Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Titel: Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Henschel
Vom Netzwerk:
wünschte ich es mir, das süße Leben!
    Hermann, Onkel Rudi und Tante Dagmar hatten mir die Durchschläge ihrer Zeugenaussagen zugesandt. Bevor ich die las, holte ich mir eine Flasche Bier und drehte mir drei Zigaretten. Ich wollte das nicht zwischen Tür und Angel lesen, sondern mit Muße.
    Hermann schleimte mächtig rum:
    Seit ich Martin kenne (ungefähr seit 7 Jahren), habe ich ihn stets als ruhigen, entgegenkommenden Menschen erlebt, der immer versucht, auch schärfere Konflikte in wechselseitigem Einverständnis unter Vermeidung von verbaler, psychischer und physischer Gewalt zu lösen. Martin versucht immer, sich in die Lage anderer zu versetzen, um so ihre Einstellung und ihr Handeln zu verstehen. Diese Haltung ist der Versuch, eine Atmosphäre des »Sich-Akzeptierens«, des »Sich-Verstehens« und »Sich-Wohlfühlens« zu schaffen.
    Pfui Spinne.
    Martin drückte dies jedoch nie so aus.
    Nee, bestimmt nicht! Und ich hätte auch nicht geglaubt, daß der alte Schweinepriester Hermann dazu fähig wäre.
    Er ließ sich dann noch über meine humanistische Lebensphilosophie aus. Das tat auch Tante Dagmar:
    Seine zurückhaltende Art, seine Nachdenklichkeit, seine Friedfertigkeit und sein hohes Maß an Sensibilität rechtfertigen die Überzeugung, daß er einen Krieg moralisch für verwerflich hält. Ich glaube, daß er die psychische Belastung, unter der er zur Zeit steht, nicht oder nur schwer verkraften wird.
    Ich stand also unmittelbar vor einem Nervenzusammenbruch. Na schön! Das mußte wohl so sein, damit die Prüfungssausschußheinis meine Untauglichkeit für kriegerische Zwecke erkannten.
    Onkel Rudi hatte seine Zeugenaussage wie gewünscht unter dem ehrfurchtgebietenden Briefkopf seiner Anwaltskanzlei aufgesetzt.
    Martin kenne ich sozusagen von Geburt an, da seine Eltern damals auch in Hannover lebten. Auch nach dem Umzug in den Raum Koblenz brachten es die familiären Bindungen zu meinem Bruder und dessen Frau mit sich, daß ich seine Entwicklung weiterverfolgen konnte. Diese wies ihn als einen aus meiner Sicht sportlich nicht besonders aktiven, ansonsten aber recht intelligenten jungen Mann aus.
    Was sollte dieser Seitenhieb? Hatte ich denn etwa nicht als beinharter Stammspieler für den SV Meppen gekämpft? Und was hatte eine Bemängelung meiner Sportlichkeit in einer zu meinen Gunsten verfaßten Zeugenaussage zu suchen? Oder war das ein raffinierter Schachzug, um mich als militärisch wertlosen Schwächling hinzustellen?
    Kurzum: Er ist ein junger Mann, von dem ich den Eindruck gewonnen habe, daß er diese unsere demokratische Grundordnung nicht nur kennt, sondern auch bejaht.
    Ob mir das was nutzte? Die Ausschußmitglieder konnten daraus ja auch folgern: Wenn er unsere demokratische Grundordnung bejaht, dann soll er sie mit der Waffe in der Hand verteidigen und uns nicht mit seinen Gewissensbissen belemmern. Wer wußte das schon? Vielleicht hätte ich als bekennender Stalinist viel bessere Karten gehabt?
    Um so überraschter bin ich nunmehr gewesen, als ich hörte, daß mein Neffe den Wehrdienst verweigern will. Ich hätte eigentlich angenommen, daß er bei seiner Intelligenz vor Antritt der Wehrpflicht hierüber reflektiert hätte. Ersichtlich habe ich mich darin getäuscht.
    Meschugge war ich also auch noch, trotz meiner Intelligenz. Erst ganz am Schluß legte Onkel Rudi ein gutes Wort für mich ein:
    Nichtsdestoweniger habe ich aber aufgrund meiner Kenntnis keinen Zweifel daran, daß er aus Gewissensgründen den Wehrdienst verweigert. Denn ich habe ihn so kennengelernt, daß er sich durchaus seine eigenständige Meinung bildet, keineswegs rechthaberisch und blindwütig seine Meinung vertritt, darüber hinaus doch als ein sensibler junger Mann anzusehen ist, der mit seinen Entscheidungen ringt.
    Trara!
    Von Oma Schlosser hatte Papa zum Geburtstag »Loriots dramatische Werke« geschenkt gekriegt. Da konnte man alles noch einmal nachlesen. Die Sache mit dem Frühstücksei, ob das nun lange genug gekocht habe, oder das Streitgespräch zwischen den zwei Herren in der Badewanne.
    Im Kreiswehrersatzamt in der Herzog-Arenberg-Straße saß ich am Mittwochvormittag vier Staatsbütteln gegenüber – einem pensionierten Regierungsdirektor mit Bundeswehrvergangenheit und dessen sogenannten Beisitzern, einem knubbelnasigen Landwirt, einem weiteren Pensionär und einem undefinierbaren Knilch mit violetter Fliege.
    Nachdem der Papierkram erledigt war, eröffnete der Regierungsdirektor a. D., dem man ansah, daß er

Weitere Kostenlose Bücher