Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
sei er beinahe draufgegangen, sagte Hermann. Er war mit Kurt Wilkens nach Frankreich getrampt. »Drei Tage haben wir gebraucht bis Paris und dann noch einmal vier bis zum Mittelmeer!« Dort hätten sie in einem wabbeligen Zelt ohne Zeltstangen kampiert. Die zum Aufstellen des Zelts notwendigen Stöcke hätten sie mühsam zusammensuchen müssen. »Und du kannst dir nicht vorstellen, was für einen Sonnenbrand ich mir da geholt hab! Ich war eingepennt, am Strand, und da hat mir die Sonne auf den Buckel und auf die Beine gebrannt, und als ich aufgewacht bin, ist alles zu spät gewesen. Ich hab mich zu unserm Zelt geschleppt, aber ich konnte nicht mehr liegen, weder auf ’m Bauch noch auf ’m Rücken noch auf der Seite, und ich konnte auch nicht stehen und nicht mehr sitzen! Überhaupt nichts mehr hab ich gekonnt!«
Eine einzige Tortur sei das gewesen.
Daß ich die Bücher von den Verlagen alle umsonst gekriegt hätte, wollte Hermann mir kaum glauben. »Dann probier ich das jetzt auch!«
Der Buddrich sagte in Gemeinschaftskunde, daß er die Karl-Marx-Biographie von Carl Raddatz gelesen habe, dem Feuilletonchef der Wochenzeitung Die Welt .
Da hätte ich aufzeigen und einiges berichtigen können. Daß die Marx-Biographie nicht von dem Schauspieler Carl Raddatz stamme, sondern von dem Journalisten Fritz J. Raddatz, daß der nicht der Feuilletonchef der Welt sei, sondern der Zeit , und daß die Welt eine Tageszeitung sei und keine Wochenzeitung, aber das ließ ich bleiben. Was ging mich denn der Buddrich an?
Im Leistungskurs Deutsch saßen drei männliche Vertreter – Udo Zobel, der Buddrich und ich – und sonst nur Mädchen. Michaela Vogt, Annette Spengler, Kerstin Dröse, Heike Schmitz, Angela Hofacker und wie sie alle hießen.
And so you see I have come to doubt
All that I once held was truth …
»Sie müssen lernen, diagonal zu lesen!« sagte der Wolfert.
Diagonallesen? Das konnte ich schon. Ich brauchte ein Buch nur flüchtig durchzublättern, um die Reizwörter zu erkennen: Sex, Fleisch, Brüste, Penis, Vagina, Schamdreieck, Geschlechtsverkehr, Geschlechtsleben, Geschlechtsteil und so weiter. Das hatte ich drauf.
I stand alone without beliefs
The only truth I know is you.
Bio. Molekulare und klassische Genetik: Die klassische fing damit an, daß der Augustinerpater Gregor Mendel in einem Klostergarten zu Brünn verschiedene Erbsensorten kreuzte, indem er die noch nicht voll entwickelten Blüten der einen Pflanze, die er kreuzen wollte, öffnete und irgendwie darin herumpulte, um die Gefahr der Selbstbestäubung auszuschließen. Danach bestäubte er die Blütennarben mit Pollen der anderen zu kreuzenden Pflanze und beobachtete die Merkmale der sogenannten Parental-Generation und der folgenden Filial-Generationen. So entstanden die Mendelschen Vererbungsregeln. Hätte nicht ein Gewitterregen Mendels Gemüsebeete mit kanonenkugelgroßen Hagelkörnen verwüsten können?
Und dann noch Mathe, Geschichte, Latein, Musik und Reli. Und Sport: Da spielten wir Fußball, jetzt, wo ich dem König Fußball nichts mehr abgewinnen konnte.
Übers Emsland rollte eine Hitzewelle. Mir klebte nachts der Schlafanzug am Leib, und morgens am Bahnübergang glotzte mir vom Kiosk aus die jeweils neueste Scheißnazischlagzeile entgegen:
Wie Hitler den Krieg verhindern wollte
Samstags dauerten die Schulstunden neuerdings fünfzehn Minuten länger, und dafür war einmal im Monat samstags schulfrei.
Mama und Papa fuhren nach Jever, und im ZDF lief zu später Uhrzeit abermals »The Man Who Shot Liberty Valance«. Einmal kam Wiebke reingeknötert, auf der Suche nach einer Haarspange, die ihr irgendwo im Wohnzimmer verlorengegangen war.
»Kannst du das nicht ’n andermal machen?«
»Nein!«
Der wäre es ganz recht geschehen, wenn ich ihre Manieren in einem Leserbrief an die Meppener Tagespost gegeißelt hätte.
Die Wahrheit über Wiebke Schlosser
Deutschlands allerdümmste Ziege
Aber dann hätten sie mir in der Redaktion wahrscheinlich gesagt: »Hier ist der Westen, Sir. Wenn sich die Wahrheit über die Legenden herausstellt, drucken wir trotzdem weiter die Legenden.«
Opas Magenleiden sei sogar noch schlimmer als angenommen, sagte Mama. »Aber ich meine, der hat ja nun sein Leben gelebt, und er steht in den Achtzigern, was will man da noch verlangen?«
Gerade mal sechs Männlein hatten uns was zu der Frage geschrieben, ob wir die Schülerzeitung auf Umweltschutzpapier drucken sollten, aber alle sechs waren dafür.
»Da
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