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Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Titel: Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Henschel
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elfenhalb, zwölfenhalb ...«
    »Schluß damit!« bölkte Mama. »Kann denn nicht ein einziges Mal Frieden herrschen in dieser Familie?«
    Das fragte ich mich auch, am Abend, als Mama sich im Keller mit Papa stritt und das Gezeter bis in mein Zimmer heraufdrang.
    Scheidungskinder mochten es ja schwer haben, aber den akustischen Genuß der Ehekräche ihrer Eltern, den hatten sie hinter sich.
    Die Englischklausur schrieb ich mit links, und danach gab’s ’ne Matheklausur zurück. Fünf Punkte, also eine glatte Vier, nach dem alten Notensystem. Ausreichend! Damit hatte ich das Bestmögliche aus meinem Grips herausgeholt. Das Optimum. Es wäre mir, rein genetisch, gar nicht möglich gewesen, in Mathe auf sechs oder gar auf sieben Punkte zu kommen. Ebensogut hätte man von einer Giraffe verlangen können, Rachmaninows Klavierkonzert in fis-Moll zu spielen.
    Nach dem Mittagessen mußte ich vier Stunden lang im Garten schuften. Dieser miese, lebenszeitverschlingende, bekloppte und verfickte Garten! Ich war nicht dazu geboren worden, mit einem Messerchen Unkraut aus den Ritzen zwischen den Terrassenwegsteinen herauszustechen oder – noch blöder! – mit einer rostigen Gartenschere in der Kralle einmal um den gesamten Rasen herumzukrautern und die überstehenden Grashälmchen abzuschnibbeln.
    In meiner Studentenbude würde es noch nicht mal eine Zimmerpflanze geben. Nix dergleichen! Und später, in meiner Luxusvilla, würde ich im Schaukelstuhl auf der Terrasse sitzen, Cocktails schlürfen und von Zeit zu Zeit den Gärtnern Anweisungen erteilen, dahingehend, daß es mir absolut scheißegal sei, wie die Rasenkante aussehe oder ob sich irgendwo zwischen den Steinen Moos angesetzt habe.
    Im Spiegel berichtete ein Reporter von seinen Erlebnissen im Aschram des indischen Gurus Bhagwan:
    Gestern abend, als Teertha die Frauen zur Partnerwahl aufrief (»Wählt euch jemanden aus, mit dem ihr die Nacht verbringen wollt!«), kam Haji auf mich zu, Französin, 23 Jahre alt, mit sanften lieben Händen und einem schönen Busen.
    Mit der hatte er dann geschlafen und sich am nächsten Morgen von ihr getrennt.
    Heute nacht wird sie wahrscheinlich mit einem anderen schlafen.
    Donner und Doria. Was es alles gab auf der Welt! In diesem Aschram wollten die Leute durch Meditationen und Gruppensex zur Erleuchtung finden.
    Am 20. Januar sollte in der Aula des Kreisgymnasiums Mozarts Oper »Così fan tutte« aufgeführt werden, und ich schrieb einen Brief an die Deutsche Grammophon-Gesellschaft, mit der Bitte, mir zur Besprechung in unserer Schülerzeitung die Schallplattenaufnahme von der Aufführung der Oper bei den Salzburger Festspielen 1974 zu schicken.
    Bei einer anderen Plattenfirma bestellte ich mir die LP »Bertolt Brecht before The Committee on Un-American Activities« zur Rezension.
    In Reli regte sich der Ruffhold darüber auf, daß in der Schülerzeitung der Dienst, den Frauen ihrer Familie leisteten, durch den Kakao gezogen worden sei. »Wenn der Liebesdienst, den Mütter leisten, gewürdigt wird, und wenn man ihnen öffentlich bescheinigt, daß sie sich durch ihr Dienen nicht erniedrigen, sondern erhöhen, dann weiß ich wirklich nicht, was daran falsch sein soll und was irgendwelche plumpen Witzbolde dazu veranlaßt, darüber die Nase zu rümpfen ...«
    Ja, dachte ich, aber wenn ein Pfaffe vierhundert Hausfrauen weismacht, daß sie sich durch Staubsaugen und Kartoffelschälen nicht erniedrigten, sondern erhöhten, dann ja wohl doch in der Hoffnung, niemals selbst zum Staubsauger oder zum Kartoffelschälmesser greifen zu müssen, sondern weiterhin bedient zu werden.
    Der Ruffhold las dann ein Gedicht von Kurt Tucholsky vor, das »Mutterns Hände« hieß.
    Hast uns Stulln jeschnitten
    un Kaffee jekocht
    un de Töppe rübajeschohm –
    un jewischt un jenäht
    un jemacht un jedreht ...
    alles mit deine Hände.
    So ging es zwei Strophen lang weiter, bis zur letzten:
    Heiß warn se un kalt.
    Nu sind se alt.
    Nu bist du bald am Ende.
    Da stehn wa nun hier,
    und denn komm wir bei dir
    und streicheln deine Hände.
    Ich sah dabei natürlich Mamas alte Hände vor mir, und es wurde mir dabei selbst heiß und kalt, aber das änderte nichts an der Tatsache, daß es aus meiner Sicht prima gewesen wäre, wenn Mama persönlich dem Prediger auf der Waldbühne Ahmsen einen Putzlappen überreicht und gesagt hätte: »Wenn das Dienen uns alle erhöht, dann kommen Sie doch mal bitte mit und erhöhen Sie sich, indem Sie mir bis Weihnachten als Putzfrau

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