Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
beschäftigen, der Zelle. Jedes Lebewesen, ganz egal ob Mensch oder Tier oder Pflanze, bestehe aus Zellen, die sich hauptsächlich aus den Elementen Wasserstoff, Kohlenstoff, Stickstoff, Sauerstoff, Phosphor und Schwefel zusammensetzten ...
Und ich hatte gedacht, ich wäre diesen Mist endlich los. Jetzt mußte ich auch in Biologie Chemie durchnehmen. Ich hätte, ehrlich gesagt, lieber was über Puschelschwänzchen gelernt als über molekulare Zellenbausteine.
In Teheran hatte der Schah das Kriegsrecht verhängt. Der wollte unbedingt an der Macht bleiben, und dabei hätte er es sich mit seinen zusammengeräuberten Millionen im Exil doch viel bequemer machen können als auf seinem angesägten Pfauenthron. Mir hätte die CIA eine Milliarde Dollar rüberschieben können, und ich hätte trotzdem keine Lust dazu gehabt, die persischen Regierungsgeschäfte zu übernehmen, auch nicht mit allen diktatorischen Vollmachten. Für den Schah Reza Pahlevi sah die Sache natürlich anders aus, denn der kannte nichts anderes.
Zu spät für den Rest der Familie, aber nicht zu spät für mich, fing im ZDF um fünf nach elf ein Horrorfilm an, in dem gefühllose Außerirdische die Menschheit übermannten.
»Denk dran, daß du morgen gleich zur ersten Stunde rausmußt«, hatte Mama gesagt, und als ich dann selbst ins Bett gehen wollte, stolperte ich auf der Treppe über einen von Wiebkes Turnschuhen, der da bekloppterweise rumlag.
Daß die jetzt auch aufs Kreisgymnasium ging, kam mir merkwürdig vor. War die nicht bis vor kurzem noch in Gummihosen rumgelaufen?
In der Ersten war am Montag Englisch bei einer Megäre, die in voller Kriegsbemalung einlief, angepinselt und garniert wie für den Kölner Karneval, mit klappernden bunten Ohrringen, grünem Lidschatten, pudrigen Wangen und in schreiendem Rosa lackierten Fingernägeln.
»Ich bin Fräulein Göde«, sagte sie und fächelte sich mit einem violetten Ringbuch Luft zu. »Finden Sie es auch so schwül hier?«
»Hier isses doch gar nicht so schwul«, bemerkte der Bohnekamp, was ihm einen Lacher eintrug, aber die Göde tat so, als ob sie das überhört habe, und damit war ihr Schicksal besiegelt: Bei der konnte man sich Frechheiten erlauben.
Der Lateinlehrer Dahlke war von anderem Kaliber: Der ließ nur sich selbst zu Wort kommen und quasselte in einer Tour übers Wetter und übers Fernsehprogramm, über Bodybuilding, Karies, Heizkosten und Damenschuhe, über die Käfighaltung von Hühnern, über die Außenhandelsbilanz der Warschauer-Pakt-Staaten und über die enormen Gedächtnisleistungen professioneller Schachspieler, ohne sich groß um den Unterrichtsstoff zu kümmern.
Omnia Gallia in tres partes divida est ...
Hermann hatte währenddessen Französisch gehabt. Hinsichtlich der politischen Situation im Iran teilte er mir in der großen Pause mit, daß es ihm ein Vergnügen wäre, dem abgedankten Schah zu einer Lehrstelle als Maurer zu verhelfen und ihn auf diese Weise zu resozialisieren. »Der weiß doch überhaupt nicht, was Arbeit ist! Und damit meine ich natürlich körperliche Arbeit! Mein Onkel, der hätte in Rütenbrock und Umgebung als Bauunternehmer mannigfache Verwendungsmöglichkeiten für einen rüstigen Senior wie Reza Pahlevi, von ganz einfachen Verrichtungen wie Sandschaufeln bis hin zu anspruchsvollen Spezialaufgaben. Als Polier würde ich den Schah fürs erste ein paar Monate lang mit einem Preßlufthammer Betonfundamente aufstemmen lassen und dann mal weitersehen ...«
Das Fach Werte und Normen wurde vom Ruffhold erteilt, und der sonderte auch erst einmal eine Menge Quark ab: Die Südländerinnen seien ja so hinreißend schön, doch sie würden fürchterlich schnell altern, und Frauen über dreißig sollten am besten überhaupt keine Kinder mehr kriegen, denn die hätten ein Recht auf eine körperlich unverblühte Mutter. Er sei es aber leid, sich auf Streitgespräche über solche und ähnliche Themen einzulassen. Ein erzürnter und um Argumente verlegener Schüler habe einmal zu ihm gesagt: »Das ist doch alles Scheiße, was Sie da sagen.« Diese Aggressivität mache ihm zu schaffen. Er fresse das alles in sich hinein, und daher würden auch seine chronischen Magenbeschwerden rühren.
Danach bat er um Stille und las das Gedicht eines Juden vor, der die Gefangenschaft in Auschwitz überlebt hatte.
Schwarze Milch der Frühe wir trinken sie abends
wir trinken sie mittags und morgens wir trinken sie nachts
wir trinken und trinken
wir schaufeln ein Grab in
Weitere Kostenlose Bücher