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Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Titel: Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Henschel
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eine Debatte von alleszermalmender Ödigkeit.
    Wer hat gesagt, daß sowas Leben ist?
    Eine der umkämpften Weinsteinflaschen mopste ich nachher für Heike und mich.
    Von Oma Jever, Tante Dagmar und Tante Gertrud waren Scheinchen für mich angekommen, und am Telefon versicherte mir Mama, daß man mit zwanzig das Leben noch vor sich habe.
    Auch Tante Dagmar rief an, doch sie äußerte sich gegenteilig: Ab dem zwanzigsten Geburtstag würden die Jahre immer rasanter verstreichen. »Tied geiht hin, mien Jung!«
    Heike schenkte mir einen Gedichtband von Leonard Cohen.
    »Und wie war dein Tag?«
    »Du machst dir keine Begriffe.«
    Wir saßen jetzt meistens in Utes und Tilmans Küche, weil die gemütlicher war, und ich musterte verstohlen Tilmans verkrümmtes rechtes Handgelenk. Die Hand stand in einem starren 90-Grad-Winkel zum Unterarm, was einem am stärksten auffiel, wenn Tilman rauchte, und er rauchte eigentlich immer.
    Die Gedichte sahen Cohen ähnlich.
    When you kneel before me
    And in both your hands
    Hold my manhood like a scepter …
    Von diesem alten Ferkel ließen die Frauen sich aber auch alles gefallen.
    Auf dem Stadtplan hatte Heike mir einen »feinen Waldweg« nach Sennestadt gezeigt, der sich auch fürs Radfahren eigne, aber der verwandelte sich nach ein paar hundert Metern in eine asoziale, nur auf den eigenen Vorteil bedachte Gebirgsstrecke mit immer steileren Steigungen. Als ich nach dreißigminütigem Gestrampel und Geschiebe endlich oben auf dem Kamm war, troffen mir die Haare und der Rücken derartig von Schweiß, daß die Abfahrt über Stock und Stein bei kaltem Wind zu einer weiteren Tortur ausartete. Und das am heiligen Sonntag!
    In Sennestadt war gerade auch Onkel Walter zu Besuch, und Tante Gertrud hatte Oma hergeholt. Onkel Edgar wollte auf der Terrasse ein Foto von uns allen schießen, doch das erforderte vielerlei Vorarbeiten am Stativ, am Selbstauslöse-Mechanismus der Kamera, an der Einstellung der Helligkeit und der Entfernung und an unserer Gruppierung: Oma in der Mitte sitzend, stehend dahinter die zweite Generation und vorn die dritte in der Hocke? Oder Bodo stehend links und ich rechts? Oder Oma seitlich leicht versetzt, damit ihr aristokratisches Nasenprofil zur Geltung kam?
    »Oder sollen wir das lassen mit dem Foto, und wir unterhalten uns stattdessen?« fragte Onkel Edgar.
    »Um Gottes willen«, sagte Onkel Walter, »das hat doch sowieso keinen Zweck …«
    Die kabbelten sich immer, die Gebrüder Schlosser und ihr Schwager Edgar.
    Frau Reding hatte jetzt auch einen Zivi, aber mit dem war nichts anzufangen. Hatte aus religiösen Gründen verweigert, trank keinen Alkohol und hielt außerehelichen Sex für sündhaft. Was sollte man mit einem solchen Menschen bereden?
    Noch immer nichts von Julia. Aber dafür eine Ansichtskarte von Hermann:
    Viele Grüße sendet Dir Dein Freund und Genosse aus Basel in der Schweiz. Die Sonne scheint uns hier auf den Pelz; gestern haben Astrid und ich in einer Art Wasserfall gebadet …
    Dann sah’s doch wohl ganz gut mit den beiden aus.
    Ein Musikstudent stellte sich vor: Eberhard, 23, drittes Semester, Raucher. Bärbels Zimmer erschien ihm groß genug für einen Mieter mit Klavier, und nach kurzer Beratung erteilten Edith und ich ihm unserem Segen.
    Herr Kruse wollte im Mietvertrag allerdings noch die Ausschlußzeiten für das Klavierspielen festsetzen.
    In der Altentagesstätte rollte jedesmal das gleiche Programm ab.
    Was mein Mund nicht sagen kann,
    sagen Tulpen aus Amsterdam …
    Infolge des Herrenmangels tanzten auch Damenpaare.
    Weiße Rosen aus Athen
    sagen dir auf Wiedersehn …
    Ob für diese Alten das Kapitel Sex schon abgeschlossen war? Oder regte sich da noch was?
    Von Onkel Dietrich kam ein verspätetes Geburtstagsgeschenk in Form eines Taschenbuchs mit politischen Reden und Aufsätzen von Günter Grass.
    Dazu ein Brief.
    Mit zwanzig stellen sich für Dich ja wohl nun langsam auch die Weichen für Dein ferneres berufliches Weiterkommen. Wie sieht es denn mit der Zeit nach dem Ersatzdienst aus?
    Ersatzdienst! Wer statt Zivildienst »Ersatzdienst« sagte, der fraß wahrscheinlich auch kleine Kinder.
    Gibt es schon bestimmte feste Ausbildungsmöglichkeiten für Dich? Mit den Studienplätzen ist es ja nicht so dicke. Bemühe Dich bloß rechtzeitig, damit Du nicht wer weiß wie lange warten mußt. Bei uns war es da noch wesentlich einfacher. Zur Anmeldung kam nur die Aufnahmeprüfung hinzu, und alles andere war dann kein allzu großes Problem

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