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Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Titel: Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Henschel
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zum Vorteil, denn Mona mußte mir unter die Arme greifen, damit ich hochkam und nicht gleich wieder umschmierte, und ich durfte mich bei ihr anklammern. Sie selber glitt wie eine junge Göttin übers Eis. Die Balance verlor sie nur, wenn ich sie bei meinen Stürzen mitriß.
    Doof war allerdings, daß um uns rum sogar die meisten Kinder besser schlittschuhfahren konnten als ich. Es gab sogar welche, die rückwärts liefen und perfekte Achten beschrieben.
    Mona schienen meine Bruchlandungen aber nicht zu stören. Sie half mir immer wieder auf und sprach mir Mut zu, und nach ungefähr ’ner Stunde gelang es uns auch mal, so an die fünf Minuten lang am Stück dahinzufahren, unfallfrei, im glitzrigen Wintersonnenschein. Hand in Hand.
    We walked on frosted fields of juniper and lamplight.
    I held your hand …
    In meinem Kopp ging’s zu wie in ’ner Juke-Box.
    Beim Stricken rutschte Mona diesmal so dicht an mich ran, daß sich auch unsere Beine berührten. Ihr linkes Bein schmiegte sich an mein rechtes, und alles fühlte sich vollkommen richtig, sachdienlich und passend an. Naturgesetzmäßig gewissermaßen. Gottgewollt.
    Fast schon liebgewonnen hatte ich inzwischen selbst die sonst von mir verpönten Tassen ohne Henkel.
    Um Mona möglichst oft zum Eingreifen zu veranlassen, stellte ich mich beim Aufnehmen der Maschen etwas dümmer an als nötig. Ein kleidsames Objekt hätte ich aber so oder so nicht zustande gebracht. Die Maschen fielen entweder zu stramm oder zu locker aus, und das Ergebnis gemahnte an eine zu breit geratene Stricklieselwurst.
    Doch hier war ja der Weg das Ziel. Wir redeten nicht viel dabei. Ich sprach dann allerdings mal das Erfordernis einer Gage für den Unterricht im Stricken und im Schlittschuhlaufen an und lud Mona zum Essen ein. »Wie wär’s? Vielleicht beim Jugoslawen in der Herzogstraße?«
    »Is’ der gut?«
    Da war ich überfragt. Sie nahm die Einladung trotzdem an. Wir einigten uns auf den nächsten Abend als Termin und rauchten noch eine. Mona Bison; ich Drum.
    Vor der Haustür drückte sie mich an sich und gab mir das Strickzeug und das Schalfragment mit auf den Weg. »Immer schön üben!«
    Zuhause wollte Mama die Weihnachtsbaumkerzen angezündet haben. Ich machte das mit meinem Feuerzeug, aber das wurde davon so heiß, daß ich mir ’ne Brandwunde am Daumen zuzog. Die Metallschiene, aus der die Flamme züngelte, sprang ab, vermutlich wegen der Hitze, und das Feuerzeug gab seinen Geist auf.
    Also Streichhölzer.
    Dann wurde ich ans Telefon gerufen. Heike war’s, und ihre ersten Worte lauteten: »Ich bin okay, du bist okay!« Das sei der Titel eines Buchs, das sie gerade gelesen habe. Über Kommunikation in der Partnerschaft. »Solltest du auch mal lesen!«
    Außerdem erzählte sie von einem Seminar, zu dem sie hinwollte. »Übernächste Woche. In Haus Villigst bei Schwerte. Sagt dir wahrscheinlich nichts.«
    »Nö.«
    »Und wie geht’s dir so in Meppen?«
    »Durchwachsen. Du kennst das ja.«
    »Und was macht deine Versetzung?«
    »Nichts Neues.«
    »Scheiße.«
    »Ja.«
    Wann wir uns wiedersehen würden, wußten wir beide nicht.
    Mama fielen fast die Augen aus dem Kopf, als ich im Wohnzimmer das Strickzeug rausholte. Wie ich denn auf dieses kuriose Steckenpferd verfallen sei?
    »Das hat mir ’ne Bekannte beigebracht.«
    »Ach nee! Und hat die dir auch beigebracht, so krumm und schief zu stricken?«
    Diese Frage überging ich. Das gebot mir mein Selbstwertgefühl.
    »Na, dann gutes Gelingen«, sagte Mama und begab sich zur Musikanlage, um ’ne Platte aufzulegen. Franz Schubert. Vertonungen klassischer Gedichte.
    Ich denke dein, wenn mir der Sonne Schimmer
    Vom Meere strahlt;
    Ich denke dein, wenn sich des Mondes Flimmer
    In Wellen malt …
    Wiebke kam rein und fragte, ob wir den Locher irgendwo gesehen hätten. Hatten wir aber nicht.
    Ich sehe dich, wenn auf dem fernen Wege
    Der Staub sich hebt;
    In tiefer Nacht, wenn auf dem schmalen Stege
    Der Wandrer bebt …
    Und wieder Wiebke: »Kann mir denn wenigstens jemand was über den Verbleib der Tesafilmrolle sagen?«
    »Kuck doch mal in der Küchenschublade«, sagte Mama.
    Ich höre dich, wenn dort mit dumpfem Rauschen
    Die Welle steigt;
    Im stillen Haine geh ich oft zu lauschen,
    Wenn alles schweigt …
    Dann stand Papa in der Tür und fragte herrisch, welcher Idiot im unteren WC das Fenster aufgerissen habe. »Und die Heizung läuft dazu auf vollen Touren!«
    Es war unmöglich, sich bei uns im Wohnzimmer auch nur mal drei Minuten

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