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Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Titel: Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Henschel
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beim Zimmermachen. Sie hatte sich ein Kopftuch umgewunden und sah zum Verlieben damit aus. Viel zu schön für die unterbezahlte Drecksarbeit in den Gästezimmern.
    »Der General«, so hieß der Reiniger fürs Bad.
    In meinen Augen waren bereits die verwurstelten Bettdecken eine Zumutung. Und alles andere auch: Pyjamas auf dem Fußboden, beferkelte Kloschüsseln, Schamhaare auf dem Brillenrand, zerknickte Bierdosen unterm Bett, verstreute Bruchstücke einer Flasche Eckes Edelkirsch und zwischen den Kissen eine zerlesene Bild -Zeitung mit einer Schlagzeile über die Gemütsverfassung der Schauspielerin Romy Schneider nach der Totenwache für ihren nur vierzehn Jahre alt gewordenen, bei einem Mauersturz von einem Zaunpfahl aufgespießten Sohn.
    Als der Sargdeckel geschlossen wurde, brach Romy mit einem Weinkrampf zusammen.
    Und Bild war dabei.
    Von Charly hörte ich abends, daß der Philosoph im Kurpark gesichtet worden und schon mittags duhn gewesen sei.
    Ich sang unter der Dusche vor mich hin.
    Dat du mien Leevsten büst, dat du woll weeßt …
    »Da kann ich irgendwie nich’ drauf«, sagte Heike. Ihr Vater habe das früher oft gesungen, beim Baden, und als kleines Mädchen sei sie immer ganz traurig geworden wegen der Zeile:
    Vader slöpt, Moder slöpt, ick slap alleen.
    Einfach wegen der Vorstellung, daß da ein Kind alleine habe schlafen müssen. »Worum’s in dem Lied gegangen ist, das hab ich gar nicht gerafft …«
    Im Eßraum lag die Frankfurter Allgemeine Zeitung aus. Was gab es denn so alles Neues? Auf dem CSU -Parteitag in München hatte Friedrich Zimmermann die Zerstrittenheit der sozialliberalen Koalition kritisiert: Unser Staat sei dadurch in ernster Gefahr.
    Und die anderen Staaten, was war mit denen? Kontroverse zwischen Solidarnosc und polnischer Staatsführung, Straßenunruhen in Großbritannien, Zerwürfnisse in der sandinistischen Revolutionsregierung, Verstimmung zwischen Begin und US -Außenminister Haig wegen israelischer Luftangriffe auf einen irakischen Atomreaktor … Arafat in Belgrad … der Generalsekretär der Volksfront zur Befreiung Palästinas, Georges Habbasch, zu Besuch in der DDR … Aufwind für den Dollar an den internationalen Devisenmärkten … Tote und Verletzte nach Explosion in indischer Seidenfabrik …
    Als die Chefin mich beim Lesen erblickte, kriegte sie ’n Anfall. Völlig von der Rolle, die Alte.
    Noch 5½ Wochen. Auch die würden vergehen.
    In einem langen Brief unterrichtete ich Hermann vom Stand der Klassenkämpfe auf Norderney.
    P. S. Drei Dinge brauchte ein Hotel: Gäste, Teller, Martin Schlosser.
    Und Heike schrieb darunter:
    Drei Dinge braucht der Schlosser: Heike, Heike, Heike.
    Die Karte, die ich Julia nach Hamburg schicken wollte, schrieb ich allerdings allein.
    Mit einem Ansichtskärtchen beglückte ich auch Michael Gerlach. Ob der überhaupt noch lebte?
    Der Koch hatte gekündigt, und er wies seinen Nachfolger ein. Der hatte gerade erst ausgelernt. Ein blonder, blauäugiger Purks mit X-Beinen und Pißpottschnitt. »Angenehm: Heinz-Dieter«, sagte dieser Mensch zu mir und reichte mir die Hand, wobei er sich sogar leicht verneigte. Wußte wohl noch nicht, wie hier die Rangordnung beschaffen war.
    Ein Kind hatte sich beim Essen auf die Tischdecke übergeben, und Charly sagte: »Wer Hunde und Kinder haßt, der kann kein ganz schlechter Mensch sein.«
    War das nicht ein geflügeltes Wort? Von wem stammte das noch?
    Die nächsten beiden Überstunden riß ich in der winzigen Küche des Restaurants Lieke Deeler ab, in einer Dunstglocke aus Schweiß und Bratfett. Drei, vier Köche waren da am Wirbeln wie die Hexenmeister, Pfannenstiele ragten in die Gegend (bloß nicht anstoßen), und alle naselang schrie eine Kellnerin durch die Essensausgabeluke, wo zum Geier die Wiener Schnitzel blieben und das Roastbeef und die Rumpsteaks.
    Meine Aufgabe bestand im Töpfespülen.
    Hinterher wollte ich Heike davon erzählen, aber die war weg. Wie in Luft aufgelöst. Hatte auch keine Nachricht hinterlassen. Sonderbar.
    Ich streckte meine müden Glieder aus und schlief, bis Heike reingepoltert kam, ganz aufgedreht: Sie wollt’ nur fix ’ne Flasche Wein von unserm Vorrat holen und gleich wieder raus – der alte Koch, der feiere diese Nacht seinen Abschied, riesengroß, am Strand, und wenn ich Lust hätte, dann könne ich ja auch noch kommen …
    An den Strand? Um mir anzusehen, wie die Frauen diesem Grobian zu Füßen lagen?
    Beim zweiten Mal riß mich ein Platzregen aus

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