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Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Titel: Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Henschel
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Moorbachs Doppelkonfirmation, die am Sonntag stattfinden sollte. Am Montag wollte Mama Oma und Opa wieder nach Jever chauffieren und anschließend mit Wiebke nach Meppen zurückkommen.
    Was für ein Wahnsinnsherumgesause! Die viele Autofahrerei machte Mama aber gar nichts aus.
    Papa trug mir auf, der Hamstermutter frischen Löwenzahn zu servieren. Die Jungen nuckelten wie wild an der Alten herum. Wenn die gewußt hätten, was ihnen für eine traurige Zukunft bevorstand! Zwischen Laufrad, Plastikhäuschen und Käfigdeckel herumkraxeln, nie richtig ausschlafen können, irgendwelchen blöden Pipimädchen gehören und nach zwei Jahren Gefangenschaft abkratzen.
    In Alfred Hitchcocks »Marnie« spielte Tippi Hedren eine Kleptomanin. Tippi Hedren hatte auch in »Die Vögel« mitgespielt, in einer Nebenrolle, neben den Vögeln, und da hatte sie mich nicht gestört, aber in der Hauptrolle? Wer wollte denn zwei Stunden lang dieser schauerlich frisierten Ziege ins Gesicht sehen?
    Hundertmal aufregender war dann ein Hitchcockfilm mit Cary Grant und Ingrid Bergman, die als FBI-Agentin einen uranschmuggelnden Nazi heiratet, um ihn auszuspionieren, und in Lebensgefahr gerät, als er dahinterkommt. Im Spiegel stand, daß dieser Film in Deutschland zuerst in einer verstümmelten Fassung gelaufen sei:
    Die in deutschen Kinos gezeigte verfälschte Synchronisation von 1952 – Nazis waren durch südamerikanische Rauschgift-Händler ersetzt worden – wurde vom ZDF nach der Originalversion neu übersetzt.
    Unglaublich! Was für eine Unverschämtheit, den empfindsamen alten Nazis in Deutschland zuliebe die Spielfilmhandlung zu manipulieren! Da packte einen ja noch nachträglich die Wut. Und die Lust, diesen Betrügern in die Suppe zu spucken. Länder in drei Kontinenten überfallen und besetzen und sechs Millionen Juden umbringen, das hatten sie gekonnt, die Nazis, aber ein paar Leute ihresgleichen auf der Leinwand als Schurken zu erblicken, das durfte ihrem zarten Gemüt sieben Jahre nach Kriegsende nicht zugemutet werden.
    Skrupellose Massenmörder an der Front und im Privatleben Mimosen.
    Mama kochte Tee, als sie mit Wiebke wieder da war, und fing an, von der Konfirmation zu erzählen, aber wenn es irgendetwas gab, wofür ich mich noch weniger interessierte als für Desoxyribonukleinsäure und die Sätze des Pythagoras, dann war es der Verlauf der Konfirmationsfeierlichkeiten in Itzum.
    Wiebke mußte gleich wieder ihre Sachen packen für die Reise nach Douai, wo sie als Austauschschülerin hinsollte, gegen ihren Willen, für eine Woche. Und infolgedessen durfte ich mich abermals um die verfluchte Dynastie der Hamster kümmern.
    Am Dienstag stand Volkers Name in der Meppener Tagespost , in der Liste der 1979er Abiturienten des Gymnasiums Marianum, wenn auch nur kleingedruckt und gut versteckt in der alphabetisch geordneten Aufzählung:
    ... Schirrwagen, Petra, Meppen-Borken; Schlosser, Volker, Meppen; Schmitz, Stefan, Haren ...
    Wenn da auch mein Name stünde, 1981, wäre ich ein freier Mensch. Oder ein fast freier, denn erst einmal würde ja noch die Bundeswehrzeit kommen. Oder die Zivildienstzeit. Oder – eine ganz neue Idee – ein halbes Jahr Bundeswehr und dann verweigern und ein Buch über die Zeit beim Bund schreiben.
    Was war besser, die Nato oder der Warschauer Pakt? Ein Militärbündnis, das Dikaturen in Südamerika und sonstwo unterstützte oder eins, das sich aus lauter diktatorisch regierten Staaten zusammensetzte?
    »Lies das mal«, sagte Mama und legte mir das Feuilleton der neuen Zeit hin. »Den Kommentar von Fritz Jott Raddatz zu dem sogenannten Hausarrest, der diesem Robert Havemann in der DDR von den Öberen auferlegt worden ist und wie der Havemann von der Polizei überwacht wird ...«
    Es gleicht der Lächerlichkeit einer Farce. Da rudern sie in ihren dicken Uniformen schwitzend auf dem See vor Havemanns Haus, kriechen durchs Gebüsch und hindern ein sechsjähriges Kind am Schulbesuch: heroische Klassenkämpfer. Und drinnen im Haus sitzt ein einzelner, ein todkranker Mann, dem man den Arztbesuch verwehrt, und der tut das Undenkbare: Er denkt. Das darf er nicht, das soll er nicht. Es ist, nicht zuletzt, eine den Rudernden, Kriechenden fremde Tätigkeit ...
    »Wenn die ihren Sozialismus da nicht anders bewerkstelligt kriegen als mit solchen Ruderern und Kriechern, dann ist doch wohl in dem gesamten System der Wurm drin«, sagte Mama. »Oder etwa nicht? Aus der DDR würden doch alle am liebsten abhauen! Sonst müßten

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