Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
und wollte auch erst mal nach Osnabrück ziehen und sich da einen Job suchen.
Im BBZ -Filmclub lief als nächstes »Die Ehe der Maria Braun« von Fassbinder. Hermann blieb diesem kulturellen Ereignis fern, weil er die Hauptdarstellerin Hanna Schygulla nicht abkonnte, und so versäumte er die Lachsalve, die ein amerikanischer Soldat in dem Film mit der Beschwerde auslöste: »I haven’t had a girl for the last two weeks!«
Aus der Tatsache, daß darüber gelacht wurde, zog ich den Schluß, daß die Besucher des Meppener Filmclubs an viel längere Intervalle zwischen ihren Schäferstunden gewohnt waren.
Und dann hieß es: Leinen los bzw. Abflug für das Kollektiv der Texelreisenden. Auf den letzten Drücker war auch Heiner Volkert noch dazugestoßen. Wir bildeten zwei Geschwader: Heike, Henrik und Axel per Eisenbahn; Hermann, Andreas, Heiner und ich mit dem Fahrrad.
Hau rein, Kapelle!
Zu meinem Equipment gehörte ein von Heike geborgter, mit Paketschnur an die Lenkstange gebundener Kassettenrekorder. Den hatte ich dabei, um uns die Fahrt mit Musik zu versüßen.
And your love is some dust in an old man’s cuff
who is tapping his foot to a tune …
Andreas reagierte aufmüpfig darauf und zog das Tempo an.
Plangemäß erreichten wir am ersten Tag das Ijsselmeer und dockten an einem Campingplatz an. Hermann ging duschen, und als er zurückkam, musterte er geringschätzig das von mir bereits halb aufgebaute Zelt und sagte: »Wie bitte? In diesem Tipi soll ich schlafen?«
»Wenn dir das nicht paßt«, sagte ich, »dann kannst du gerne auch bei Heiner und Andreas unterkriechen …«
Denen ihr Zelt sah noch vermickerter aus als meins.
Die zerbröselnden Leberwurststullen, die mürben Äpfel, die schrumpligen Radieschen und die angedötschten Eier, die Andreas, Hermann und ich zum Abendessen hervorholten, wurden klar auf die Plätze verwiesen, als Heiner sein Fahrtenmesser zückte und von einer wohlgerundeten, annähernd oberarmdicken Hartwurst den Belag für sein Vesperbrot heruntersäbelte. Ein wahres Prachtexemplar, diese Wurst! Und wir wollten natürlich alles was abhaben.
Mit Heiners Freigebigkeit war’s allerdings recht bald vorbei. Er verfolgte argusäugig, wie wir uns mit dem nur scheinbar etwas ungeschickt angesetzten Messer drei nach unten hin immer breitere Batzen im Keilformat abschnitzten; dann nahm er die geschändete Delikateßwurst in seinen Gewahrsam und ließ uns darben, so listig wir ihn auch umgarnten.
Doch das war auszuhalten. Auf der faulen Haut liegen, Bier picheln, mit den Zehen schnipsen und über Gott und die Welt parlieren: Andreas gab damit an, daß er »einmal direkt neben dem in Deutschland weltberühmten Grafiker Klaus Staeck« gestanden habe, bei ’ner Ausstellungseröffnung, und thematisierte sodann, auf ein anderes Fachgebiet umschwenkend, die Befreiung der Persönlichkeit durch den Geschlechtsakt. Aus leicht zu erratenden Motiven werde dieser Aspekt der körperlichen Liebe sowohl in der schulischen Sexualaufklärung als auch von der Porno-Industrie vorsätzlich unter den Tisch gekehrt …
Hermann legte das Geständnis ab, daß er interessehalber mal in einen Film der populären Reihe »Schulmädchen-Report« gegangen sei. »Ich sag’s euch, Jungs, da wird gepimpert, bis die Heide weint!«
Auf diesem Terrain bewegte sich unser Gedankenaustausch fort, bis Heiner einen »galanten Witz« über einen Astronauten und eine Venusfrau erzählte, die wissen will, wie die Erdlinge ihre Babys machen. Er zeigt’s ihr, und als er fertig ist, fragt sie: »Wo bleibt denn jetzt das Baby?« Darauf er: »Das kommt in neun Monaten.« Und darauf sie: »Was? Und da hören Sie jetzt schon auf?«
Irgendwie abwegig: Sex mit einer Venusbewohnerin und von der dann gesiezt werden.
Auch Hermann hatte einen Witz in petto, »aber einen makabren, das schick ich gleich voraus!« Es ging um einen Vater, der auf die Geburt seines Kindes wartet, völlig entnervt, versteht sich, und dann kommt der Arzt und macht ’n langes Gesicht und sagt: »Sie müssen jetzt ganz stark sein!« Und er geht mit dem Mann in die Säuglingsstation. Da liegen zuerst die gesunden Kinder, aber der Arzt schüttelt den Kopf und nimmt den Vater weiter mit in einen Raum, wo Kinder ohne Arme und Beine liegen, und der Vater muß schlucken, doch der Arzt winkt ab und nimmt ihn weiter mit, in ein anderes Zimmer, in dem Säuglinge liegen, von denen nur der Kopf existiert, an irgendwelche fiependen Maschinen angeschlossen, aber der Arzt
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