Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
inspirieren lassen. Ich wandle zwischen den Regalen entlang, und wenn ich mich von einem Buch magisch angezogen fühle, dann nehm ich’s. Bei meinem Pech ist es sicher wieder sowas wie Bukowski oder »Lolita«, so daß mich die Verkäuferin schief ankuckt. Ich kann mich schon in keinem Laden mehr blicken lassen, weil ich überall in meiner Ahnungslosigkeit die schlimmsten Sachen gekauft habe. Ist ja auch ’ne Schweinerei: Da steht da ganz harmlos ein Buch mit dem Titel »Der Mann mit der Ledertasche« von Charles Bukowski. Den Namen habe ich noch nie gehört. Vorsichtig, wie ich bin, lese ich, was auf den ersten Seiten steht, besonders das »Zu diesem Buch«: Das Ganze handele vom Leben eines Postboten. Hinten auf dem Deckel steht, daß Sartre diesen Bukowski für den besten Schriftsteller Amerikas halte. Was kann da noch schiefgehen? Ich kaufe also das Buch, und zuhause gehen mir die Augen über: Vergewaltigung (genauestens beschrieben). Bordelle und so weiter. Und dann fällt mir auch mit einem Male der Artikel ein, den ich im »Stern« über Bukowski gelesen habe. Da war ein Foto, wie er in Unterhosen in einem verlausten Zimmer aus einem zerwühlten Bett steigt. Der Text dazu redete von Säufer und Gammler und ähnlichem, aber von einem großen Genie. Sowas fällt unsereinem natürlich zu spät ein.
Gestern war ich im Kino. Walt Disney, »Die Hexe und der Zauberer«. Einsame Spitze! Besser als »Bernard und Bianca«! Ich kann die Leute nich’ verstehen, die nicht in solche Filme gehen. Schade bloß, daß Du ihn wahrscheinlich nicht zu sehen bekommst. Ist nämlich kein neuer Film. Den haben sie nur gebracht, weil Ferien sind. Mannomann, so was könnte ich mir dreimal hintereinander ansehen. Pech natürlich auch wieder hierbei: Weil ich keinen Schülerausweis hatte, mußte ich zwei Mark blechen. Scheiße.
Gestern packte mich die Anstreichwut. Weil gerade ein Pott mit schwarzer Farbe bei mir ’rumstand, hab ich meinen Stuhl schwarz angemalt. Natürlich nur das Holz, nicht das Polster. Auch mein Füller erglänzt nun in modischem Schwarz. Leider klebt die Sache ein wenig, und außerdem habe ich jetzt einen schwarzen Notenständer, zumindest teilweise, weil zum Glück die Farbe ausgegangen ist. Wer weiß, sonst hätte ich jetzt vielleicht noch schwarze Wände.
Das Buch hab ich mir jetzt auch geholt. Es ist eins von Sartre geworden. Relativ sichere Angelegenheit, obwohl der Bukowski empfiehlt. Und einige Sachen von Sartre sind ja auch nicht ganz stubenrein, aber doch nicht mal halb so wild wie Bukowski, die Sau.
In fünf Tagen is’ wieder Schule. Das darf nicht wahr sein. Kotz! Du hast Dich inzwischen vermutlich eingewöhnt, und es ist so, als wären niemals Ferien gewesen. Du hast den Schock schon hinter Dir. Aber ich! Das überleb ich nicht. Ich mach bestimmt schlapp. Und dann diese ganzen verdammten Grundkursarbeiten! Mathe und Erdkunde! Und Kurswochen sind demnächst auch wieder. Ich erschieß mich! Die Zeit bis zu den Sommerferien übersteh ich einfach nicht! Ich bleib sicher hängen. Oder ich häng mich auf! Und ich Trottel pinsele hier auch noch alles schwarz an – sogar die Schrift is’ schwarz! Da muß man ja bekloppt werden.
Jetzt kommt die letzte halbe Seite. Das gibt ein Desaster. Lies sie lieber nicht. Sonst steckst Du Dich noch an. So viel Schwachsinn. Auf so wenig Raum. Wie in der Computertechnik.
Nein, ich schaff’s nicht mehr. Ich erspar Dir und mir diese letzte halbe Seite.
Hallodriooo – der schmale Blonde mit dem schwarzen Füller.
Bei Wiebkes Hamster Lotti war schon wieder was unterwegs. Wahrscheinlich hatte Papa in der Zeit, als ich mich in Vallendar aufgehalten hatte, nicht gut genug aufgepaßt, beim Durcheinanderrennenlassen der ganzen verflixten Sippschaft.
Ich wollte jedenfalls auf keine Fälle jemals wieder irgendeinen neuen Scheißgoldhamster versorgen müssen. Niemals mehr!
Der Schornsteinfeger, der bei uns aufs Dach stieg, sah wie einer aus dem Bilderbuch aus – verrußt von Kopf bis Fuß. Mama gab ihm fünf Mark Trinkgeld mit auf den Weg zum nächsten Schornstein.
Was für ein elender Beruf! Nützlich, sicherlich, okay, aber wie langweilig: Schornsteine ausbürsten! Blüärghh!
Von meinem Geld kaufte ich mir als nächstes eine LP mit Konzerten für Orgel und Orchester von Händel, und ich machte ein Musikaliengeschäft ausfindig, um mir auch die Noten davon zu besorgen. Die wollte ich dann beim Hören lesen. Ich war schon gespannt auf das Aussehen der
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