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Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Titel: Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Henschel
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werden.
    »So viel Pech an einem einzigen Tag, das ist selbst für meine Verhältnisse ungewöhnlich«, sagte Michael, als Holger abgeknattert war und wir am Straßenrand vor uns hingammelten. »Das hab ich wahrscheinlich dir zu verdanken. Wo du hinkommst, da verdichten sich die Pechsträhnen.«
    Michael und Holger begleiteten mich am Sonntag zum Vallendarer Bahnhof. Bei strahlendem Sonnenschein setzten wir uns in Bewegung. Doch kaum waren wir ein paar hundert Meter weit gepilgert, zogen dunkle Wolken vor die Sonne. Ein Eingeborener, der uns oben auf dem Wilgeshohl entgegenkam, gab ungefragt eine Wetterprognose ab: »Et gitt sischalisch gleisch ä Gewidda!«
    Und da hatte er beinahe richtig geraten. Es prasselte ein Hagelschauer los, mit Trillionen fiesen Körnern, der nach und nach in einen Dauerregen überging, und als wir in Vallendar vollständig durchnäßt am Bahnhof eintrafen, hatte der Fahrkartenschalter geschlossen.
    »Ich wette, wenn ich weg bin, scheint die Sonne wieder«, sagte ich.
    Die Fahrkarte mußte ich im Zug lösen. Von Vallendar nach Bonn und dann mit Mama und Wiebke im Auto weiter nach Meppen. Und ich Dämlack hatte meine Bücher in Vallendar vergessen! Lieber langweilige Bücher als überhaupt keine.Wenn ich das ganze Wochenende über in meinem Zimmer geblieben wäre, hätte ich’s gemütlicher gehabt.
    Wir kamen gerade noch zur rechten Zeit für einen Hitchockfilm in Meppen an. Zu sehen gab’s da eine alte Frau, die sich in Monte Carlo als »Gesellschafterin« betätigte und ihre Zigaretten in Schminktöpfen ausdrückte, und bei allen Autofahrten konnte man erkennen, daß die Schauspieler gar nicht wirklich fuhren, sondern daß hinter denen irgendein anderswo aufgenommener Straßenverkehrsfilm ablief.
    Und dann der Typ, den die Heldin unbedingt heiraten wollte: Was fand die bloß an dem gelackten Affen? Der hatte ’ne dicke Villa und Geld wie Heu, aber sonst? Orientierten sich die Frauen bei der Wahl ihrer Männer denn allein nach dem Zaster und kein bißchen nach dem Grips?
    In der großen Pause drückte Hermann mir eine Ausgabe der tageszeitung in die Hand: »Lies doch mal diesen Artikel hier ...«
    Der stammte von einem gewissen Johannes, der sich in gebrochenem Deutsch radikal gegen die Entfremdung, den Kapitalismus, den Sozialismus, den Rationalismus, den Materialismus, die Arbeitshetze, die Uhren und die verbale Kommunikation aussprach:
    Ich bin gegen die verbale Sprache, diese abstrakte, als einzigem anerkannten zwischenmenschlichen Kommunikationsmittel, ich bin für eine fließende Kommunikation der Bäuche, Ohren und Zehenspitzen, der Mösen, Ärsche und Schwänze ...
    Wie bitte? Die fließende Kommunikation der Mösen, Ärsche und Schwänze?
    »Was sagst du dazu?« fragte Hermann.
    Zur Kommunikation der Ärsche fiel mir nur das Lied vom General Schlambambes und seiner Frau Elisabeth ein:
    Sie liegen beide Arsch an Arsch
    und furzen den Radetzkymarsch.
    Über den Damenbart der Borowski wurden viele faule Witze gerissen, aber man mußte ihr lassen, daß sie mir für meine Englischklausuren regelmäßig elf oder zwölf Punkte gab, obwohl ich mich noch nie auf eine vorbereitet hatte.
    Lesen sollten wir jetzt »Long Day’s Journey into Night« von Eugene O’Neill. Ich ließ es gnädigerweise bei der Lektüre des entsprechenden Abschnitts in Georg Hensels Theaterführer bewenden:
    Ein Tag aus dem Leben der Familie Tyrone, im August 1912. Sie sitzt um einen Tisch – eine geballte Ladung der Selbstquälerei. Jeder belauert jeden ...
    Mehr brauchte ich nicht zu wissen. Eine Familie, in der jeder jeden belauerte, kannte ich schon, und es wäre die nackte Selbstquälerei gewesen, diesen ganzen Mist in einem Drama nachzulesen, das ich sowieso schon jeden Tag erlebte.
    Tante Gisela hatte mir einen Geschichtsatlas zukommen lassen. Den hatte sie dem Dellbrügge abgeluchst. Der bestellte sich immerzu Rezensionsexemplare, aber nur, um sie zu horten, und für die Verlage, die nachfragten, wo denn die Rezensionen blieben, mußte Tante Gisela sich Ausreden zurechtlegen.
    Der Wolfert war nicht darum herumgekommen, meine jüngste Deutschklausur mit vierzehn Punkten zu bewerten. Und er teilte mir ausdrücklich mit: »Wenn Sie Ihre vornehme Zurückhaltung im Unterricht ablegen könnten, würde sich das auch auf Ihre Zeugnisnote auswirken.«
    Der ahnte nicht, wie lächerlich egal mir meine Zeugnisnoten waren, wenn ich nur das Abitur bestand.
    In der Stadtschänke unterbreitete ich Ralle den Vorschlag,

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