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Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Titel: Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Henschel
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sie dran, der alte Schwerenöter, und sie bildete sich ein, er mache das aus purer Liebenswürdigkeit. Da kannte Mona die Männer aber schlecht!
    In der Halle war seit einer halben Stunde eine fünfköpfige Band zugange. Deutschrock mit elektrischen Gitarren und tosendem Schlagzeug. Nicht mein Fall, aber nach jeder Nummer jubelte das Publikum. Stehende Ovationen! (Ohne Stühle ging’s ja auch nicht anders.)
    Die Texte konnte man nicht verstehen. Der Sänger machte allerdings schon rein optisch was her – verspiegelte Sonnenbrille, wallende Mähne, schwarze Lederklamotten, Cowboystiefel …
    »Hans-Jürgen Dörfel ist das!« schrie mir Hermann zu. »Der kommt aus Haren! Sieht doch gut aus, oder?«
    Wenn man’s mochte?
    Und wo war jetzt Heike wieder abgeblieben? Dauernd mußte man die suchen gehen.
    Ich reihte mich erstmal in die Schlange vor der improvisierten Getränkebar ein. Da knuffte mich der Albers in die Rippen und rief: »Na, Schlosserchen? Ich hab gehört, du willst zum Bund?«
    »So richtig nicht. Nur für ’n halbes Jahr.«
    »Und dann?«
    »Verweigern. Und was drüber schreiben.«
    »Aber sonst biste noch sauber in der Birne?«
    Das war der Albers, wie er leibte und lebte. In jedem dritten Satz ’ne mittelschwere Beleidigung. Mindestens.
    Heike fand ich in dem Raucherzimmer wieder, auf ’nem Sofa sitzend, neben Henrik, der einen Glimmstengel herumreichte. Natürlich mit was drin.
    Hermann, der dazukam, wehrte ab. Er müsse noch Auto fahren. »Und wie hat euch die Musik gefallen?«
    »Von Matthias Warpeloh die Band, die hätte hier mal spielen sollen«, sagte Henrik. »Die bringt nicht nur die Säle zum Kochen, die hat auch ’n klasse Namen: Tom Petting and the Orgasmusmakers.«
    Ein Gruppenname, so recht nach dem Herzen der Bezirksregierung Weser-Ems.
    Kurt Tucholsky – bis zum achten der zehn Bände war ich vorgedrungen – hatte auch einmal das Deutsche Eck besucht.
    Da stand – Tschingbumm! – ein riesiges Denkmal Kaiser Wilhelms des Ersten: ein Faustschlag aus Stein. Zunächst blieb einem der Atem weg.
    Sah man näher hin, so entdeckte man, daß es ein herrliches, ein wilhelminisches, ein künstlerisches Kunstwerk war. Das Ding sah aus wie ein gigantischer Tortenaufsatz und repräsentierte jenes Deutschland, das am Kriege schuld gewesen ist – nun wollen wir sie dreschen!
    Damit hatte sich’s ja, seit der alte Kaiser Willem nicht mehr auf dem Sockel thronte. Mit dem Tortenaufsatz minus Kaiser waren die deutschen Monarchisten aber immer noch gut bedient.
    Das Neueste aus Bonn: Renate hatte Wasser in den Beinen. Mittlerweile war sie schon im sechsten Monat und jetzt für zwei Wochen krankgeschrieben.
    Mama wiederum mußte wegen ihrer Gallensteine regelmäßig Dragees einnehmen.
    Auf den Frühling hatte ich mich zu früh gefreut: Es fiel auf einmal wieder Schnee, in feisten Flocken, die mir morgens auf dem Schulweg in die Quere kamen. Eine Belästigung sondershausen! Nasse Haare, nasse Brille, feuchte Nase, klamme Finger, und sobald bei meinem Rad die Reifen naß wurden, ging das Licht aus, weil der Dynamo sich nicht mehr drehte.
    Meine Abiturarbeiten hätten schlechter ausfallen können. Deutsch dreizehn Punkte, Englisch zwölf, Gemeinschaftskunde zwölf und Mathe fünf. In Gemeinschaftskunde mußte ich auch noch in die mündliche Prüfung.
    Bei dieser Prozedur saß die Staatsgewalt drei Mann hoch um das Pult herum und ließ sich von mir alles Wissenswerte über die »Stalin-Note« vertellen. Im März 1952, mitten im Kalten Krieg, hatte Stalin der Bundesregierung ein aufsehenerregendes Angebot gemacht: Aufhebung der Teilung Deutschlands, Abzug aller Besatzungstruppen, Bündnisneutralität, Friedensvertrag und freie Wahlen. Adenauer war darauf nicht eingegangen.
    »Hätte er das denn tun sollen?« wurde ich gefragt.
    »Wenn er wirklich für die Wiedervereinigung gewesen wäre, hätte er ja wenigstens Sondierungsgespräche führen können …«
    »Und Sie glauben im Ernst, daß Stalin das ehrlich gemeint hat?«
    Anders ausgedrückt: Wenn ich das bejahte, war ich ein politischer Naivling. Deshalb redete ich lieber über das deutschlandpolitische Programm der CDU und das Wiedervereinigungsgebot in der Präambel des Grundgesetzes, und es wurde mir der Kampfbegriff »Finnlandisierung« entgegengehalten. Damit war gemeint, daß ein vermeintlich neutrales Land, so wie Finnland, seine Autonomie im Einflußbereich der sowjetischen Supermacht verliere. Ich parierte diesen Einwand, indem ich auf die

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