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Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Titel: Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Henschel
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ist mit dir? Wie sieht’s mit deiner eigenen Courage aus? Geh du doch hin und hol dir Kloppe ab!«
    Das sei ja wohl die billigste und fadenscheinigste Retourkutsche, von der er je gehört habe, versetzte Hermann. »Ist das alles, was du auf der Pfanne hast? Mein Junge, du enttäuschst mich. Du enttäuschst mich zutiefst …«
    Wir fuhren zur konkret -Redaktion, Rentzelstraße 7, um nach besetzten Häusern zu fragen. Doch in letzter Sekunde, als wir bloß noch auf die Klingel hätten drücken müssen, kamen Hermann Bedenken: Schließlich kenne uns da keiner, und wir könnten ja auch Spitzel sein, vom Verfassungsschutz …
    Also ließen wir’s bleiben.
    Von der Reeperbahn, über die wir einmal lustwandelten, war es nicht weit bis zur Herbertstraße, einer Bordellgasse, zu der Frauen keinen Zutritt hatten, außer den Prostituierten natürlich. Die boten sich da wie lebende Schaufensterpuppen feil.
    Beklemmend. Und vulgär! Die Fummel, die die anhatten! Die Strapsen! Und die Monsterbrüste! Und die aufs Gesicht geklatschte Schminke! Wer wollte sich denn mit solchen Furien paaren?
    Nischt wie weg!
    Was sich zusehends verschlechterte, war Hermanns Allgemeinbefinden. Bei einer Erkältung, sagte er, gelte als Faustregel: »Drei Tage kommt sie, drei Tage steht sie, drei Tage geht sie.« Und bei ihm sei’s jetzt der zweite Tag.
    Das konnte ja heiter werden. Obdachlos in einer fremden Stadt und dann noch gesundheitlich angeschlagen?
    Wir hielten die Augen offen. Irgendwann mußte uns doch mal ein besetztes Haus auffallen.
    »Wenn alle Stricke reißen, gibt’s noch die Bahnhofsmission …«
    Mangels brauchbarer Alternativen gingen wir ins Kino. »Dressed to Kill« von Brian de Palma: Wir dachten, das sei eine sichere Bank, aber bis auf ein paar krude Nacktszenen war der Film nicht weiter von Belang. Wenn dieser Regisseur sich für den neuen Hitchcock hielt, dann hätte ich trotzdem lieber den alten wiedergehabt.
    Der Kohldampf trieb uns in ein chinesisches Restaurant. Da gab es ja immer die größten Portionen.
    Geröstete Ente mit Morcheln und Bambussprossen. Schön und gut. Aber wo war die Ente?
    »Ich schätze, mit der Ente sind die braunen Schnipsel hier gemeint«, sagte Hermann und legte mit seinen zwei Stäbchen ein Gespinst aus runzligen Fossilien frei.
    Wir teilten alles brüderlich und zogen dann in eine Schankstube mit humaneren Preisen um, wo die vage Aussicht bestehen mochte, daß auch Hausbesetzer dort verkehrten. Nur: Woran hätten wir die erkennen sollen?
    Aus Gewohnheit hatte Hermann sich ein Bier mitbestellt, und er nippte daran, aber ohne echtes Engagement. Er machte auch nicht mehr viele Worte, sondern hing herum wie ein toter Fisch, gebeutelt, abgestumpft, mit Triefnase und roten Klüsen. Ein Bild des Jammers.
    Und John Lennon sang dazu von seiner Utopie:
    No need for greed or hunger
    A brotherhood of man …
    Einen letzten Versuch wollte ich noch starten, denn es ging ja wohl nicht an, daß wir hier versackten, während in unserer nächsten Umgebung das Großstadtleben brodelte. In Hamburg mußte es doch auch noch Menschen geben und nicht nur Hurentreiber, Schnapsdrosseln und Halsabschneider.
    Ich setzte Hermann von meiner Absicht in Kenntnis, noch einmal loszuziehen und uns eine Bleibe zu suchen. Er hielt das für närrisch. Aber mit Defaitismus kamen wir ja noch weniger vom Fleck.
    Den erstbesten Langhaarigen wollte ich anhauen, doch das war gar nicht nötig, denn draußen wurde ich selber von einem angehauen, ob ich mal ’ne Kippe hätte. Hatte ich! Sogar bereits gedreht! Und siehe da, ein Viertelstündchen später konnte ich Hermann mit der Eilmeldung aufscheuchen, daß wir eine Herberge hätten, in der Kellinghusenstraße, wo obendrein eine Geburtstagsfeier abgehen werde, zelebriert von meinem neuen Freund Magnus, der gerade von seiner Arbeit als Kellner heimfahre und sich darauf freue, uns mit seinem Freundesklüngel bekanntzumachen …
    Es war ein Mirakel.
    Glauben konnte ich es aber selbst erst, als uns in der Kellinghusenstraße die Wohnungstür aufgetan ward. Magnus, das Geburtstagskind, begrüßte uns wie langvermißte Kameraden und hieß uns in seiner Lasterhöhle willkommen, obwohl wir nicht einmal Geschenke und auch sonst nicht sehr viel mehr mitgebracht hatten als gute Laune und Schnupfenbazillen.
    Mehrheitlich belagerten die von Magnus geladenen Gäste einen Küchentisch mit kulinarischen Genußmitteln: Hackfleischbällchen, Käsespießchen, Baguettes, Oliven, Chips und Salzstangen. Um

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