Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
Schule psychischen Schaden nimmt.
Da hatten wir’s: Wer unsere Schülerzeitung las, der wurde geisteskrank. Der beste Beweis dafür war der Fall dieses Vaters, der es für unmoralisch hielt, wenn jemand die Vorteile, die Nachteile, die Wirkungsweise, die Sicherheit und den Preis verschiedener Verhütungsmittel benannte.
»Aber wenn sein Töchterlein schwanger nachhausekommt, dann flippt er doch erst recht aus, dieser Paps«, sagte Andreas, und Axel Reinert pflichtete ihm bei: »Das haben sie nicht so gerne, die Väter, daß ihre Töchter erwachsen werden ...«
Was mich am meisten ergrimmte, war der Käse mit dem Wartenkönnen. Als ob ich das noch hätte lernen müssen! Ich wartete schon so viele Jahre, und diese dumme Sau kam mit dem Argument daher, daß es in der Liebe doch vor allem um Behutsamkeit, Geduld und Wartenkönnen gehe. Bla, bla, bla!
Wie die wohl aussah, die »verantwortete Sexualerziehung«, die der Absender sich erträumte. Verantwortungsvoll war es doch gerade, Jugendliche rechtzeitig über biologische Zusammenhänge und die gängigsten Techniken der Verhütung aufzuklären. Was war daran hemmungslos und verantwortungslos?
Der hatte doch nicht mehr alle Knöppe im Karton.
Geradezu heimtückisch war die Drohung, das Kind von der Schule zu nehmen, wenn wir uns nicht besserten. Das Gesicht vom Direktor, wenn er das las, konnte man sich vorstellen.
Der Berthold habe ihm schon Bescheid gestoßen, sagte Hermann. Was wir hier treiben würden in der Redaktion, das sei die reine Selbstbespiegelung, und Andreas rief: »Immerhin hat er nicht Selbstbefriedigung gesagt!«
Hermann wollte, daß wir ein Abenteuer von Fat Freddys Kater abdruckten. Da sagte Fat Freddys Kater zu einem Hund, der sich hinterm Ohr kratzte: »Wir Katzen sind euch Hunden doch haushoch überlegen! Bei uns spielt sich wenigstens nichts mit der ganzen lächerlichen Gehorsamsschote ab!« Und der Hund erwiderte: »Na, ganz so schlimm ist es nun auch wieder nicht! Die meisten Hunde mögen ihr Herrchen wirklich!« Aber als dann das Herrchen pfeift, springt der Hund auf, nimmt militärische Haltung an, knallt die Hinterpfoten zusammen und salutiert und kläfft: »Heil, mein Führer!«
Mit Hermann und Axel ging ich noch auf ein Bier ins Bauhaus. Das war so ’ne Pinte, in der sich die halbe Oberstufe herumtrieb. Wir fanden aber noch Platz, an einem Tisch, wo auch Udo Zobel und Angela Hofacker saßen.
»Findest du nicht auch, daß wir mit unserm Deutschkurs mal ’n Ausflug unternehmen sollten?« fragte Udo mich.
»Und wohin?«
»Nach Hanoi«, sagte Angela. »Das haben wir uns gerade so überlegt, um den Wolfert zu überrumpeln ...«
Nett war’s mit den beiden, aber Axel machte das Gespräch gleich wieder kaputt, indem er über die Atommüllendlagerungsfrage dozierte, und wenn der mal in Fahrt kam, war er nicht mehr zu stoppen.
»Bei dir kommt der Strom wohl aus der Steckdose«, warf Hermann ein, um ihn zu reizen, und da ging’s natürlich erst richtig los.
An Angela gefielen mir hellbraunen Augen und die Art, wie sie manchmal den Kopf zur Seite neigte, sich mit einer Hand in den Nacken faßte und die langen blonden Haare bündelte, um sie nach hinten zu werfen.
Mama und Papa wollten nach Bochum zu Tante Lenas Beerdigung fahren, und weil Schnee fiel, drängte Mama darauf, möglichst früh zu starten, aber Papa mußte erst noch irgendwas am Peugeot reparieren und wetzte ständig zwischen Kellerwerkstatt und Garageneinfahrt hin und her.
Wegen des Einmarschs in Afghanistan hatten die Amis ein »Getreide-Embargo« gegen die Sowjetunion verhängt. Ich schlug in meinem Fremdwörterlexikon nach.
Embargo, s. (sp. embargar anhalten); 1. Beschlagnahmung eines Schiffes nebst Ladung, um Ausfahrt zu verhindern; 2. Sperre zur Aufnahme ausländischer Anleihen zur Goldausfuhr.
Hä?
Von der Beerdigung kamen Mama und Papa erst ultraspät zurück. »Bis wir überhaupt mal aus dem gröbsten Bochumer Verkehrsdschungel raus waren, hatten wir uns schon fünfmal verfranzt, und dann auch noch überall Schneeverwehungen, ein Stau nach dem andern, Baustellen noch und nöcher, Umleitungen, Unfallstellen, rote Ampeln, Blaulichter und Sirenen ... Kinder nee, das möcht’ ich kein zweites Mal durchmachen!«
Weshalb waren sie nicht gemütlich mit dem Zug gefahren?
Eine Karikatur in der Meppener Tagespost zeigte den russischen Bären beim Ausschlecken eines Bienenkorbs mit der Aufschrift »Afghanistan«. In Reichweite des dicken Bären befand sich ein
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