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Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Titel: Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Henschel
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winkt wieder ab und nimmt den Vater weiter mit in ein anderes Zimmer und deutet auf eine Art Aquarium mit ’ner Nährlösung, und darin schwimmt ein einzelnes, künstlich am Leben erhaltenes Auge, und der Arzt nickt dem Vater zu und sagt: »Das ist Ihr Kind.« Und der Vater nimmt sich zusammen und geht hin und kuckt das Auge an und winkt so etwas schüchtern mit der Hand und sagt ganz zaghaft: »Huhu …« Und der Arzt sagt: »Es tut mir leid, aber davon hat Ihr Kind nichts. Es ist blind.«
    »Pih Deibel!« rief Andreas aus, obwohl er lachen mußte. »Du brutale Sau! Du Sadist!«
    Hermann verteidigte sich damit, daß er uns gewarnt habe, aber Andreas lehnte es ab, sich noch weiter mit ihm zu unterhalten, und Heiner munkelte sogar was von einem »Vergeltungsschlag«, auf den sich Hermann gefaßt machen dürfe: »Wart’s ab! Du wirst noch an mich denken, wenn die Piesacker kommen …«
    »Welche Piesacker?« fragte Hermann.
    Das werde er dann schon merken, sagte Heiner. Er begnügte sich mit dieser mysteriösen Andeutung und ließ seine Mundwinkel von einem wissenden Lächeln umspielen.
    Am Morgen bestürmten wir Heiner von neuem wegen seiner immer noch üppig dimensionierten Wurst.
    »Geben ist seliger denn Nehmen!«
    »Geteilte Freude ist doppelte Freude!«
    »Und doppelt gibt, wer schnell gibt!«
    »Denk mal an den barmherzigen Samariter!«
    Mit Bitten und Betteln brachten wir es aber nur dahin, daß Heiner uns je ein mageres Scheiblein zuteilte.
    Hermann vernaschte seins mit einem Haps und stimmte dann einen schamlosen Wehgesang an: »Mensch, Heiner, du kannst uns doch nicht mit Almosen abspeisen! Wir sind drei ausgewachsene Männer, und wir brauchen Kalorien …«
    Es fielen auch die Begriffe »Krämerseele«, »Gulaschkommunismus«, »Mangelschaden« und »Salamitaktik«, aber Heiner blieb hart.
    Ans andere Ufer des Ijsselmeers gelangten wir mit einer Fähre, und das hätte ganz erholsam werden können, wenn Andreas weniger Maleschen mit seinem Gepäckträger gehabt hätte. Da war irgendwas kaputt, so daß die Kledage halb auf die Seite sackte, und Andreas wollte einen Teil von seinem Gelumpe dem geringer befrachteten Hermann aufbürden.
    »Ich bin doch nicht dein Kuli!« sagte der, worauf Andreas entgegnete: »Muli würde mir genügen!«
    Ab Enkhuizen, wo wir anlegten, fuhr Andreas dann eben mit Schlagseite weiter, und zwar konstant an vorderster Stelle, auf der Flucht vor meiner Liedertafel.
    Your vision is right, my vision is wrong,
    I’m sorry for smudging the air with my song …
    Von der Strampelei hatte ich allmählich genug. Und auch von dem Gemecker über die Musik. Wozu verreiste man denn im Verbund? Um sich zu fetzen?
    In Den Helder wartete die nächste Fähre. So mit sechs bis sieben Jahren hätte ich mich um die Überfahrt gerissen, weil ich gedacht hätte, das wäre so wie auf der Europa-Schallplatte mit Jim Hawkins, wie er im Hafen von Bristol an Bord der Hispaniola geht, um zur Schatzinsel zu gelangen. Doch zwischen Bristol und Den Helder lagen Welten und desgleichen zwischen der Hispaniola und einem Touristenpott.
    Ehrlich, es war nicht viel dran an diesen Fähren. Nicht die Bohne von Romantik. Oberdeck, Zwischendeck, Unterdeck, alles genormt. Man konnte Kaffee trinken gehen und ’ne Bockwurst essen, und man konnte sich den Fahrtwind um die Nase wehen lassen und die kabbelige See observieren. Aber dann?
    »Was meint ihr«, fragte Hermann, »wieviel Knoten macht die Schaluppe hier?«
    Ich hatte nicht die leiseste Ahnung.
    Von der restlichen, kurz zuvor angereisten Belegschaft wurde unsere Radfahrerstaffel schon sehnlichst erwartet. Oder jedenfalls ich von Heike. Nur, was sollte man auf Texel tun, wenn man die Zelte installiert und auch den Strandspaziergang vorschriftsmäßig abgewickelt hatte? Einen heben gehen, wie Hermann es als wünschenswert erachtete?
    Da war Heike gegen, aus Sparsamkeit.
    Also dumm dasitzen und kiffen. Auch gut. Oder gar nicht mal so sehr: Der Stoff von Henrik knallte diesmal nicht besonders rein.
    Leider war es zum Einkaufen schon zu spät. Sonst hätten wir noch was zum Nachspülen besorgen können.
    Hermann folgte dem Ruf der Natur, und als die Luft rein war, enthüllte Heiner uns das Geheimnis der Piesacker: Er hatte Handschellen dabei, und damit wollte er Hermann fesseln, irgendwann des Nachts, in dem Wigwam, den Henrik, Axel und Hermann sich teilten.
    Heiner teilte sich sein Zelt mit Andreas, und Heike schlief selbstverständlich bei mir.
    Am Vormittag rannten

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