Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
nicht, sagte Frau Katzer. Das erinnere an das Wort Waschweiber. »Ihr Jungs wollt ja auch nicht Kerle genannt werden!«
Kerle? Da war doch nichts gegen zu sagen.
Ein Laster brachte Füllboden für uns. Bei der zweiten Fuhre durfte Volker mitfahren und dann beim Abladen den Hebel bedienen, der dafür da war, daß die Kippe hinten hochging und die Erde runterrutschte. Bei der dritten Fuhre durfte ich das dann selbst machen.
Hinterher wollte Volker LKW-Fahrer werden. Entweder LKW-Fahrer oder Kamikazeflieger.
Das Wirtshaus im Spessart gefiel mir nicht, obwohl Mama mir geraten hatte, das zu kucken. Räuber, die an altertümlichen Pfeifen nuckelten und zu doof waren, um zu merken, daß sich bei ihnen eine Frau in Männersachen eingeschlichen hatte, besten Dank.
Zum Geburtstag kriegte ich einen Looping für die Carrerabahn, eine Single, Süßigkeiten, Strümpfe, zehn Mark und von Tante Dagmar ein Oberhemd mit tausend Stecknadeln drin.
Und Bücher: Jim Knopf und die Wilde 13 von Michael Ende, Robinson Crusoe, Fredy und die Taubenpost, Fliegender Stern und Agarob der Buschmann.
Mittags gab es Brathähnchen, mein Leibgericht. Renate wollte die Haut nicht essen, die kriegte ich noch dazu. Bei Hähnchen suchten wir immer alle nach dem Wünschelknochen. Wenn man den zu zweit zerbrach und dann das längere Stück in der Hand hatte, ging einem ein Wunsch in Erfüllung.
Eingeladen hatte ich Manfred Cordes, Stephan Mittendorf, Michael Gerlach, Andreas König und Melanie Pape. Die sollte mal spüren, wie es war, das einzige Mädchen zu sein.
Stephan Mittendorf brachte mir Bocciakugeln mit, in denen Wasser war, das man gluckern hören konnte.
Mama schlug Sahne, und ich durfte die Quirle ablecken.
Bei der Reise nach Jerusalem schied ich aus, hatte Wut im Bauch und haute mit der Faust auf den Eßtisch. »Produzier dich nicht so«, sagte Mama, und ich sollte auf den Flur gehen, bis ich mich wieder eingekriegt hatte.
Volker und ich wollten den Looping in die Carrerabahn einbauen, aber das war knifflig. Die Scheißklammern wollten nie passen.
Renate war nicht da, und ich konnte endlich meine Single hören. Mohikana Shalali. Auf der Hülle von Volkers Single sah Heino noch normal aus, aber auf meiner konnte man durch die Sonnenbrillengläser sehen, was der inzwischen für Glubschaugen hatte.
Schwer mit den Schätzen des Orients beladen.
Agarob der Buschmann war Kacke. Da wurde in der Kalahari Jagd auf Tiere gemacht, die Elande hießen. Wenn eins erlegt war, rupften die Buschmänner dem die Augen raus und schluckten sie unzerkaut runter. Und Agarob rief immer: »Sa! Sa! Sa!« Oder: »Tji! Tji!« Zehnmal auf jeder Seite.
Robinson Crusoe war schon was anderes. Oder Fliegender Stern. Das war ein Indianerjunge. Fliegender Stern saß vor dem Zelt seines Vaters und dachte: Es ist schlimm, wenn man noch ein kleiner Junge ist. Warum dauert es nur so lange, bis man groß wird?
Nach dem Baden mußten Fliegender Stern und sein bester Freund sich mit abgerissenen Zweigen hauen, um trocken zu werden. Hatten die Indianer denn keine Handtücher?
»Es ist vollbracht«, sagte Volker. Der Looping stand, und wir fuhren Wettrennen, bis Mama runterkam und uns Beine machte. »Ab ins Bett! Aber im Schweinsgalopp, wenn ich bitten darf!«
Ich verstand gar nicht mehr, was an der Carrerabahn ohne Looping gut gewesen sein sollte.
Bei Spiel ohne Grenzen mußten die Mannschaften in einem Schwimmbad große Bälle über Stege rollen, und die Leute platschten reihenweise ins Wasser.
»Das ist nicht Spiel ohne Grenzen, das ist bloß grenzenlos stupide«, sagte Renate.
Papa schickte mich mit abgezähltem Geld zur Kneipe auf der Kaiser-Friedrich-Höhe, drei Flaschen Bier kaufen. Ich fuhr mit dem Rad hin, machte aber einen Umweg, weil ich nicht an dem Haus vorbeiwollte, in dem der Ventilmops wohnte.
Der Dobermann drehte fast durch vor Wut in seinem Zwinger, die angezwitscherten Männer in der Kneipe machten sich über mich lustig, und auf der Rückfahrt rissen die Henkel von der Plastiktüte, die ich an den Lenker gehängt hatte.
Eine von den Flaschen war zerbrochen. In der Tüte war alles klatschnaß und voller Scherben, und es stank nach Bier.
Ich dachte mir eine Lüge aus: »Der Ventilmops hat mich überfallen. Der hat mich angehalten und mir eine von den Flaschen weggenommen.« Der hinterhältige Hund.
Das sei Straßenraub, sagte Papa, und er wollte zur Polizei gehen und Anzeige gegen den Ventilmops erstatten. Solchem Gesocks müsse man das Handwerk
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