Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
meinen Job als Zeitungsbote aufgab. »Du gähnst ja jetzt schon dauernd wie ’n Weltmeister, und nächstes Jahr mußt du deine Abiturprüfungen bestehen!«
Ich war die Sache sowieso inzwischen leid und kündigte zum Jahresende.
Bei der Redaktionssitzung am Montag breitete Mona Feddersen ihr Material für einen Artikel aus: Elf Biologiebücher, in denen nackte Menschen abgebildet waren, sollten in Bayern ab dem nächsten Schuljahr nicht mehr zum Unterricht zugelassen werden. Dabei seien 1979 in Bayern 8131 uneheliche Kinder geboren worden; mehr als in Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein und im Saarland zusammengerechnet.
»Is’ doch logisch!« rief Andreas Pohl. »Die hat der Storch gebracht!«
Als Überschrift für den Artikel schlug Hermann vor: »Bücher mit Nackten aus dem Verkehr gezogen …«
Das Satiremagazin Titanic hatte Wolf Biermann in der monatlichen Liste der »sieben peinlichsten Persönlichkeiten« den dritten Platz zuerkannt.
Im Fernsehen beschwert er sich, daß er nicht mehr im Fernsehen auftreten darf – was er sich gleichzeitig zur Ehre anrechnet.
Schon komisch. Aber ein Auftrittsverbot, so wie in der DDR , war gegen Biermann noch nicht verhängt worden.
Es schneite Tag und Nacht aus allen Rohren, und ich gratulierte mir zu der Kündigung. Für die paar Kröten in tiefer Nacht durch Schneeverwehungen stapfen und behämmerten Meppenern ihre behämmerte Gazette apportieren?
Das war’s nicht wert.
Den Heizungsregler im Wohnzimmer hatte Mama abends so hoch aufgedreht, daß der Tapetenkleister schmolz, aber sie saß trotzdem noch bibbernd da, in zwei Decken gehüllt.
In einem Sammelband mit Flugblättern der Apo, den ich mir zum Rezensieren bestellt hatte, war der Rechenschaftsbericht »des weiberrats der gruppe frankfurt« abgedruckt. Diese Weiber hatten sich von »sozialistischem bumszwang« befreien wollen.
kotzen wir’s aus: wir sind penisneidisch, frustriert, hysterisch, verklemmt, asexuell, lesbisch, frigid, zukurzgekommen, irrational, penisneidisch, lustfeindlich, hart, viril, spitzig, zickig, wir kompensieren, wir überkompensieren, sind penisneidisch, penisneidisch, penisneidisch, penisneidisch.
frauen sind anders !
Dann kam’s hammerhart:
BEFREIT DIE SOZIALISTISCHEN EMINENZEN VON IHREN BÜRGERLICHEN SCHWÄNZEN !
1969 war das gewesen. Da hatten Mama und Papa unser Haus in Vallendar gebaut, im Ortsteil Mallendarer Berg, und ich war in die zweite Klasse gegangen, ohne irgendeinen Schimmer von den flammenden Debatten über Penisneid und Bumszwang. Und ich hätte meinen Arsch darauf verwettet, daß es auf dem Mallendarer Berg auch 1980 noch keinen Weiberrat gab.
Am 6. Dezember hängte ich morgens einen Stoffbeutel an den Lenker, für die vielen Nikolausgeschenke, die ich als braver Zeitungsjunge von den Tagespost -Abonnenten erwarten durfte. Die mußten ja ganz gerührt sein, wenn sie an mich dachten. Lagen jeden Morgen noch faul in den Kissen, während ich bei Wind und Wetter stoisch meiner Arbeit nachging …
Und was gab’s? Niente. Null. Nicht einmal ein Mini-Furzi-Schokoladenkügelchen hatten sich diese Geizhälse für mich abgeknapst.
Von denen würde ich kein Stück Brot mehr annehmen.
Mama nähte Wiebke ein Kleid für den Abschlußball. Höchst eigenartig! Hatte die nicht eben erst laufen gelernt?
Der Traum von einer Wiedervereinigung der Beatles war ausgeträumt: Ein Irrer hatte John Lennon ermordet. Hatte ihm aufgelauert, vor dessen Wohnhaus in Manhattan, und ihn niedergeschossen, und jede Hilfe war zu spät gekommen.
I read the news today, oh boy …
Mark Chapman hieß die dumme Sau.
In der Schule wäre ich mal wieder fast eingepennt, auch in Deutsch. Da sollten wir ein »Bildzeitung« betiteltes Gedicht von Enzensberger interpretieren.
Manitypistin Stenoküre
du wirst schön sein:
wenn der Produzent will
wird dich Druckerschwärze salben
zwischen Schenkeln grober Raster
mißgewählter Wechselbalg
Eselin streck dich:
du wirst schön sein.
Und damit hatten mal die Arbeiter aufgeklärt werden sollen? Eigentlich ja nicht einzusehen, daß unsereiner sich mit dieser abgestandenen Politpoesie beschäftigen sollte, während Enzensberger längst beim neuesten Journal des Luxus und der Moden Unterschlupf gefunden hatte.
Einmal, als Heikes Eltern weg waren, stiegen wir zugekifft in die Badewanne und wären bald ersoffen vor Lachen, weil immer mindestens ein Bein im Weg war oder ein Arm.
»Laokoon is’ nix dagegen«, sagte Heike, und das Wasser schwappte
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