Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
eines brutalen, bis an den Rand des Wahnsinns verbitterten Relikts der Pionierzeit ...
Ja, da fragte man sich doch, weshalb dieser Klassiker aus dem Jahr 1956 noch nie im Fernsehen gezeigt worden war oder jedenfalls noch kein einziges Mal in der Zeit, seit ich bis zum Programmschluß fernsehkucken durfte.
Als ich wieder ins Wohnzimmer ging, sah ich Papa den Deckel der Anlage so ungestüm hochreißen, daß die Nadel versprang.
»Welcher Idiot läßt denn hier einfach so den Plattenspieler laufen, ohne zuzuhören?« rief Papa und schaltete alles aus.
»Ich!« sagte ich. »Weil ich hier was aufnehmen wollte! Und jetzt kann ich wieder ganz von vorne anfangen, weil du gerade die gesamte Aufnahme versaut hast!«
Papa stutzte, doch dann fing er sich und sagte: »Soll ich das vielleicht riechen? Stell das nächste Mal gefälligst ’n Schild auf! Sonst denkt doch jeder, daß hier sinnlos Strom verplempert wird!«
In dem Film »Paper Moon«, der im ZDF lief, spielte Ryan O’Neal einen Bibelverkäufer, der in den dreißiger Jahren in den USA herumreiste und die Leute behumpste, gemeinsam mit einem kleinen Mädchen, das von seiner Tochter Tatum O’Neal dargestellt wurde.
Mich hatte nie jemand gefragt, ob ich Lust dazu hätte, als Kind in einem Hollywoodfilm mitzuspielen, und nun war’s dafür ja wohl auch zu spät.
Endlich, endlich wiederholte das ZDF den alten Weihnachtsvierteiler mit Tom Sawyer und Huckleberry Finn, im Nachmittagsprogramm. Ich hätte ja schon bald nicht mehr daran geglaubt, daß ich das alles jemals wiedersehen dürfte – den Schaufelraddampfer auf dem Mississippi, die Erdklumpen, mit denen Tom seinen doofen Bruder Sid beschmiß, die zynische Fresse des Indianer-Joe und die Gesichter all der anderen alten Bekannten, von Tante Polly über Muff Potter bis zur Witwe Douglas.
Den beknackten David Balfour hätten die Programmverantwortlichen dagegen in der Maiskolbenpfeife rauchen können.
Im Iran waren die Arbeiter in den Generalstreik getreten. Auf den Straßen demonstrierten sie zu Tausenden und steckten Autos in Brand und trugen riesige Bilder der Birne des Schiitenführers Ayatollah Chomeini herum, der in meinen Augen aber auch nicht gerade vertrauenerweckend aussah, sondern wie ein mieser alter Griesgram, der nicht den geringsten Spaß am Leben hatte und erst recht keinen am Leben irgendwelcher Ungläubigen.
Die Schiiten und die Sunniten waren mindestens so schlecht aufeinander zu sprechen wie die Katholen und die Evangelen in Europa im Zeitalter der Reformation, und dazu gab’s im Morgenland auch noch die Kopten und die legendären Drusen und alle möglichen anderen religiösen Fanatiker. Den Schah zu verjagen, das war das eine, aber wer wollte sich denn von einem muffeligen Ayatollah regieren lassen?
Ichhichlefich nichthichtlefich. Dashaslefas standhandlefand festhestlefest.
Witzig fand auch Papa einen Fernsehfilm nach einem Drehbuch von Heinrich Böll: Da wollte eine verrückte Omi das ganze Jahr über Weihnachten feiern, jeden Abend, und ihre Sippe spielte gezwungenermaßen mit, obwohl die gekünstelte Feierei allen Teilnehmern zum Halse heraushing und es kaum noch jemand ertragen konnte, so zu tun, als ob.
Die Frage war, ob wir nicht selbst schon so getan hatten, als ob. Also als ob wir eine scheinbar glückliche Familie wären, die sich selbst das Dasein einer glücklichen Familie vorgaukelte. Denn im Grunde paßten wir ja alle nicht zusammen: Mama sehnte sich nach einem Leben voller Tanzvergnügungen, Papa sehnte sich nach einer Frau, die darauf scharf war, Bohnen einzukochen, Volker sehnte sich danach, auf einem Motorrad möglichst viele Kilometer zwischen sich und Meppen zu bringen, Wiebke sehnte sich vermutlich nach einem Schlaraffenland voller Stricklieseln und Lakritzetüten, und ich selbst sehnte mich nach einer Freundin, die zu mir sagen würde: »Ich liebe dich. Vergiß deine Familie. Laß uns weggehen von hier.«
In konkret wies Hermann L. Gremliza darauf hin, was geworden wäre, wenn Fidel Castro klein beigegeben hätte: Kuba wäre ohne die politische und militärische Stärke heute wieder der Weekend-Puff der USA, mit Hunger, Syphilis, Analphabetismus und einem fetten kleinen faschistischen Diktator.
Tja. Und dem hätte die Nato Waffen geliefert, und Franz-Josef Strauß hätte ihm gratuliert, so wie er es in Chile getan hatte, im Hofstaat des Despoten Pinochet.
Was Papa sich wohl so dachte bei alledem? Auf der Erprobungsstelle wurden ja auch Waffen getestet, die
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