Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
Berufsrevoluzzer geworden, mancher weiß gar nicht recht, worum es geht, viele haben Freude am Klamauk. Die Drahtzieher lassen rufen »Nie wieder Krieg« und »Waffen weg« und meinen doch: Weg mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung!
Die berühmte FDGO . Den Kommentar hätte man aber auch einfach umdrehen können:
Schreiende Meuten von Feldwebeln, primitive Befehlstöne zwischen Vulgärmilitarismus und Konterrevolution, banale Schlagworte …Mancher ist inzwischen Berufssoldat geworden, mancher weiß gar nicht recht, worum es geht, viele haben Freude am Klamauk. Die Drahtzieher lassen rufen »Iiii! Oooo! Aaaa! Iiii!« und »Präsentiert das Gewehr« und meinen doch: Weg mit dem Recht auf Kriegsdienstverweigerung!
Noch ärgerlicher fand ich aber die Zwangsrekrutierung des Dichters Wilhelm Busch. Der hatte mal ein Gedicht über einen wehrhaften Igel geschrieben.
Und allsogleich macht er sich rund,
Schließt seinen dichten Stachelbund
und trotzt getrost der ganzen Welt,
Bewaffnet, doch als Friedensheld.
Darauf beriefen sich alle möglichen Bundeswehrblätter. Als ob Wilhelm Busch damit für die Wiederaufrüstung geworben hätte!
Der Stuffz, der den 2. Zug unter sich hatte, rastete am Dienstagmorgen bei der Befehlsausgabe auf dem Exerzierplatz aus und überbellte sich selbst: »Zweiter Zug nach hinten wegtreten, marsch, marsch! Achtung! Nach links wegtreten, marsch, marsch! Achtung! Nach rechts wegtreten, marsch, marsch! Achtung! In Marschordnung antreten, marsch, marsch! Achtung! Kameraden, wir haben viel Zeit! Nach hinten wegtreten, marsch, marsch!«
Wie angestochene Hasen hoppelten die Soldaten des 2. Zugs über den Platz, während wir vom 1. Zug und die vom 3. Zug stocksteif danebenstanden. Alles für die freie Welt! Und da sollte man nicht zum Bolschewiken werden?
Am weitesten ging unser Obertrottel Krottke: Der wollte jetzt nachts bei offenem Fenster schlafen, trotz oder gerade wegen der Eiseskälte, um sich für die Wintermanöver abzuhärten. Dagegen rebellierte jedoch die gesamte Stube, und er mußte sich dem Mehrheitswillen beugen.
Um mich vom Dienst an der Waffe befreien zu lassen, mußte ich mich wieder bei Hauptmann Focke melden.
»Jetzt grüßen Sie aber nochmal richtig«, sagte er, weil mein Daumen nicht ordnungsgemäß angewinkelt war.
Ich korrigierte die Daumenhaltung, wiederholte den Gruß, stellte mein Gesuch und erhielt den Bescheid, daß ich es von neuem stellen dürfe, falls sich mein Verhandlungstermin aus irgendeiner Ursache auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschiebe.
In einer Unterrichtspause brach mal wieder eine Schlägerei aus. Schlimmer als auf dem Pausenhof. Und diesen Urwaldaffen gab der Staat Gewehre in die Hand!
Für Hauptmann Focke lief sowas unter »Rangelei«, und er nahm es nicht weiter krumm. Da wäre ich als Kompaniechef nun wieder strenger gewesen. Sechs Wochen Karzer!
Was der Hauptmann dagegen von der Friedensbewegung hielt, ging aus einem seiner Vorträge hervor: Er möchte doch meinen, rein privat, bei allem Respekt, daß da sicherlich auch viele Rubel gerollt seien. »Und jetzt beweisen Sie mir das Gegenteil!«
Unbewiesene Beschuldigungen erheben und den Gegenbeweis einfordern: Nach diesem plumpen Rezept hätte man jedwede politische Regung diskreditieren können.
Mitten in eine von Dehnerts apokryphen Fickgeschichten platzte abends eine Durchsage des UvD: »Sanitätssoldat Schlosser sofort zum Kompaniefeldwebel!«
Der teilte mir mit, daß meine Verhandlung bereits am 25. 11. stattfinden werde. »Also am kommenden Mittwoch. Dafür müssen Sie Sonderurlaub beantragen.«
Aber gerne doch! Nun mußte ich allerdings auch mit der schriftlichen Begründung einen Zahn zulegen. Und meinen Zeugen Dampf machen, damit sie mit ihren Aussagen überkamen, und Heike benachrichtigen, daß sie irgendwo ’ne Schreibmaschine herzaubern solle.
Dafür ging in der Kasernentelefonzelle mein komplettes Kleingeld drauf.
In Bielefeld hängte ich mich dann richtig rein.
Ich glaube, es gibt nichts, was den Verlust eines Lebens wert wäre. Ich bin immer mehr zu der Überzeugung gelangt, daß das menschliche Leben, im Ernstfall ja sogar das Leben von Millionen von Menschen, nicht geopfert werden darf …
Widerlich, irgendwelchen alten Furzknochen einreden zu müssen, ich könne keiner Fliege was zuleide tun. Dabei hätte ich speziell den Mitgliedern dieses Prüfungsausschusses mit Freuden vors Schienbein getreten.
Mit knapper Not wurde die Begründung noch fristgemäß
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