das stand da so. Manches las sich wie das Protokoll einer vorsintflutlichen Chemiestunde: Danach waren Glut, Wasser und Nahrung die Urstoffe alles Seienden, und der Schüler

Weitere Kostenlose Bücher