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Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Titel: Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Henschel
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tun.
    Wir hatten uns für einen Platz unter Bäumen am Rande eines Ackers entschieden, wo auch Heinrich Heine mal gezeltet haben könnte, um sich zu den Versen inspirieren zu lassen:
    Ich hatte einst ein schönes Vaterland.
    Der Eichenbaum
    Wuchs dort so hoch, die Veilchen nickten sanft.
    Es war ein Traum.
    Weniger romantisch war das Liegen auf den Isomatten, die wir anstelle von Luftmatratzen mitgenommen hatten. Ich wachte viele Male wie gerädert auf und fand erst am frühen Morgen festen Schlaf, nachdem die Vögel ihr Geschrei beendet hatten.
    Als ich aus dem Zelt kiekte, sah ich jemanden über den Acker stapfen und zu mir herüberschauen. Das war wohl der Bauer. Er sagte: »Moin.«
    Zurückgrüßen, dachte ich und sagte: »Guten Morgen!«
    Heike, die das mitbekommen hatte, fand mich unmöglich. »Du wünschst dem ’n guten Morgen, dabei isses schon halb zwölf!«
    Das stimmte. Und »Moin« hieß ja auch nicht »Guten Morgen«, sondern sowas wie »Schönen Tag auch«, abgeleitet vom plattdeutschen »mui« und verwandt mit dem niederländischen »mooi« – »angenehm, schön« –, wie Heike mich belehrte, obwohl ich es schon wußte.
    Dem Bauern schien das aber piepegal zu sein.
    Am zweiten Tag erreichten wir Bad Zwischenahn und am dritten den Forst Upjever, wo uns in der Nacht Trilliarden Mücken quälten. Und sowas nun in meiner zweiten Heimat, dem Jeverland!
    Wenn man nur hartes Brot ohne was drauf und eine lauwarme Neige Zitronensprudel verfrühstückt hatte, freute man sich um so mehr auf Oma Jevers grundsolide Küche.
    Ich zeigte Heike vorher aber noch das Waldschlößchen am Moorlandweg, wo ich als Kind Karussell gefahren war. Vom Moor aus konnte man auch schon den Schloßturm sehen.
    Bei Oma kriegten wir zunächst mal Tee in der Veranda, und nachdem wir eine Runde durch den Garten und eine weitere durch den Schloßgarten gedreht hatten, war Heike im Prinzip mit allen jeverschen Sehenswürdigkeiten vertraut. Nur das Edo-Wiemken-Denkmal hatte ich ausgelassen.
    Um Jever zu lieben, hätte man es aber wohl bereits mit Kinderaugen erblicken müssen. Spätere Stipvisiten reichten dafür nicht.
    Von den Pfingstfesttagen hatte Oma noch Putenfleisch übrig. Sie und Gustav und ich langten kräftig zu, doch Heike mochte nichts davon. Womit sie Oma verstimmte: Wer beim Essen lange Zähne machte, der war bei ihr untendurch. Das merkte man auch nach Tisch noch, als sie uns im Garten knipste, bevor wir weiterfuhren. Unübersehbar zeigte sich in Omas Mienenspiel das Unverständnis für junge Frauen wie Heike, die nicht nur nicht genug aßen, sondern dann auch noch in knappsitzenden Shorts herumreisten.
    Wir wollten zur Küste. Auf der schnurgerade nach Norden führenden Strecke über Wiefels und Wichtens blies uns der Wind jedoch so vehement entgegen, daß wir beinahe aufgegeben hätten.
    It’s a long way to Tipperary …
    Lieber der Kilimandscharo als die norddeutsche Tiefebene und Gegenwind!
    Auf den Deichwegen ging’s besser, und bis Neuharlingersiel hielten wir noch durch. Dann verschanzten wir uns auf einem Campingplatz am Strand. Es war zu heiß für alles außer Dösen, aber weil wir auch mal wieder was zu uns nehmen mußten, schlich ich los und besorgte uns Räuchermakrelen und Bier.
    Mein Japp auf die Makrelen legte sich schon nach den ersten Bissen. In meiner Naivität versuchte ich den Fettfilm, der sich auf meiner Zunge gebildet hatte, mit Bier wegzuspülen, doch daraus ergab sich nur eine Addition der schlechten Geschmäcker in meinem Mund, und als ich schließlich reihern mußte, dachte Heike laut über die Ursache nach: Sonnenstich? Fischvergiftung? Lebensmittelallergie? Salmonellen?
    Nach einer jammervollen Nacht fuhren wir am nächsten Tag auf dem kürzesten Wege zurück. Heike immer vorneweg und ich apathisch hinterdrein, im Fiebertran, mehr tot als lebendig …
    Zuhause machte Mama mir ein Hühnersüppchen heiß, und als ich endlich im Bett lag, kam’s mir völlig unglaubwürdig vor, daß ich in meinem Zustand auch nur einen halben Kilometer durchgehalten haben sollte. Und am Morgen hätte ich noch in Neuharlingersiel im Zelt gelegen? Und wäre dann mal eben hierhergeradelt?
    Die Berliner Bundesversicherungsanstalt für Angestellte hatte mir ein Heft mit sogenannten Versicherungskarten zugesandt. Das solle ich hüten wie meinen Augapfel, sagte Mama, als ich wieder bei Kräften war. Es sei in puncto Renten- und Krankenversicherung unersetzlich.
    Versicherungsnummer 10080462S092. Ich hatte nicht übel

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